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    Independence Day
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Independence Day
    Von Lars Lachmann

    It‘s the end of the world as we know it – and I feel fine... Dieser Titel von R.E.M. könnte für den Soundtrack von Roland Emmerichs Sci-Fi-Action-Spektakel „Independence Day“ kaum besser gewählt sein. Denn trotz des dramatischen Szenarios, bei dem die Erde von bösartigen, den Menschen technisch weitaus überlegen Aliens mit dem Ziel der Eroberung und Vernichtung angegriffen wird, handelt es sich hierbei gleichzeitig um einen Feel-Good-Movie, das sich selbst nicht zu ernst nimmt und dabei beste Unterhaltung bietet.

    Der oben genannte Titel erklingt bereits sehr früh am Anfang des Films aus dem Radio, gleichzeitig zur akustischen Warnung eines Computers, der mit einem sehr viel größerem Radioempfänger verbunden ist: Die von Mitarbeitern eines SETI-Projekts genutzte Radioteleskop-Phalanx in Arecibo (welcher später in Robert Zemeckis‘ Verfilmung von Carl Sagans „Contact“ eine im Vergleich sehr viel ernsthaftere Rolle zuteil werden sollte) hat ein ungewöhnliches Signal aus dem All empfangen. Wie sich schnell herausstellt, ist die Quelle des Signals nahe der Mondumlaufbahn gar nicht weit von der Erde entfernt. Es handelt sich um nichts Geringeres als eine Flotte gigantischer Raumschiffe, die sich zielsicher auf die Erde zu bewegt. In zunächst unterteilten Handlungssträngen werden im Folgenden die einzelnen Hauptpersonen vorgestellt. Da ist zum einen David Levinson (Jeff Goldblum), ein Computerfreak, der das außerirdische Signal bereits analysiert hat und dabei zu dem erschreckenden Ergebnis kommt, dass es sich bei diesem um eine Art Countdown innerhalb der Kommunikation zwischen den Alienschiffen handelt, die sich mittlerweile direkt über den größten Städten des Planeten positioniert haben. Dies bereitet David Anlass zur Sorge und er nutzt den verbleibenden Kontakt zu seiner in Trennung von ihm lebenden Frau Margaret (Constance Spano), die mittlerweile einen Posten als Sprecherin des US-Präsidenten (Bill Pullman) innehat, diesen über seine Entdeckung in Kenntnis zu setzen und ihm nahe zu legen, die Städte sofort evakuieren zu lassen. Mit von der Partie sind außerdem der Vietnamveteran Russell Casse (Randy Quaid), dessen Geschichten, denen zufolge er schon einmal von Aliens entführt worden sei, von seiner Umgebung bisher bestenfalls als Spinnereien oder Nachkriegstraumata abgetan werden, sowie Marine-Fliegerass Captain Steven Hiller (Will Smith), der – wie auch der Präsident – zunächst einmal nicht ausschließen will, die Besucher könnten auch in friedlicher Mission unterwegs sein. Dass dem nicht so ist, stellt sich spätestens nach Ablauf des besagten Countdowns heraus: Durch Aktivierung der eindrucksvollen Strahlenkanone eines jeden Raumschiffs werden die anvisierten Metropolen mit einem Schlag dem Erdboden gleich gemacht...

    Ein verzweifelter Kampf entbrennt zwischen den ungleichen Gegnern, während dessen sich die menschliche Luftwaffe zudem noch mit undurchdringlichen Energieschilden konfrontiert sieht, die die Invasionsflotte schützen. Nachdem es Steven Hiller schließlich gelingt, in bester Wildwest-Manier einen schlagkräftigen Erstkontakt mit der fremden Spezies herzustellen, leitet dies zugleich den dramaturgischen Wendepunkt des Films ein: „Kenne deinen Feind“ heißt die Devise. Wusste die Erdbevölkerung bis dato so gut wie gar nichts über die fremden Aggressoren, bietet Hillers Gefangener eine erste Gelegenheit, die ungebetenen Gäste näher kennen zu lernen. Die erste Gelegenheit? – Nein, denn gab es damals 1947 nicht diesen UFO-Absturz in Roswell, New Mexico? Spätestens an dieser Stelle des Films wendet sich der immer mit Action durchwachsene Handlungsverlauf vom Dramatischen zum Teil auch ins Komische, bzw. Satirische: Wenn z. B. der Präsident Casses Hinweis auf die legendäre Area 51 auf diplomatische Weise als Mythos abtut, worauf ihm sein Verteidigungsminister peinlich berührt entgegnet: „Es gibt da etwas, das Sie wissen sollten, Mr. President...“ Dass diese Art von Humor auch schon mal bitterböse Züge annehmen kann, zeigt bereits eine Szene, in welcher UFO-Anhänger, die sich auf dem Dach eines Wolkenkratzers versammelt haben um die Aliens willkommen zu heißen, zusammen mit dem Gebäude als erste Opfer von deren wirkungsvoller Strahlenkanone weggepustet werden. – Diese Menschen hatten sich von den Fremden sicherlich eine andere Art von Erleuchtung erhofft.

