Seit dem Megaerfolg der „Twilight“-Romane setzen praktisch alle Young-Adult-Reihen auf dasselbe dramaturgische Prinzip: Im ersten Band erfährt die Hauptfigur, dass es Vampire/Aliens/Dämonen gibt und am Ende wird schon mal ein erstes kleineres Hindernis überwunden, aber in Wirklichkeit ist der Serienauftakt meist nicht mehr als ein Teaser für all das, was in den folgenden Büchern noch auf den Leser wartet. Für alle, die sich nur die Filme anschauen wollen, ist das allerdings ein Riesenproblem: Denn abgesehen von „Twilight“ und „Die Tribute von Panem“ hat bisher keine der vielen angefangenen YA-Reihen bis zum Schluss durchgehalten, der „Die Bestimmung“-Serie wurde zuletzt sogar - nachdem schon zweieinhalb von drei Büchern verfilmt waren - noch auf der Zielgeraden der Garaus gemacht. Das nervt gewaltig – und es wird nun auch bei der Filmadaption der vierteiligen „Fallen“-Reihe von Lauren Kate kaum anders sein: Scott Hicks‘ „Fallen – Engelsnacht“ kommt erst drei Jahre nach dem Ende der Dreharbeiten Mitte 2014 in die Kinos – und wenn schon der erste Teil solange im „Giftschrank“ schlummert, glaubt wohl niemand mehr ernsthaft an eine Fortsetzung der 40-Millionen-Dollar-Produktion. Nach „Chroniken der Unterwelt“, „Die 5. Welle“ & Co. folgt hier also offenbar eine weitere Teen-Fantasy-Geschichte, die einfach mittendrin aufhört - wobei sich die Trauer speziell in diesem Fall doch stark in Grenzen hält.
Nach einem feurigen Zwischenfall wird die Schülerin Lucinda „Luce“ Price (Addison Timlin, „Warte, bis es dunkel wird“) von einem Richter dazu verdonnert, fortan das Sword & Cross Internat zu besuchen. Auf der Nobelschule für Problem-Teenies fallen der 17-Jährigen vor allem zwei Jungs ins Auge: der Lederjacken-Rebell Cam Briel (Harrison Gilbertson), der Luce sofort auf ein Date einlädt, und der Schönling Daniel Grigori (Jeremy Irvine), der sie keines Blickes würdigt und konsequent anschweigt. Nach und nach kommt es Luce jedoch immer mehr so vor, als würde sie Daniel schon seit Ewigkeiten kennen – und tatsächlich: Daniel ist in Wahrheit ein gefallener Engel, der sich nicht zwischen Gott und Luzifer entscheiden will und deshalb dazu verflucht ist, sich immer und immer wieder in Reinkarnationen von Luce zu verlieben, nur um dann zusehen zu müssen, wie sie vor seinen Augen stirbt. Diesmal wäre das allerdings besonders ungünstig: Weil ihre nicht-gläubigen Eltern auf eine Taufe für ihre Tochter verzichtet haben, würde ihr Tod für Luce zugleich auch das Ende des ständigen Wiedergeborenwerdens bedeuten…
Das Emo-Mädchen, der brütende Eigenbrötler, ein ebenfalls attraktiver Beschützer, der sich schnell als fünftes Rad am Wagen entpuppt – das Liebesdreieck im Zentrum von „Fallen“ ist zwar eins-zu-eins aus „Twilight“ übernommen, aber ernsthaft Sorgen machen, in Zukunft die kreischenden Teenie-Horden nicht mehr loszuwerden, müssen sich Jeremy Irvine („Gefährten“) und Harrison Gilbertson („Need For Speed“) wohl trotzdem nicht. Sicherlich haben sich auch Robert Pattinson und Taylor Lautner schauspielerisch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, aber zumindest haben sie eine gewisse Ausstrahlung an den Tag gelegt. Harrison Gilbertson zeigt hingegen, dass eine Lederjacke allein nicht reicht, um glaubhaft einen auf James Dean zu machen, während Jeremy Irvine seinen „sexy“ Gequälte-Seele-Blick so sehr auf die Spitze treibt, dass man ihm irgendwann nur noch den Weg zur nächsten Toilette weisen möchte. Selbst beim großen melodramatischen Höhepunkt, wenn sich Luce stilecht auf dem Internatsbalkon zwischen den beiden Jungs / Engeln entscheiden muss, wartet man vergeblich auf das Sprühen der Funken.
Während die Handlung der Bücher zumindest irgendwie Sinn ergibt und logisch nachvollziehbar ist, lässt sich das von der Filmhandlung kaum behaupten. Welche Figuren was wollen und warum? Wir haben keinen blassen Schimmer, dem von uns eigentlich geschätzten Scott Hicks („Hearts In Atlantis“) gelingt es nämlich nur erschreckend selten, die simpelsten Motivationen seiner Figuren glaubhaft zu vermitteln. Die für einen Film dieses Genres sehr knappe Laufzeit von 91 Minuten ist zugleich elend lang und viel zu kurz – nachdem sich die handlungsarmen ersten 75 Minuten hinziehen wie Kaugummi (auch weil der Zuschauer erst spät erfährt, worum es überhaupt geht), passiert in den finalen zehn Minuten plötzlich alles auf einmal und viel zu überhastet, weshalb selbst überraschende Wendungen und unvorhergesehene Tode absolut wirkungslos verpuffen. Die Filmemacher schenken ihnen praktisch keine Beachtung, warum also sollte es der Zuschauer tun? Zumal man eh viel zu sehr damit beschäftigt ist, sich über den finalen Engel-Showdown am stürmischen Himmel zu beömmeln – die abgesehen von zwischendurch immer mal wieder heraufziehenden schwarzen Nebelschwaden einzige echte Effektszene des Films sieht nämlich leider ziemlich lächerlich aus.
Fazit: Die Verfilmung des ersten Teils der „Fallen“-Tetralogie ist Emo-Kitsch mit miesen Effekten, hölzernen Darstellern, wirrer Story und einem völlig überhasteten Finale.