"Gerechtigkeit wird immer von Menschen gemacht. Und Recht zu sprechen ist das Schwerste, was sich denken lässt." Wenn in JFK - Tatort Dallas ein Satz existiert, der die komplette Handlung des Films beschreibt, dann ist es dieses Zitat. Denn obwohl der Fall um die Ermordung von John F. Kennedy im Film, zumindest im Bezug auf die Anzahl der Täter sich "ungefähr so subtil wie ne Kakerlake, die auf nem weißen Teppich kriecht" verhält, wird der Beschluss der Warren-Kommission, dass Lee Harvey Oswald es mit einem alleinigen Attentat schaffte den mächtigsten, und (obwohl ich jetzt hier niemandem auf die Füße treten möchte) unbestreitbar zu seiner Zeit bedeutendsten Mann der Welt umzubringen, ingegen oftmaligen Meinungen, nie außer Acht gelassen. Der grandios von Kevin Costner verkörperte Staatsanwalt Jim Garrison zweifelt während seiner Ermittlungen in mehreren Fällen sogar selbst an sich und seiner Theorie. Regisseur Oliver Stone war sich ganz ohne zweifel bewusst, dass man eine Hypothese nie als die Warheit verkaufen darf, wenn man mit einem Film Menschen zum Nachdenken anregen will. So stellt er die (in Warheit ganz und garnicht weiß-hemdige) Figur des Manns des Volkes Jim Garrison immer mehr als jemanden dar, der sich darin verrennt Fakten zur Untermauerung seiner Theorie zu finden, an Stelle vom erstellen von Theorien an Hand von Fakten. Durch diese Ausgangskonstellation weiß man letztendlich nicht was man glauben soll: haben sich die Zufälle gehäuft oder die Verschwörer, den am Ende sind beide Theorien durchaus möglich. Die wichtigen Handlungsdetails erscheinen so immer aus zwei Betrachtungen, es ist z.B nicht geklärt ob
der geheimnisvolle Schönheitswettbewerb-Anrufer, der versucht Garrisons Kinder zu einem Treffen zu verführen Agent oder durch die Öffentlichkeit angelockter Stalker ist
. Nichts ist als klar zu definieren - sämtliche Optionen sind offen. Geradlienig führt Stone dies in allen anderen Mitteln seines Films fort. Die Kameraführung fasst die Gesichter bei den einzelnen szenischen Knackpunkten nie ganz ins Bild, es wird der Mund gezeigt oder die Sonnenbrille. Dadurch wirken die Aussagen zu gleichen Teilen nie glaubhaft oder unglaubwürdig - geradezu als würde jeder nur eine eigene Version der Warheit von sich geben. Der Schnitt des Films ist ebenfalls genial gelungen, wenn nicht sogar eine der besten jemals angefertigten Bildfolgen, Stone unterfüttert die einzelnen Szenen zum Teil einfach mit ausdruckstarken Motiven, etwa
Pferdefüßen oder eine ein Foto ausschneidende Schere
. Jede Kameraeinstellung, jedes Bild, jede Bildfolge ist ganz einfach perfekt gewählt, und ergibt letztendlich etwas das man nur simpel als ganz, ganz große Kunst bezeichnen kann. Die Tonmischung und der Soundtrack von John Williams, vermischen sich wie eine Einheit mit den Bildern, die Musik dekonstruiert zunächst patriotisch wirkende Lieder und kehrt sie dann ins Gegenteil. Schauspielerisch ist vor allem die, wie bereits erwähnt, die grandiose Jim-Garrison-Verkörperung durch Kevin Costner zu erwähnen, seit ihm hat vermutlich niemand mehr so gut dem Zuschauer ein Gefühl der Verzweiflung und Willenskraft nahegebracht. Eine Sache ist noch zu erwähnen: Stone hat es wirklich geschafft das Attentat mit all seinem Schrecken nachzustellen, so dass allein der Vorspann eine schockierende Wirkung besitzt. JFK - Tatort Dallas ist eine perfekte, unglaublich packende filmische Meisterleistung, die einem durch das Fehlen eben dieser nahebringt, was wirkliche Demokratie ist: Die von den Menschen gemachte Gerechtigkeit.