    Bei der näheren Erforschung des Feindes anhand des damals in Roswell abgestürzten UFOs und Hillers gefangenem Piloten in der Area 51, die übrigens von einem Wissenschaftler (Brent Spiner, bekannt als Data aus der Serie „Star Trek – The Next Generation“) geleitet wird, der dem stereotypen Bild des Mad Scientist sehr nahe kommt, stellt sich heraus, dass die fremde Lebensform, einschließlich ihrer – wenngleich sehr viel avancierteren – Technik, der menschlichen überraschenderweise gar nicht so unähnlich ist. Weiterhin erfährt der Präsident, der sich für kurze Zeit im telepathischen Kontakt mit dem gefangenen Alien befindet, dass deren Spezies andere Welten zu kolonisieren pflegt, wobei die ursprünglichen Bewohner ausgelöscht und die Rohstoffe ausgebeutet werden, bevor die Flotte ihren Beutezug durchs All weiterführt. Diese beiden Aspekte können mit Sicherheit als Spiegel verstanden werden, der den Menschen im Hinblick auf ihre eigene Kolonialgeschichte sowie ihren Umgang mit natürlichen Ressourcen vorgehalten werden soll. Zumal diese Themen mitunter schon in Form von subversiver Kritik in Welles‘ Roman „Krieg der Welten“ durchscheinen, von dem sich „Independence Day“ zumindest teilweise hat inspirieren lassen. Interessant in diesem Zusammenhang, dass sich der Computerspezialist David, dessen Genialität nicht nur die Elitewissenschaftler der geheimen Forschungseinrichtung beschämt und die Welt letztlich vor dem Untergang bewahrt, durch sein Propagieren von Recycling und Mülltrennung darüber hinaus als umweltpolitisches Gewissen geriert.

    Einer ähnlichen Technik des Spiegelns menschlicher Verhältnisse bedient sich im Übrigen auch Paul Verhoevens satirische Adaption von Heinleins Sci-Fi-Klassiker „Starship Troopers“, indem eine Entsprechung der vergleichbar totalitären Gesellschaftsformen von Menschen und gegnerischen Aliens angedeutet wird. In dieser Hinsicht kommt „Independence Day“ jedoch mit einer ungleich optimistischeren Vision daher, welche ihren Ausdruck in der Rede des Präsidenten findet, als es darum geht, sich in einer weltweit konzertierten Aktion der äußeren Bedrohung entgegen zu stellen. Wo zuvor Grenzen und Differenzen waren, besteht nunmehr Einigkeit und Zusammenhalt im Kampf ums gemeinsame Überleben. Wenngleich eine in gewohnter Weise auf die USA zentrierte Sichtweise den überwiegenden Teil des Geschehens bestimmt, wird der Rest der Welt diesmal immerhin nicht gänzlich ausgeklammert – so werden in einigen kurzen Einstellungen sogar explizite Momentaufnahmen von der Situation in anderen Erdteilen eingeblendet.

    „Independence Day“ ist trotz aller Dramatik, dem üblichen Pathos und stellenweiser Komik zuallererst ein Actionspektakel, das einfach Spaß macht. Dennoch scheiden sich bei diesem Film bisweilen die Geister. Was die einen daran lieben, ist für die anderen zugleich Hauptkritikpunkt: Ist es doch vor allem die Tendenz, die für ein solches Action-Drama zu erwartende Ernsthaftigkeit durch satirische und bisweilen sogar alberne bis burleske Elemente immer wieder zu unterlaufen, welche Emmerichs Inszenierung geradezu auszeichnet. Sei es Will Smiths Faustschlag ins Gesicht des außerirdischen Piloten, gefolgt von den die Coolness dieser Figur konstituierenden Worten: „Willkommen auf der Erde!“, der Heldenmut des Präsidenten, der sich selbst zum entscheidenden Gefecht in den Pilotensitz schwingt oder die Einsicht, dass – egal ob die Welt untergeht oder nicht – es bei einem solchen Einsatz unerlässlich ist, für den Fall der Fälle immer eine Siegeszigarre auf Tasche zu haben...

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