Amerika im Jahre 2012 ist kein Ort der Optimisten. Die Enttäuschung über den nicht eingetretenen politischen Wandel ist ebenso groß wie die Zukunftsangst in Zeiten von Schulden, Depression und Bankenkrise. Auch Filmemacher greifen die angespannte Lage immer wieder gern auf. Der Zeitgeist beeinflusst sowohl Arthouse-Produktionen wie „Cosmopolis" als auch Blockbuster wie „The Dark Knight Rises" und Filme jeder anderen Preis- und Güteklasse. In seiner kleinen Genre-Produktion „Meeting Evil" erzählt Regisseur Chris Fisher von einer Nation, in der Tugenden wie Nächstenliebe und soziales Gewissen nach und nach verloren gehen. In dieser Gemeinschaft sind immer mehr Menschen bereit, für das eigene Glück über Leichen zu gehen. Bei aller Nähe zum Zeitgeist kommen Aspekte wie Spannung und Atmosphäre jedoch viel zu kurz. Das Thriller-Drama ist erzählerisch schlicht misslungen und somit nur rein thematisch und durch die Hauptdarsteller reizvoll.
Das Leben meint es nicht gut mit John (Luke Wilson): Seinen Job hat er schon verloren und obwohl er seiner Frau verspricht, die Probleme in den Griff zu bekommen, liegt das Wort Trennung in der Luft. Und als der mysteriöse Richie (Samuel L. Jackson) John bittet, ihm Starthilfe bei seinem liegengebliebenen Wagen zu leisten entpuppt sich das vermeintliche Pannenopfer zu allem Überfluss als mörderischer Psychopath. Richie zwingt John zu einer Amokfahrt und offenbart ihm dabei seine darwinistische, grausige Weltanschauung. Leichen pflastern Richies Weg und John findet sich bald nicht nur selbst auf der Abschussliste des wahnsinnigen Killers wieder, sondern er gerät auch ins Fadenkreuz der Polizei, die ihn für die Morde seiner Zufallsbekanntschaft verantwortlich macht...
Schon die Titelsequenz macht es deutlich: Die scheinbar heile Welt Johns, der idyllische Vorort, in dem er wohnt, ist nur Fassade. So sehr er sich auch bemüht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, die Welt dreht sich zu schnell für ihn. Wie einst Willy Loman in Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden" ist auch John schlicht nicht skrupellos genug, um in diesem Überlebenskampf auf der Gewinnerseite zu stehen. Der von Samuel L. Jackson („Pulp Fiction", „The Avengers") irritierend lässig verkörperte Richie wirkt als Vertreter des Faustrechts ohne jegliche moralische Schranke wie ein Katalysator, der den Killer- vor allem aber den Überlebensinstinkt des Protagonisten weckt. In einer bösen Welt, in der vor allem der eigene Vorteil zählt und selbst die Vertreter der eigentlich schützenden Staatsmacht entweder zu dumm oder zu unfähig sind, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, ist sich jeder selbst der Nächste. Diese Lektion lernt John mit brutaler Gewalt. Die Thriller-Handlung wird vor allem von dieser inneren Entwicklung geprägt: Der einstige Mr. Nice Guy, dessen Freundlichkeit ihm stets als Schwäche ausgelegt wurde, beginnt mit geballter Faust um sein Recht - und sein Überleben – zu kämpfen.
Der Mensch ist des Menschen Wolf, so formulierte es schon der römische Dichter Plautus und im Kapitalismus der Gegenwart findet sich diese alte Einsicht immer wieder bestätigt. Regisseur Chris Fisher („Street Kings 2 - Motor City") haut sie seinem Publikum allerdings mit solcher Vehemenz um die Ohren, als hätte er gerade den heiligen Gral entdeckt. Über diese mangelnde Subtilität lässt sich indes durchaus hinwegsehen, als störend erweist sich viel eher, dass die düsteren Themen und die pessimistische Weltsicht des Films in seinem Stil und seiner Machart kaum eine passende Entsprechung finden. Hier ist jeder Winkel blendend ausgeleuchtet, nie setzt das Gefühl der Bedrohung ein, das eine solche Geschichte bräuchte. Natürlich muss ein solcher Thriller nicht immer bei dunkelster Nacht spielen, man kann das Licht des Tages auch als trügerisch entlarven und das Gefühl der Bedrohung damit sogar noch verstärken – so wie es beispielsweise Steven Spielberg in „Duell" vorgemacht hat. Aber an ein solches Vorbild kommt Fisher nicht annähernd heran.
Es ist vor allem den beiden gut aufgelegten Hauptdarstellern zu verdanken, dass „Meeting Evil" nicht in der Belanglosigkeit versinkt. Luke Wilson („Old School") kann seiner Figur des geschassten Jedermanns, der mit einer tödlichen Ausnahmesituation konfrontiert wird zwar nicht unbedingt neue Facetten abgewinnen, aber es gelingt ihm trotzdem, die unterentwickelte Rolle mit Innenleben und Seele zu füllen. Samuel L. Jackson liefert dagegen eine weitere Variation seiner Paraderolle des Bad Motherfucka ab. Er spielt seinen Part mit viel Verve und hat sichtlich Spaß dabei. Allerdings gerät seine One-Man-Show zuweilen arg selbstgefällig. Da wäre es gut gewesen, wenn Regisseur Fisher seinen Star zwischendurch gebremst hätte, denn so viel Spaß es auch macht, Jackson beim Overacting zuzusehen, den Film wirft es immer wieder aus dem Gleichgewicht.
Fazit: Chris Fishers Thriller ist ein unentschlossener Reigen, dem auch die Anbiederung an den Zeitgeist nicht zu Tiefe und Spannung verhilft – einzig Luke Wilson und Samuel L. Jackson sorgen für Schwung und Leben.