Grand Canyon Adventure 3D wird bundesweit ab Anfang 2009 in den Kinos zu sehen sein. Schon ab 12. Juni 2008 zeigt das IMAX 3D Sony Center in Berlin den Film auf seiner 588 Quadratmeter großen Leinwand.
Nicht nur die Klimakatastrophe, sondern auch die damit einhergehende, größtenteils menschengemachte Wasserknappheit ist eines der wesentlichen Themen ökologischer Diskussionen der Gegenwart. Dass sich auch Dokumentarfilme, und natürlich auch solche für die große Leinwand, damit beschäftigen, liegt nahe und macht Sinn. Nun haben es die Öko-Dokumentaristen auch ins 3D-Kino geschafft: Der versierte Imax-Regisseur Greg MacGillivray („Dolphins“, „Everest“) folgt in seiner konventionellen 3D-Abenteuer-Doku „Grand Canyon 3D“ dem Lauf des Colorado, der den Grand Canyon über Jahrhunderte geformt hat. Auf seiner Reise wird mehr und mehr deutlich, wie sehr die Eingriffe des Menschen in den natürlichen Lauf des Wassers – etwa durch den Bau von Staudämmen oder Verschmutzung – der Natur schaden und die Trinkwasservorräte minimieren. MacGillivrays Konzept, durch die 3D-Technik ein großes Publikum mit seiner Botschaft zu erreichen, ist nicht schlecht. Leider liefert er aber keinen seriösen Dokumentarfilm ab, sondern bietet Infotainment, das weitgehend ohne Hand und Fuß auskommen muss.
Greg MacGillivrays Reise entlang des Colorado beginnt an dessen Quelle, dort, wo noch alles in Ordnung ist. Gespeist von Schmelzwasser füllt sich der Fluss. Begleitet wird MacGillivray neben der kommentierenden Stimme Robert Redfords von seiner Teenager-Tochter Shaun, die demnächst ans College geht und jetzt noch einmal – nicht anders als der Zuschauer – die wilde Schönheit der Natur erfahren soll. Außerdem mit von der Partie sind der umtriebige Naturschützer Robert F. Kennedy Junior, der „Indiana Jones“-Verschnitt und Ethnobotaniker Wade Davis und die erfahrene Colorado-Führerin Shana Watahomigie. Letztere hat eine besondere Verbindung zum Fluss: als Mitglied des Indianer-Stammes der Havasupai ist sie mit dem Colorado aufgewachsen und steht mit ihm in einer spirituellen Beziehung. Daher kann sie auch immer mal wieder von besseren Zeiten des Flusses erzählen, der, je weiter man seinem Lauf folgt, ein zunehmend ärmlicheres Bild abgibt. Geschwächt durch riesige Staudämme, die zur Wasserversorgung solcher Metropolen wie Las Vegas angelegt worden sind, sinkt der Wasserstand unaufhörlich. Und damit nicht genug: das Wasser wird durch die Eingriffe erwärmt, weswegen diverse Flusstier-Populationen gefährdet sind. Und auch die Fauna hat sich schon spürbar verändert, was MacGillivray am Vergleich des heutigen Landschaftsbildes mit alten Fotografien des Ufers deutlich macht.
Weitgehend bestimmt wird die Bildungsreise entlang des schlammigen Colorado allerdings von ausgedehnten Sequenzen, welche die Protagonisten in ihren Kajaks beim Passieren gefährlicher Stromschnellen, wie etwa der „Lava Falls“, zeigen. Solche Momente bieten sich natürlich förmlich an, um sie in 3D auszuschlachten; und so werden bei diesen Sequenzen auch alle Register gezogen: zunächst wird der Zuschauer mehrfach darauf hingewiesen, dass diese und jene Stromschnellen-Anhäufung besonders riskant zu befahren ist, dann folgt die Kajakfahrt, welche in Ich-Perspektive mit unter der Wasseroberfläche getauchten Kameras gefilmt und progressiver Musik unterlegt wird. Selbstverständlich spritzt das (teilweise computeranimierte) Wasser nur so an die Kameralinse – und damit dem Betrachter förmlich ins Gesicht. Aber trotz allem sind diese Wildwasser-Fahrten nicht wirklich packend; zu bemüht und konstruiert wirkt das Spektakel. Eher faszinieren können die 3D-Aufnahmen des Grand Canyon, denn so hat man die archaischen Felsformationen des wohl meist gefilmten Gebirges der Welt noch nicht gesehen. Durch die Dreidimensionalität wird die Wucht der Berge erst spürbar, die Erhabenheit derselben scheint greifbar; mehr noch als in den zahlreichen Western, aus denen man den Grand Canyon zur Genüge kennt.
Hinter diesen Schauwerten, den konstruierten und den tatsächlichen, geht Greg MacGillivrays Botschaft ein wenig verloren, auch wenn sie dem Zuschauer am Ende des Films noch einmal so richtig, und dabei recht pädagogisch-plakativ, um die Ohren gehauen wird. Dabei sind die im Film ins Feld geführten Zahlen tatsächlich erschütternd: 1,5 Milliarden Menschen leben schon jetzt ohne direkten Zugang zu Trinkwasser, wobei vor allem bevölkerungsreiche Gebiete in Afrika, zum Beispiel der Kongo, von der Misere betroffen sind. Anders ausgedrückt: jeder fünfte Mensch hat keinen ständigen Zugang zu Trinkwasser. Und „es sterben mehr Kinder auf der Welt an Wassermangel als durch Kriege, Malaria und AIDS zusammengenommen“ – so der Off-Kommentar des Films. Ein Problem, dass sich aus der europäischen Perspektive in seinen Ausmaßen nur schwer vorstellen lässt. Denn hier dreht man einfach den Wasserhahn auf und schon sprudelt das „flüssige Gold“, wie MacGillivray es nennt. Und weil der Regisseur genau dieses erkannt hat, will er das Bewusstsein der westlichen, (noch) nicht von Wasserknappheit betroffenen Bevölkerung für den Umgang mit Wasser schärfen. Denn ohne Wasser, das weiß jedes Kind, ist Leben nicht denkbar. Dass er für diese Aufklärungsarbeit das 3D-Format gewählt hat, ist an sich keine schlechte Wahl, um Zuschauer zu erreichen.
Leider sind aber 3D-Effektkino und seriöser Dokumentarfilm nur schwerlich auf einen Nenner zu bringen und so kommt es unterm Strich, wie es kommen muss: die Fakten, und damit die Aufklärungsarbeit, werden von Kajakfahrten und Grand-Canyon-Aufnahmen buchstäblich ertränkt. Am Ende ist es also doch nur der kurzweilige Spaß des Wasserspritzers auf der 3D-Brille, der im Gedächtnis bleibt. Und wegen diesem ist man ja schließlich auch ins Imax-Kino gegangen.