Ernst Fuchs ist einer der wenigen Universalkünstler unserer Zeit. Vor allem bekannt für seine großformatigen Gemälde mit biblischen und mythologischen Themen, fühlt sich der Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus auch in anderen künstlerischen Metiers heimisch. So ist Ernst Fuchs nicht nur Maler, sondern auch Bildhauer, Architekt, Komponist, Bühnenbildner, Buchautor und Philosoph. Über ein Jahr lang begleitete Regisseur Jürgen Haase den vielschichtigen Künstler, um sich ihm in seiner Dokumentation „Ernst Fuchs – Straßensänger und Kaiser wollt’ ich werden“ nähern zu können und um mehr über den Ursprung seines Schaffensdranges, seine prägenden Erlebnisse, Gedanken und Philosophie zu erfahren.
Ernst Fuchs, dessen Werke dem Surrealismus und Manierismus zuzuordnen sind, wird ein Jahr lang von einem Kamerateam begleitet. An unterschiedlichen Lebens- und Schaffensorten findet die filmische Auseinandersetzung mit dem österreichischen Künstler, dessen Welt irgendwo zwischen Phantasie und Wirklichkeit liegt, statt. In Wien arbeitet er seine Kindheit auf, in Paris begibt er sich auf die Suche nach Galerien und Cafés, in denen er in jungen Jahren mit Künstlerkollegen, die ihn prägten, zusammentraf. In seinem Haus und Atelier, in der Nähe von Monte Carlo, stellt er sich inmitten seiner Werke den Fragen des Regisseurs und in Jerusalem geleitet er das Filmteam zu seinem „ewigen Gemälde“, dem letzten Abendmahl in dem Benediktinerkloster auf dem Berg Zion.
Das Interview zwischen Regisseur Jürgen Haase und dem außergewöhnlichen Künstler Ernst Fuchs steht im Zentrum der Dokumentation, die sich vor allem mit der Biographie und den philosophischen Ansichten des oftmals provokativ auftretenden Künstlers, der sich selbst in der Tradition von Lukas Cranach und Albrecht Dürer sieht, auseinander setzt. Während des Gesprächs werden immer wieder die zahlreichen Gemälde, Zeichnungen und Radierungen von Ernst Fuchs eingeblendet, die den enormen Tatendrang der zu einem ungeheuren quantitativen künstlerischen Gesamtwerk führte, verdeutlicht. Er selbst gibt gar von sich, dass einiges an „Mist“ dabei wäre, das er sich aus heutiger Sicht hätte sparen können. Wenn Musik ertönt, handelt es sich konsequenterweise stets um die Kompositionen des Kunstschöpfers selbst. Bedrohlich klingend und mit religiösen Botschaften versehen, muten die Stücke fremd und äußerst eigenwillig an. Um seinem Ruf als universal begabtes Genie gerecht zu werden, kommt auch der Sprechgesang des Meisters hochselbst zum Einsatz.
Der merkwürdig anmutende Untertitel der Dokumentation (Straßensänger und Kaiser wollt’ ich werden) basiert auf einer Antwort des 1930 in Wien geborenen Surrealisten und veranschaulicht, dass er schon als Kind zu Extremen tendierte. Bereits in frühen Jahren erkannte er die Malerei als seine Obsession und fertigte zahlreiche Zeichnungen an. Einige dieser Kindheitszeichnungen bekommt man auch in der Dokumentation zu Gesicht. Seine kindliche Vorliebe für Ritter, Burgen und Segelschiffe erklärt Fuchs sich durch Seelenwanderung: Er sei in seinen früheren Leben beispielsweise Kreuzritter und Matrose gewesen. Während die Erinnerungen an die Kindheit noch mittels Fotos und alter Zeichnungen illustriert werden, begleitet das Filmteam den Kunstschaffenden, um seine erste Schaffensperiode aufleben zu lassen, nach Paris. Auch wenn Ernst Fuchs hier erfahren musste, dass es für österreichische Kunst gerade in Frankreich keinen Markt gibt, verbrachte er mit anderen Künstlern und Schriftstellern wie Salvador Dali, Samuel Beckett, Friedrich Hundertwasser und Günther Grass eine prägende Zeit. Der finale Abschnitt in Jerusalem, in welchem er sein Abendmahlfresko präsentiert, das er als Höhepunkt der sakralen Malerei ansieht, steht dann im Zeichen von vornehmlich religiösen und philosophischen Fragen an den Kunstschöpfer. Innerhalb der Dokumentation erfährt man viel über das Leben von Ernst Fuchs, man erfährt aber mit Ausnahmen des Abendmahlprojekts im Benediktinerkloster in Jerusalem wenig über seine Werke. Diese werden zwar immer wieder einblendet, auf sie wird aber sonst nicht weiter eingegangen. Wobei der Künstler ohnehin die Selbstdeutung seiner Werke als „Mogelei“ ansieht.
Das Interview ist über weite Strecken gelungen, wobei man sich fragt, wieso der Zuschauer immer wieder das Klingeln des Künstlerhandys mit anhören muss. Auch wirkt das Gespräch zwischen Fuchs und einem Mönch in Jerusalem sehr gestellt und unnötig. Aber insgesamt gelingt es der Dokumentation recht gut, dem Zuschauer einen Einblick in die Sichtweise des eigenwilligen Künstlers zu verschaffen und anhand seines Lebensverlaufs seine Fixierung auf biblische und mythologische Stoffe begreifbar zu machen.