Es gibt Filme, die verpuffen ganz einfach. Solche Filme hatten meistens ganz viel vor, haben aber nichts wirklich auf die Reihe bekommen. Ein solcher Film ist auch die überdrehte Entführungskomödie „Unter Strom“ von Zoltan Paul: Bis zum Bersten vollgepackt mit mal guten, dann wieder schlechten Drehbuch- und Regie-Einfällen findet der Film keinen stimmigen Rhythmus. Und schon nach wenigen Szenen ist klar, dass das ganze Paket mit allem drum und dran in der Belanglosigkeit versinkt – trotz der guten Besetzung und manch guter Dialogzeile.
Frankie (Hanno Koffler, Der rote Baron) wird unschuldig für den Mord an einem Börsenmakler zu fünfzehn Jahren verknackt. Kurz entschlossen flieht er aus dem Gerichtssaal und nimmt sich zwei Geiseln, Anna (Catrin Striebeck, Gegen die Wand) und Daniel Trieb (Harald Krassnitzer), deren Ehe gerade im Nebenraum geschieden wurde. Auf der Flucht greift er dann noch den Minister Jan van Möllerbreit (Tilo Nest) auf, der irgendwie in die ominöse Mordsache verstrickt ist. Frankie verschanzt sich mitsamt Geiseln im ehemaligen gemeinsamen Landhaus des zerstrittenen Ehepaares, in dem Annas neuer Liebhaber (Franz Xaver Zach) gerade mit einer Viagra-bedingten Dauererektion auf einer Eckbank liegt. Derweil suchen Kommissar Kaminsiki (Ralph Herforth, 1 1/2 Ritter) und seine verschrobene Kollegin Sunny (Sunnyi Melles, Effi Briest) den Flüchtigen. Der wiederum bestellt seine Frau Gloria (Anna Fischer, Fleisch ist mein Gemüse) und seinen besten Freund Cheesie (Robert Stadlober, Crazy) zur Unterstützung ins Landhaus…
Neun Hauptfiguren gibt es in „Unter Strom“ - und jede davon hat mindestens ein schmutziges Geheimnis. Da der Film nur rund 80 Minuten dauert, versteht es sich von selbst, dass die einzelnen Figuren Typen bleiben und nicht zu eigenständigen Charakteren werden. Das ist vor allem deshalb schade, weil die Rollen alle hochkarätig mit deutschen Fernseh-, Theater- und Kinostars besetzt sind. Doch aus dem stumpfen Drehbuch und der einfältigen Inszenierung können auch begabte Akteure nicht viel machen: In puncto Besetzung wurden hier Perlen vor die Säue geworfen.
Nun gut, ein Film wie „Unter Strom“ kann auch mit Typen ganz hervorragend funktionieren. Schließlich bleibt bei der ganzen Hektik – der Film steht tatsächlich von Anfang an unter Strom – auch gar keine Zeit für Charakterisierungen. „Unter Strom“ soll nämlich eine Screwball-Comedy sein, ein überdrehter Film, in dem sich Pointe an Pointe reiht, in dem immer was los ist und direkt zu Beginn eine Kettenreaktion in Gang gesetzt wird, die bis zum Ende mit Vollgas vorangeht. In dieser Hinsicht ist Zoltan Paul auch ziemlich konsequent, wenn man von zwei, drei eher peinlichen ruhigen Momenten gegen Ende einmal absieht.
Leider hapert es gerade bei den Pointen, aus denen der Film der Anlage nach ausschließlich besteht. Es wird viel geredet in „Unter Strom“ – eigentlich ist der gesamte Film ein permanenter Dialog, bei dem alle durcheinander reden. Der Wortwitz sowie die Situationskomik sitzen dabei aber nur sporadisch. Da alle Figuren entwicklungstechnisch auf der Stelle treten, stagniert die Farce zudem recht schnell: Alle Beteiligten predigen immer und immer wieder dieselbe Leier, so oft, bis man sie nicht mehr hören will. Manchmal huscht zwar auch ein komischer Satz über die Lippen der Verschanzten, aber das alleine hilft auch nicht viel.
Auch das Timing, bekanntlich der Motor einer jeden Komödie, ist in den meisten Szenen misslungen: „Unter Strom“ hat einfach keinen Schwung, keinen Drive oder wie auch immer man es nennen will. Vielmehr ist der Film ein geschwätziges, ungelenkes und schulmäßig inszeniertes Geplänkel, das einen auf Hektik macht – ein Film also, der zum Verpuffen geradezu prädestiniert ist. Schade um das tolle Ensemble!