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    Sinking Of Japan
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Sinking Of Japan
    Von Björn Becher

    Nicht nur Hollywood kann bildgewaltig die Welt oder das eigene Land, wahlweise durch Aliens (Independence Day), einen Asteroiden (Armageddon) oder das ewige Eis (The Day After Tomorrow) in Katastrophen schicken, in den sich einzelne Heroen dann beweisen, auch das Filmland Japan, mit der Kreatur „Godzilla“ einer der Vorreiter des Genres, produziert auf diesem Markt weiter erfolgreiche Filme. Mit seiner Neuinterpretation des japanischen Katastrophenroman-Klassikers „Japan Sinks“ (der als einer der besten Romane des Genres überhaupt gilt) zeigt SFX-Spezialist Shinji Higuchi (wenn auch zu selten und zu kurz), dass man in Japan das Effektehandwerk beherrscht. Leider stolpert er an anderer Stelle. Wie so oft in diesem Genre sind die Charaktere mehr als eindimensional und das obwohl ihnen Higuchi rund eine Stunde seines zu langen Blockbusters „Sinking Of Japan“ widmet.

    Nach einem verheerenden Erdbeben kommen japanische Wissenschaftler zu einer erschütternden Erkenntnis: Japan wird nicht mehr lange existieren. Die tektonische Platte unter Japan wird im Meer versinken und das ganze Archipel mit unter Wasser ziehen. Nur noch wenige Jahrzehnte bleiben. Premierminister Yamamoto (Koji Ishizaka) richtet sofort einen Krisenstab ein und plant unter dem Eindruck, dass man noch genügend Zeit habe, Verhandlungen mit anderen Ländern, welche das japanische Volk aufnehmen sollen. Seine Beraterin Saori Takamori (Mao Daichi) agiert dabei federführend. Doch dann tritt Dr. Yusuke Tadokoro (Etsushi Toyokawa, Takashi Miikes Krieg der Dämonen), der Ex-Mann von Saori, auf den Plan. Er hat eigene Berechnungen angestellt, die ein anderes Ergebnis als das seiner renommierten Kollegen erbrachten: Nicht Jahrzehnte, sondern nur noch wenige Monate bleiben, bis Japan im Meer versinkt. Anfangs belächelt, erntet sein Szenario erst Glauben, als sich Erdbeben, Flutwellen und Vulkanausbrüche häufen. Während einzelne Menschen wie Toshio Onodera (Tsuyoshi Kusanagi, „The Taste Of Tea“) und die Rettungsassistentin Reiko (Kou Shibasaki, Go, The Call), die sich während des anfänglichen Erdbebens bei der Rettung eines kleinen Mädchens kennen und lieben gelernt haben, nicht nur um ihr eigenes Überleben kämpfen, entwirft Dr. Yusuke Tadokoro einen kühnen Plan, das Archipel doch noch zu retten.

    „Sinking Of Japan“ beginnt gleich mit einem Paukenschlag. In medias res wird der Zuschauer geschickt, wenn einer der späteren Helden versucht, ein kleines Mädchen zu retten und dieses dank Hilfe dann auch schafft. Das sind erst einmal einige Minuten Action satt, die einen Vorgeschmack auf gute Effekte (auch wenn diese insgesamt nicht ganz in der 1. Liga mitspielen können) und ein gutes Gespür des Regisseurs bei der Inszenierung seiner Actionszenen zeigen. Das Gegenteil zum furiosen Anfang liefern dann die nächsten Bilder, welche untermalt von sanfter Musik, exemplarisch die Vielfalt Japans zeigen und isoliert auch perfekt als Tourismusvideo vermarktbar wären. Von da an wird erst einmal das Tempo raus genommen. Begrüßenswert versucht Higuchi dem ganzen apokalyptischen Szenario Profil und Hintergrund zu verleihen, auch wenn dabei leider das abgedroschene Klischee des einsamen Forschers, der als einziger das Ausmaß der Katastrophe erkennt, natürlich mal wieder schwer bemüht werden muss.

    Leider geht Highuchis Rechnung in diesem Moment kaum auf. Denn obwohl er diesem Teil der Geschichte ungewöhnlich viel Platz gibt, bleibt er immer zu an der Oberfläche. Das politische Ränkespiel ist ein Beleg von verschenktem Potential, bleiben die einzelnen Momente dahingehend doch recht plakativ und werden immer wieder nur eingestreut, statt auch mal bestimmend zu sein. Zudem schafft er es nicht, in dieser Phase ein Band zwischen Zuschauer und den Charakteren zu knüpfen, so dass deren Schicksal im langen Finale (inklusive heroischer Selbstaufopferung versteht sich) einen deutlich weniger berührt, als es bei diesem Genre der Fall sein sollte. Ursache dafür ist auch eine falsche Gewichtung der Erzählmomente. Einzelne Hintergründe zu bestimmten Personen erfährt man zwar in unnötig epischer Breite, ein besseres Bild dieser Figur liefert das Ganze dann aber nur unnötig fokussiert auf den einzelnen Bereich. Passend dazu weist „Sinking Of Japan“ leider auch zu viele unverbundene Einzelszenen auf und wirkt dadurch recht episodenartig.

    Erst im Finale lässt es Higuchi dann wieder ausgiebiger krachen. Man musste davon ausgehen, dass er genau der richtige Mann für einen solchen Film. Er kommt aus dem Special-Effects-Bereich, hat dabei an mehreren Godzilla- und Gamera-Filmen mitgearbeitet und auch Quentin Tarantino bei seiner Arbeit an Kill Bill Vol. 1 in Japan unterstützt. In den Momenten, in welchen die Effekte dominieren, macht sich Higuchis Können positiv bemerkbar, doch der Film verschenkt erneut eine mögliche Stärke. Die einzelnen Katastrophenszenen fallen viel zu kurz aus, die Action geht gerade los, da ist sie auch schon wieder vorbei. Dabei hätten die Actionszenen auch dank der exzellenten Kameraarbeit von Taro Kawazu („The Princess Blade“) und des zum Genre perfekt passenden Scores von Tarô Iwashiro („Azumi“, Memories Of Murder, Shinobi) die wahren Prunkstücke des Films werden müssen.

    Der japanische Blockbuster (mit einem Einspiel von 5,34 Billionen Yen - ca. 45 Millionen US-Dollar – einer der erfolgreichsten Filme des japanischen Kinojahres 2006) ist trotz aller Kritik beileibe kein schlechter Film. Dafür ist er handwerklich viel zu gut gemacht, besitzt dann doch einige spannende Momente und hat, wenn Dr. Yusuke Tadokoro zur Rettung von Japan mal schnell „alle Bohrschiffe, die es auf der Welt gibt“ verlangt (und die dann auch anrücken), einfach auch ein paar herrlich trashige Momente, die solchen Untergangszenarien immer gut stehen. Über den unteren Durchschnitt kommt Shinji Higuchis erzählerisch zu ausuferndes und in den Actionszenen zu knappes Werk aber leider nicht hinaus und so verwundert es nicht, dass man des öfteren sogar liest, dass die im gleichen Jahr entstandene Trash-Parodie der Buchvorlage „The World Sinks Except Japan“ (zu sehen auf der Nippon Connection 2007) sehenswerter ist.

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