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    Top Gun 2: Maverick
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Top Gun 2: Maverick

    Der 1. Film ist Kult, der 2. dafür richtig gut

    Von Björn Becher

    Top Gun“ ist ein Werbefilm für das US-Militär in der erzkonservativen Reagan-Ära. Der Einfluss der Navy ging damals so weit, dass Regisseur Tony Scott sogar zwischenzeitlich auf ihr Drängen gefeuert wurde, weil man befürchtete, der Brite baue zu düstere, zu negative Sequenzen ein. Am Ende inszenierte der hier noch am Anfang seiner Karriere stehende Filmemacher die Kampfjets, die reibungslose Präzision an Bord eines Flugzeugträgers und die Kameradschaft unter den Piloten exakt so, wie er zuvor über Jahre Autos in TV-Spots anpreisend in Szene setzte – sogar eine ganze Sequenz übernahm er quasi aus einem seiner Werbespots.

    Doch „Top Gun“ ist trotzdem ein Kultfilm. Scott, der das Flieger-Spektakel nach dem Kassen-Flop seines Vampir-Erotik-Dramas „Begierde“ als zweite und wohl letzte Chance zur Hollywood-Karriere ergriff, ist nicht nur für den Autor dieser Zeilen einer der besten Action-Regisseure, die je gelebt haben. Und so sehen die Flugszenen einfach heute noch sensationell aus. Weil das eigentliche Geschehen teilweise trotzdem echt dröge ist, lebt „Top Gun“ von seiner Ästhetik, zu welcher auch die Bebilderung dauerschwitzender Männerkörper in unterschiedlichen Situationen (aber oft in von Sonnenlicht durchfluteten Räumen) gehört.

    "Top Gun: Maverick" bietet großartige Action über den Wolken.

    Braucht all das eine Fortsetzung – zumal diese nun fast 40 Jahre später kommt? Ja, ist die durchaus überraschende Antwort, die man nach Joseph KosinskisTop Gun: Maverick“ geben muss. Der „Tron: Legacy“-Regisseur versteht es, die vor allem ästhetischen Stärken des Originals wieder aufleben zu lassen, dazu mit zahlreichen Referenzen weit über den legendären Soundtrack hinaus das alte 80er-Feeling zu zelebrieren und trotzdem modern zu wirken. Ja, auch „Top Gun: Maverick“ ist ein überlanger Navy-Werbespot – aber ein (auch dank des intensiven und sauspannenden Finales) wirklich guter...

    Im Mittelpunkt steht das alte Flieger-Ass Maverick (Tom Cruise), welches aufgrund seiner Probleme mit Autoritäten nie die große Karriere in der Navy gemacht hat. Zu seiner Überraschung wird er zu seiner alten Elite-Flugschule Top Gun versetzt. Denn dort wird gerade eine eigentlich unmögliche Mission vorbereitet. Das schwer geschützte Nuklearprogramm eines fremden Landes muss zerstört werden. Es bleiben nicht einmal drei Wochen zur Vorbereitung. Die besten Absolvent*innen der vergangenen Jahre sollen diese Mission fliegen – und Maverick soll sie coachen. Denn ein alter Bekannter ganz oben in der Navy ist überzeugt, dass nur Maverick eine Strategie finden wird, mit welcher der Einsatz nicht zum Selbstmordkommando verkommt...

    Die Konflikte sind nicht die große Stärke!

    Früh etablieren Kosinski und seine Drehbuchautoren dabei die Konflikte. Die junge Flugcrew ist kein Team, alle haben an der Spitze ihrer Klassen abgeschlossen. So prallen übergroße Egos aufeinander und Piloten wie der von sich selbst überzeugte Hangman (Glen Powell) akzeptieren gar keine andere Rolle als die des Anführers der Mission. Zudem macht der Kommandant der Basis (Jon Hamm) deutlich, dass er Maverick nicht hier haben will und nur auf eine Chance wartet, ihn wieder abzusägen. Gleichzeitig trifft Maverick auf Penny (Jennifer Connelly), mit welcher er einst liiert war und die nun zu seiner Überraschung die alte Bar unweit der Ausbildungsbasis betreibt.

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    Doch der zentrale Konflikt besteht zwischen Maverick und einem Schüler: Rooster (Miles Teller) ist der Sohn seines alten, in „Top Gun“ bei einer Flugübung gestorbenen Wingmans Goose und gibt seinem neuen Ausbilder die Schuld am Tod des Vaters. Aber noch schlimmer: Rooster nimmt Maverick übel, dass der seine Navy-Karriere sabotiert hat, weil er seine Beziehungen genutzt hat, um so lange wie möglich zu verhindern, dass der Sohn in die gefährlichen Fußstapfen des Vaters tritt.

    Rooster tritt auch am Klavier in die Fußstapfen seines Vaters Goose.

