„88 – Pilgern auf Japanisch“ beginnt mit einer Text-Einblendung, die die Herkunft des Wortes „Pilger“ erklärt: „Fremd“, beziehungsweise „Fremder“ bedeutet das ursprünglich lateinische Wort. Und ebenso fühlt sich auch Gerald Koll, als er Shikoku erreicht. Überall wollen ihm japanische Schriftzeichen etwas sagen, was er absolut nicht versteht. Und auch die Menschen können ihm meistens nicht weiterhelfen. Der Pilgerweg ist zwar mit einer touristischen Infrastruktur versehen – überall stehen Hotels, es gibt reichlich Getränkeautomaten, Bustouren (!) und sogar ein Sammelbuch, in das man sich in jedem der 88 Tempel einen Stempel machen lassen kann, aber für westliche Touristen ist es dennoch nicht leicht: keine Zweisprachigkeit, kaum Infostellen und selbst die Banken machen Probleme, wenn man mit seiner Kreditkarte Geld abheben will. Als Folge verläuft sich Koll permanent. Es gibt Hinweisschilder, die so klein sind, dass man sie nur sieht, wenn man weiß, wo sie sind. Koll beginnt seine Reise bei Tempel Nr. 1, obwohl es eigentlich egal wäre, da der Weg ja eine Kreisbewegung markiert. Aber im ersten Tempel gibt es das Stempelbuch und allerlei andere Ausrüstung. Im Film wird in regelmäßigen Abständen der Fortschritt eingeblendet, ausgedrückt in der Anzahl der erreichten Tempel und der bewältigten Kilometer. Im Verlauf der Reise kommentiert Koll immer wieder seinen Zustand, sowohl seinen körperlichen als auch den seelischen. Ersterer bereitet erst gegen Ende Probleme: Wie erwartet, erschweren Blasen und geschwollene Füße das Fortkommen. Der seelische Zustand „leidet“ vor allem darunter, dass Koll jede Menge Zeit zum Nachdenken hat. Er stellt seine Beziehung zu anderen Menschen auf den Prüfstand und konstatiert, dass er mit jedem Kilometer egozentrischer wird und seine Gedanken sich permanent im Kreis drehen.