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Anonymer User
5,0
Veröffentlicht am 25. Februar 2010
Deutschland 09 ist genial. Ob nun Deutschland im Morgengrauen oder das Ende auf dem Mond. Alle Filme haben etwas besonderes, etwas unvergleichbares.
Deutschland erwacht im Morgengrauen, alle lachen bei "Joshua", aber wenn Hans Weingartners Beitrag kommt verstummt der Saal. Es ist eine Berg- und Tal fahrt der Stimmungen. Ein vielschichtiges, eigendlich nicht zusammenpassendes Werk.
Es ist ein Pflichttermin für alle, die das Mainstreamkino satt haben und einen kritischen blick auf Deutschland nicht scheuen.
Deutschland 09 leidet unter völlig vorhersehbaren Problemen, der arme Zuschauer wird völlig ermüdet und verstört.
Wenn renommierte deutsche Künstler sich mit völlig freier Hand über Deutschland äußern sollen, ist klar was passiert: Allen wollen ganz ganz künstlerisch anspruchsvoll sein und alle wollen uns mit miefigen Frankfurter-Schulen-Kulturpessimusmus darüber belehren, wie entmenschlicht die technisierte Effizienz-Gesellschaft ist. Dementsprechend will jeder Beitrag den nächsten an Originalität und künstlerischem Anspruch übertreffen, während dem Zuschauer gleichzeitig wegen der vielen kurzen Beiträge jede Möglichkeit fehlt, diesem Anspruch mit einer gewissen Nachdenk- und Verarbeitungszeit gerecht zu werden. Während er sich noch verwundert fragt, was ihm das eben gesehene nun eigentlich sagen sollte und er sich an die außergewöhnliche Darstellungsweise gerade zu gewöhnen anfängt, werden seine Gedankengänge sofort durch den nächsten Beitrag wieder völlig auseinander gerissen. Die löbliche Ausnahme ist hier Daniel Levis fröhlich-leichter Clip, des Erholpotential leider nicht genutzt wird, weil er sogleich am Anfang kommt. Eine weniger löbliche Ausnahme ist der auch nicht so anspruchsvolle Minithriller „Gefährder“. Der ist zwar auch seicht, aber hier hätte man sich doch gewünscht, dass das schematische politische Weltbild des Autors durch eine künstlerische Fassade etwas verschleiert würde. Der Beitrag wirkt wie dumpfeste Propaganda, die sich sogar in die Verschwörungstheorie versteigt, die „militante gruppe“ sei ein Konstrukt des Verfassungsschutzes, um den Ausbau des Überwachungsstaates zu legitimieren.
Und da tut sich das zweite Problem aus. Fast alle Beiträge sind furchtbar links. Das langweilt durch seine Einseitigkeit. Zwar ist auch Hollywood links. Nur nicht so furchtbar kulturpessimistisch links. Wenn sich am Ende ein pessimistischer Beitrag an den nächsten reit, hebt das natürlich nicht die Stimmung des Zuschauers. Darüber hinaus überschreiten einige der politischen Thesen die Grenze zur Unsinnigkeit. Zu nennen ist da die obige Verschwörungstheorie. Oder ein Beitrag, bei dem Autor einen Zusammenhang zwischen Gebäudesanierung und Diktatur knüpft. Besonders Schwach ist ein Clip über einen bayrischen Unternehmer, welcher die FAZ-Redaktion wegen der Entfernung der Frakturschrift mit dem neuen Layout erschießt, nicht ohne zuvor alle aktuellen Ausgaben zu verbrennen. Die Aussage: In der Leserschaft der FAZ findet sich der unternehmerische bayrische Spießer und in dem lauert der Faschismus. Ja, der Faschismus. Der Beitrag verwirrt völlig – ist auch ein bisschen lustig – weil das Dargestellte so unglaublich absurd ist – bis einem dann klar wird, dass der Autor diesen Zusammenhang völlig ernst meint.
Irgendwann sitzt man dann konzentrationsmäßig erschöpft und durch den Dauerpessimismus frustriert in seinem Sessel und hofft, dass es vorüber geht. Filme, die als Einzelbeiträge originell wären und zum Nachdenken angregten, sind in dieser Zusammenstellung zu einseitig und zu ermüdend.