    Es ist wenig subtil, wie das Gros dieser Konflikte weitestgehend innerhalb einer Bar-Szene aufgebaut wird, und natürlich ist die Auflösung der Konfrontationen am Ende auch wenig überraschend. Gelungen ist aber die Umsetzung. Die Beziehung von Rooster und Maverick bietet einen wirklich starken Kern, was gerade im dramatischen Finale hilfreich ist. Emotional ist das Sequel dem Vorgänger in mehreren Punkten überlegen. Tony Scott musste zum Beispiel einst beim ersten Teil für den Einbau einer Liebesgeschichte kämpfen und bekam immer mehr Verbote dazu auferlegt. Am Ende inszenierte er sie quasi als eigenen Kurzfilm mitten im Kinofilm. Sie blieb ein Fremdkörper zwischen all den Geschichten über echte Männerliebe und Kameradschaft.

    Im zweiten Teil ist die Liebesgeschichte nicht wirklich umfangreicher, aber sie ist besser über den Film verteilt, hat so eine ganz andere Natürlichkeit und Wirkung. Zudem glänzt Jennifer Connelly („Noah“) in ihren wenigen Szenen als schlagfertiger Gegenpart, der nicht brav zu Hause auf Maverick wartet, wenn der Pilot mal wieder aller Welt beweisen muss, dass am Ende halt doch er der einzige Mann für den Job ist. Und sie darf immerhin dieses Mal zuschauen, wenn die Männer (und die eine Pilotin des Top-Gun-Programms) beim Sport am Strand ihre schweißgetränkten Muskeln präsentieren.

    Erinnerung an das Original und großartige Flugaction

    Diese Beach-Football-Szene als Reminiszenz an das Beach-Volleyball-Spiel in „Top Gun“ ist einer von vielen Verweisen auf das Original, welchem Kosinski deutlich huldigt. Beim Vorspann wird sich der eine oder die andere vielleicht sogar im falschen Film wähnen, so sehr erinnert alles an den ersten Teil. Auch Kosinski feiert hier den wie ein Uhrwerk funktionierenden Ablauf auf einem Flugzeugträger und die Menschen, welche mit höchster Präzision ihre Tätigkeit erledigen. Immer wieder macht der Film deutlich, wie sehr es die Menschen und nicht die Maschinen sind, die am Ende die entscheidende Rolle spielen.

    Dazu erklingt der Original-Soundtrack, es geht wieder rein in die „Danger Zone“ und es entsteht sicher gleich ein wohliges Gefühl bei allen Fans des Originals. Das entfaltet spätestens mit dem kurzen Gastauftritt von Val Kilmer („Batman Forever“) auch eine ganz andere emotionale Wirkung. Der Schauspieler ist bekanntlich seit einer Kehlkopfkrebs-Erkrankung kaum mehr zu sehen, doch die Verantwortlichen fanden einen Weg, ihn in einer schönen gemeinsamen Szene mit Tom Cruise trotzdem noch einmal auftreten zu lassen.

    Überzeugt auch in kleiner Rolle: Jennifer Connelly.

    Vor allem gibt es aber natürlich ganz viel bombastische Flugaction. Wie eingangs beschrieben sind die Flugszenen in „Top Gun“, bei denen damals Cruise und Co. wirklich in Jets gesetzt wurden, noch heute großartig und lassen die Action vieler moderner Filme alt aussehen. Doch die Fortsetzung schafft es da noch einmal eins drauf zu setzen. Die perfekte Mischung aus erneut mit dem Cast aufgenommen Sequenzen in der Luft und viel sich nahtlos einfügendem CGI sorgt für einige der beeindruckendsten Actionszenen des Jahres. Teilweise wird man förmlich selbst in den Kinositz gedrückt und meint die Kräfte, welche auf die Pilot*innen einwirken, am eigenen Körper zu spüren. Ganz großes Kino ….

    … und das wird sogar besser als im Original eingesetzt. Denn von Anfang an wird in „Top Gun: Maverick“ auf eine finale Mission hingearbeitet. Wenn die Crew dafür trainiert, auf eigentlich zu niedriger Höhe, mit normalerweise zu großer Geschwindigkeit, mit zu steilem Sturz- und Sinkflug auf ein winziges Ziel zufliegen, bei dem sie nur eine einzige Trefferchance haben werden, dann wird früh deutlich, was alles schiefgehen kann. Und weil die einzelnen Passagen so oft geübt werden und dabei jedes Mal tatsächlich ziemlich viel misslingt, weiß man im starken Finale nicht nur zu jeder Zeit, was auf dem Spiel steht, sondern hat auch immer einen Überblick, was nun gerade vor sich geht.

    Fazit: „Top Gun: Maverick“ ist einer der seltenen Fälle, in welchem ein Sequel sogar besser ist als das Original – vor allem dank eines wirklich großartig-intensiven Finales.

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