Was hat man den Vampiren dieser Welt auf der Kinoleinwand respektive dem Fernsehbildschirm nicht schon alles angetan. Gepfählt wurden sie, zerstückelt, verbrannt, zu schwulen Witzfiguren Marke George Hamilton oder verklemmten Teenagern abgestempelt, von George Clooney massenhaft zu Klump geschossen oder zu Hunderten von einem blonden Backfisch namens Buffy Summers massakriert. Aber bei aller Antipathie für die blutsaugenden Nachtmahre: Eine derartige Entwürdigung wie Marc Frattos Trash-Horror „Vampire Sundown“ hätte ihnen wohl selbst der erzkatholischste Inquisitor nicht auf den bleichen Hals gewünscht.
Die im deutschen Untertitel angekündigte „Vampir-Mafia“, das sind der Gangboss Jimmy Fangs (Joseph de Vito) und seine Kumpane, die neben den üblichen branchenüblichen Geschäften ab und an ganz gerne ihre Reißzähne in anderer Leute Hälse schlagen. Die Beißwerkzeuge dienen im Übrigen nicht nur dem Erlegen von Beute, die zumeist jung, weiblich und attraktiv ist, sondern auch dazu, um unliebsame Konkurrenz oder illoyale Partner im harten Mafia-Geschäft zu disziplinieren. Das tun die Herren der gar nicht so ehrenwerten Gesellschaft gleich zum Auftakt, als sich ein dicklicher Schutzgelderpresser der freiwilligen Herausgabe seines Territoriums widersetzt. Wenn der Gegner nicht spurt, wird – haps! – flugs zugebissen und ausgesaugt.
Ganz andere Probleme haben derweil Jimmy Fangs Laufbursche Marcel (J. Scott Green) und seine dickliche Vampirfreundin Amy (Jocasta Bryan). Nachdem sie ihren Boss um „hunderttausend Riesen“ (ein herrlich bekloppter Fauxpas der deutschen Synchronisation) beklaut haben, killen sie in Ermangelung eines fahrtüchtigen Fortbewegungsmittels einen hilfsbereiten Autofahrer und nehmen seine hysterische Gattin Annabelle (Shannon Moore) als Geisel. Fortan haben die beiden eine erzfundamentalistische Christin mit im Gepäck und außerdem den dämonischen Supervampir Reaper (Steve Gonzalez) auf den Fersen, der dem wutschnaubenden Jimmy Fangs seine geklauten Dollars wiederbeschaffen soll. Und dann ist da noch eine äußerst rachsüchtige blutsaugende Lederbraut (Masha Sapron), die es den übrigen Vampiren einfach nicht verzeihen kann, von ihnen zu einer der ihren gemacht worden zu sein, und die Artgenossen daher reihenweise um die Ecke bringt.
Großspurig als „blutdurstiger Splatterkult“ und als „Mischung aus GoodFellas und From Dusk Til Dawn angekündigt, zeigt sich „Vampire Sundown“ schon nach wenigen Minuten von der Ausstattung und dem darstellerischen Niveau eines Billig-Pornos. Auch inhaltlich unterscheidet sich das Machwerk nicht sonderlich stark von einem Rammelfilm: Dienen die lieblos dahingenuschelten und in der deutschen Version genauso erbarmungslos schlecht synchronisierten Dialogszenen doch einzig und allein, eine fade Blutsauger-Szene an die andere zu reihen. Und die kommen erst recht pornographisch daher, denn sobald ein Opfer von einem oder mehreren Langzahnträgern angeritzt wurde, hat es schnurstracks nichts Besseres zu tun, als sich unter lustvollem Gestöhne in orgiastischen Zuckungen zu ergehen, insbesondere dann, wenn es sich um extrem leicht bekleidete, weibliche Opfer handelt.
Ab und an schimmert ein klein wenig Road Movie und – in der Verschränkung der zunächst separat geführten Handlungsstränge – sogar ein kleines bisschen Pulp Fiction durch, wird jedoch alsbald entweder durch eine weitere, enervierend eintönige Blutsaugerszene oder irgend eine noch belanglosere Dialogszene zunichte gemacht. Einige Storyeinfälle sind derart skurril, grotesk und abstrus, dass man sich unwillkürlich fragt, ob der Drehbuchautor entweder auf einen möglichst hohen Alkoholkonsum bei den Zuschauern des Films spekuliert haben mag oder selbst selbigen vor dem Verfassen des Drehbuches genossen hat. Den Vogel schießt dabei vor allem der stets nur mit schwarzer Kapuze umherwandelnde, mondäne Supervampir Reaper ab, wenn er in seinem beschaulichen, uramerikanischen Vorstadtreihenhaus von seiner hysterischen Ehefrau eine Standpauke dafür erhält, die Küche nicht aufgeräumt oder eine dreckige Socke herumliegen lassen zu haben.
Gibt es überhaupt etwas Gutes über „Vampire Sundown“ zu sagen? Wenn, dann wäre da die Tatsache zu nennen, dass Kauf-DVD von Adrenafilm nicht die gleiche Schnittorgie erlitt wie die 2005 erschienene Erstveröffentlichung von Starmedia. Bei der hatte die Schere der Prüfer sage und schreibe 25 Minuten des Films amputiert. Allerdings: Wirkliche Gore-Highlights bekommt der Zuschauer in der jetzt erscheinenden vollständigen Fassung auch nicht zu Gesicht. Zahlreiche aufgerissene Damenhälse, einige angeknabberte Hüftpartien sowie hier und da ein grob heraustranchiertes Herz hätten sicherlich vor 40 Jahren einem Herschell Gordon Lewis zur Ehre gereicht, dürften aber heutzutage kaum noch genug Splatter-Potential besitzen, um einem wahren Fan den Puls hochzutreiben. So können als Pluspunkte allein noch einige kleine Einsprengsel nachtschwarzen Trash-Humors verbucht werden, wenn beispielsweise die von neurotischen Selbstzweifeln geplagte Vampirin Amy einen Frosch verzehrt oder sich von ihrer bibelfesten Geisel Annabelle darüber aufklären lässt, dass sie ruhig andere Menschen aussaugen dürfe, ihre Sünden würden ihr schon alle vergeben, wenn sie sich nur auf den Weg von Jesus begäbe.