Nachdem der Wettlauf ins All zwischen den USA und der Sowjetunion bereits in den 1950er Jahren begonnen hatte, entschiedenen die Amerikaner mit der Mondlandung am 16. Juli 1969 das Rennen schließlich für sich. Drei Jahre später stellte die UdSSR, nachdem alle vier N-1-Raketen beim Start explodiert waren, ihre Anstrengungen einer Mondlandung endgültig ein. Nun kann man den Versuch der russischen Filmindustrie, mit Nikolai Lebedevs „Wolfhound“ ein groß produziertes Fantasy-Epos auf die Beine zu stellen, durchaus mit dem Mondduell vergleichen. Mit Peter Jacksons Verfilmung der Herr der Ringe - Trilogie ist Hollywood vor wenigen Jahren sprichwörtlich zum Mond geflogen, und mit „Wolfhound“ wollen die Russen es der Traumfabrik nun gleich tun. Dabei hatten sie schon am Start die schlechteren Karten. Auch wenn es sich um das höchste Budget der post-sowjetischen Ära handelt, sind 20 Millionen Dollar (inklusive Marketing) bei Produktionen in dieser Kategorie wohl doch eher eng bemessen. Und die literarische Vorlage von Mariya Semyonova ist auch nur in der Heimat wirklich populär, kann so mit Tolkiens weltweitem Kultstatus kaum mithalten. Dennoch gibt es einen eklatanten Unterschied zwischen dem Scheitern des russischen Weltraumprogramms und „Wolfhound“: Zweiterer ist nämlich zumindest angekommen. Und bietet dabei, auch wenn er dem Vergleich mit dem übermächtigen US-Vorbild erwarteter Maßen nie standhalten kann, überraschend gute Unterhaltung.
Als er noch ein kleiner Junge war, wurde Wolfhounds (Aleksandr Bukharov) gesamter Stamm von dem mächtigen schwarzen Krieger Zhadoba und seinen düsteren Schergen ausgelöscht und er selbst in die finsteren Mienen des Man-Eaters (Aleksandr Domogarov) verschleppt, wo er als Sklave bis zur totalen Erschöpfung schuften musste. Doch ihm gelang die Flucht. Und nun hat er nur noch ein Ziel - Rache! Bevor er sich jedoch seinem Erzfeind zuwenden kann, muss er sich erst einmal um Galirads Prinzessin Helen (Oksana Akinshina) kümmern. Um den Frieden zwischen zwei Königreichen zu bewahren, soll diese verheiratet werden. Hierzu muss sie durch feindliches Territorium reisen und heuert Wolfhound, der ihr bereits zwei Mal das Leben gerettet hat, als Leibwächter an. Trotzdem gelingt es Zhadoba, die Prinzessin zu entführen. Mit ihrem Blut will er die verbannte Todesgöttin Moranna befreien. Gemeinsam mit seinen Gefährten stellt sich Wolfhound dem Bösen in den Weg...
Wie bei eigentlich jeder Verfilmung eines allgemein beliebten Buches stimmten russisches Publikum und Kritik auch unisono ein Gemecker an, als mit „Wolfhound“ die Leinwandversion des ersten Teils der „Volkodav“-Romanserie von Mariya Semyonova als größter Start der russischen Kinohistorie in die Lichtspielhäuser stürmte. Zu bedeutend seien die Veränderungen im Vergleich zur Vorlage, war das Hauptargument. Und wirklich vernachlässigt Regisseur Lebedev die in der slawischen Mythologie verwurzelten Ursprünge des Ausgangsstoffs, würzt diesen stattdessen mit den international üblichen Fantasy-Zutaten. So funktioniert „Wolfhound“ als treue Literaturumsetzung nur bedingt, aber als alleinstehendes Werk versteht er dennoch zu überzeugen. Dabei macht der Film zunächst einmal nicht den Fehler, an dem zuletzt Harry Potter und der Orden des Phönix scheiterte. Anstatt wie in diesem alle Charaktere gleichermaßen zu beschneiden, konzentriert sich Lebedev auf seine beiden Protagonisten Wolfhound und die Prinzessin. So fällt es angenehm leicht, sich mit diesen zu identifizieren und trotz der Verknappung auch emotional in die Geschichte einzusteigen. Bei einigen der Nebenfiguren bleibt die altbekannte Problematik natürlich bestehen – die Auftritte sind zum Teil so eingedampft, dass man sie lieber ganz hätte streichen sollen. Weiter wird es gerade zum Ende hin durch die immer größer werdenden Sprünge ein wenig holprig, so geht auch das Gefühl für die epischen Ausmaße der Reise streckenweise verloren.
Auf der Habenseite von „Wolfhound“ stehen zu aller erst die reichlich vorhandenen Schauwerte. Die Spezialeffekte, allen voran Wolfhounds verspielter Begleiter, eine computeranimierte Fledermaus, halten ohne Probleme die internationalen Standards, auch wenn es bis zu den visuellen Zaubereien von George Lucas’ Effektschmiede „Industrial Light & Magic“ zugestandener Maßen noch ein weiter Weg ist. Auch in Sachen Ausstattung und Settings kann die Produktion überzeugen, Russlands Landschaften werden passend in die stark mittelalterlich geprägte Fantasy-Welt mit eingebunden. Ein weiterer Punkt der Kritiker waren die Actionszenen, die mit schnellen Schnitten und vielen Nahaufnahmen durchsetzt sind. Aber genau so sehen 60 Prozent der Hollywood-Streifen auch aus, diese „moderne“ Art der Inszenierung ist und bleibt ganz einfach Geschmackssache. Dafür sind die Kämpfe aber zumindest schön abwechslungsreich angelegt. Vom obligatorischen Schwertduell, über eine Bud-Spencer-Gedächtnis-Prügelei und eine Auseinandersetzung mit bösem Nebel (!) bis hin zum Showdown, bei dem ein Laserschwert zum Einsatz kommt, das Luke Skywalker wohl vor (Penis-)Neid erblassen lassen würde, präsentiert sich hier eine leicht krude, aber auch gerade deshalb so charmant-unterhaltsame Mischung. Nur bei der visuellen Umsetzung der religiösen Elemente ist der Film ein wenig über das Ziel hinausgeschlossen. Wolfhounds Mutter, die ihm manchmal als Moralapostel erscheint, wirkt als hell strahlender Jesus-Ersatz doch arg ikonenhaft.
Fazit: Ebenso klar wie er den direkten Vergleich mit Peter Jacksons Herr der Ringe - Trilogie verliert, so deutlich geht er aus dem Rennen mit Eragon - Das Vermächtnis der Drachenreiter als Sieger hervor – mit „Wolfhound“ ist der russischen Filmszene ein Fantasy-Epos gelungen, welches – von der rauen slawischen Sprache mal abgesehen – auch ohne weiteres als grundsolider Hollywood-Reißer durchgehen würde.