Mit der trockenen Komödie „A Somewhat Gentle Man“ ist Regisseur Hans Petter Moland zum zweiten Mal im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Berlin vertreten. Schon 2004 trat der Norweger mit dem Drama „Beautiful Country“ über eine Vietnamesin in New York an. Nachdem er in der Zwischenzeit die naive, aber sehr unterhaltsame Romanverfilmung „Genosse Pedersen“ um einen Lehrer, der Mitglied in der marxistisch-leninistischen Arbeiterpartei wird, vorgelegt hat, ist er nun zurück in Berlin. Mit „A Somewhat Gentle Man“ liefert er genau das ab, was man bei skandinavischem Kino erwartet: sehr trockenen, oft zynischen pechschwarzen Humor. Zu dumm allerdings, dass dem mit dem nordischen Kino vertrauten Zuschauer allzu vieles in diesem Film schon lange bekannt ist. Und wenn Moland dann einen richtig guten und originellen Einfall hat, benutzt er ihn gleich mehrfach. Ein glänzend aufgelegter Stellan Skarsgård verhindert aber immerhin, dass der Film vollends ins langweilige Mittelmaß versinkt.
Der wegen Mordes verurteilte Ex-Gangster Ulrik (Stellan Skarsgård) kommt nach zwölf Jahren aus dem Gefängnis frei. Sein alter Boss Rune Jensen (Björn Floberg) und dessen rechte Hand Rolf (Gard B. Eidsvold) halten gleich gute Nachrichten für den Rückkehrer parat: Sie haben den Kleinganoven Kenny (Henrik Mestad), der Ulrik einst verraten und ihm die Strafe eingebrockt hat, aufgespürt. Schnell wird von einem kleinwüchsigen Waffenhändler (Knut Jorgen Skaro) noch eine Pistole besorgt. Jensen quartiert Ulrik im kargen Keller seiner alten, hässlichen Schwester Karen Margrethe (Jorunn Kjellsby) ein. Die macht dann abends vor dem polnischen Fernsehprogramm die Beine breit. Aber dann findet Ulrik erst einen Job als Automechaniker und auch noch heraus, dass sein Sohn Geir (Jan Gunnar Roise) bald Vater wird. Soll er das alles für Rache riskieren?
Im Mittelpunkt von „A Somewhat Gentle Man“ steht ganz klar der brillante Stellan Skarsgård. Schwedens Hollywoodexport (Illuminati, Mamma Mia!, Good Will Hunting) hat für den genügsamen Hauptcharakter mit hoher Stirn, grauem Haar und langem Pferdeschwanz genau das richtige Erscheinungsbild und dazu natürlich den passenden Ausdruck. Er läuft fast gleichmütig durch diese Welt, beschwert sich nie, auch nicht über die neue Wohnung, die kaum besser ist als seine Gefängniszelle oder über die Schwiegertochter, die ihn mit Missachtung straft. Er ist überzeugt, dies alles verdient zu haben. Doch er leidet. Das ist ihm buchstäblich im Gesicht abzulesen – selbst Sex wird für ihn zur Tortur. Die Sex-Szenen sind ein Musterbeispiel dafür, was Regisseur Moland sich unter skurrilem Humor vorstellt: Völlig unvermittelt wird Ulrik erst von seiner hässlichen Vermieterin, dann von seiner Ex-Frau und später auch noch von der Sekretärin seiner Werkstatt zum Geschlechtsakt aufgefordert. Dieser ist vollkommen unerotisch und rein mechanisch. Der Sex ist harte Arbeit, das Ziel das Amüsement der Zuschauer.
Moland zieht die üblichen aus skandinavischen Komödien bekannten Register. Merkwürdige Nebenfiguren bevölkern den Film in Scharen, dazu haben sie immer einen trockenen Spruch auf den Lippen. Da ist die eine Hälfte des Waffenhändlerduos ein Zwerg und die andere ein Restaurantbesitzer aus Lappland, der sich mehr um die Sushibereitung seines chinesischen (!) Kochs zu sorgen scheint als um den Pistolendeal. Die Figur des Rolf dient gar ausschließlich als Comic relief. Er muss immer wieder die Demütigungen seines Bosses schlucken, während der Zuschauer über dessen Sprüche lachen darf. Moland hat dabei aber auch einige gute Ideen eingebaut. So wird das typisch-nordische Figurenprofil des schweigsamen Einzelgängers mit der Figur des redseligen Werkstattbesitzers auf köstliche Weise konterkariert. Während meistens in kurzen, trockenen Sätzen gesprochen wird, setzt er immer wieder zu langen Reden ohne Punkte und Komma an, die in einem Tempo vorgetragen werden, dass es einem schwindlig wird. Allerdings zeigt sich an diesem Beispiel, dass eine gute Idee nicht beliebig wiederverwertbar ist. Funktioniert dieser Gag beim ersten Mal noch ganz hervorragend, ist er beim zweiten Mal nur noch nett, um spätestens beim vierten Versuch allmählich zu nerven.
Fazit: Da Moland sich nicht nur auf gängige Erfolgsrezepte verlässt, sondern auch mit – wenn auch überstrapazierten – eigenen Einfällen aufwartet und dazu dramaturgisches Geschick mit einigen effektiven Spitzen am Ende zeigt, ist „A Somewhat Gentle Man“ insgesamt solide Unterhaltung. Im Wettbewerb der Berlinale hätte die schwarzhumorige Komödie allerdings nicht unbedingt laufen müssen, dafür wurden zu viele gewagtere und bessere Filme in die Nebenreihen geschickt. Nur der großartige Stellan Skarsgård hat Bären-Potential, vielleicht hilft es ihm ja auch, dass sein Geicht in der eröffnenden Großaufnahme frappierende Ähnlichkeit mit Jury-Präsident Werner Herzog besitzt...