Was für ein intensiver Film! Es stimmt: "Wer Gewalt sät" (besser im englischen Original: "Straw Dogs" ist im Prinzip eine konstante Spannungskurve. Sehr gemächlich beginnt der Film, wobei hier sich schon eine Stärke auszeichnet, der den Thriller meiner Meinung nach in die Nähe von anderen Genres rückt. Zuerst wäre hier der Gruselfilm. Später ist er diesem Genre auch in der Optik nahe (Stichwort: Nebel), doch gerade zu Anfang wirken die Engländer, die insbesondere Ehemann Sumner begutachten, irgendwie sonderbar. Das ist sehr gut gemacht. Dann wiederum wirkt der Film ein bisschen nach Ehedrama, ehe zum Schluss die Motive des Terrorfilms aufkommen. Aber "Straw Dogs" ist eben nicht einfach so ein Genrefilm, sondern schafft es auf sehr coole Weise die drei Handlungsstränge bzw. die Subplots miteinander zu vermsichen, um so eine tragische Ausgangssituation für das Finale zu schaffen. Das ist meiner Meinung nach die große Stärke des Films - natürlich nebst den sehr guten Schauspielleistungen des gesamten Casts, der Kameraführung und Sam Peckinpahs Führung. Ohne letztere wäre das Konzept so nicht aufgegangen. Als einzige kleine Schwäche würde mir der Soundtrack an einigen, wenigen (!) Stellen einfallen. Als David z.B. nach Hause marschiert, passt die Musik nicht gerade zu dem zuvorgesehenen.
Wie ist der Film aber inhaltlich zu bewerten? Dass Gewalt in jedem steckt, klar. Dass sie manchmal unausweichlich scheint, jawohl. Aber das ist offensichtlich genug. Ich glaube noch viel mehr will "Straw Dogs" eigentlich, dass man sich auch für jene einsetzt, die einem unsympathisch sind. Das gilt gerade für den Falle Amys, die anfangs schon als sehr nervig rüberkommt. Neben David, sowie den kleinen, im großen Themenzusammenhang eher vernachlässigenden Nebenrollen wie z.B. dem Bürgermeister, gibt es auch keinen anderen Sympathieträger. Man ist also zweifelsohne auf Davids Seite, ja - aber man soll auch auf Amys, auf Henry Niles' Seite sein können und müssen! Das ist meiner Meinung nach der große Clou und Kniff. Schließlich könnte man, fast etwas schwarz und ironisch, den Film auch als Europäer sehen: David, der Amerikaner, also dem Angehörigen einer Nation, denen man nachsagt kriegslüstern und arrogant zu sein, ist hier ein sanfter Mann, der von Umständen gezwungen wird. Die Europäer, die Engländer, hingegen sind es, die sich wie Hinterweltler (im bösesten Sinne) benehmen. Das sollte uns vielleicht auch zu denken geben.
Fazit: "Straw Dogs" ist ein absolut spannendens Gewaltdrama, welches auch sehr sinnvoll über sein Thema reflektiert. Der Film tut dabei weh und verstört - und ist letztlich ein moralischer Test.
P.S. Unbedingt nach der ungeschnittenen Version suchen! Alles Andere ist nonsense.