Spinner, denkt der kleine Mann im Kopf des Journalisten Bob Wilton, nachdem er Gus Lacey interviewt hat. Der behauptet, bei einem streng geheimen militärischen Projekt in der Anwendung übersinnlicher Fähigkeiten ausgebildet worden zu sein. Zum Beweis zeigt er Bob ein Video, in dem er seinen Hamster anstarrt, bis dieser umkippt, und nennt ihm ein paar Namen. Bob denkt sich sein Teil und als seine Frau ihn verlässt jettet er lieber in den Nahen Osten, um Berichterstatter im Irakkrieg zu werden. Doch mangels Einreisegenehmigung bleibt er in einem schicken Hotel in Kuwait City hängen. Unversehens trifft er dort ausgerechnet auf Lyn Cassady – laut Gus Lacey der begabteste aus der parapsychologischen Kampftruppe…
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George Clooney macht sich gerne mal zum Affen. Für einen Star seines Ranges, Frauenschwarm, Oscar-Preisträger, politisch engagiert und nicht zuerst im Komödienfach zu Hause, tut er dies sogar reichlich häufig. Ob für die Coens in „O Brother, Where Art Thou?“ (2000), „Intolerable Cruelty“ (2003) und „Burn After Reading“ (2008), oder in der Indie-Produktion „Safecrackers“ (2002), mit und gegen das eigene Image spielt der Charmeur ebensogerne an, wie er sich in anspruchsvolleren Stoffen wie „Syriana“ (2005), „Michael Clayton“ (2007) und zuletzt „Up in the Air“ (2009) beweist. Grant Heslov, der zusammen mit Clooney dessen gefeierten „Good Night, and Good Luck“ (2005) schrieb und produzierte, gibt ihm und einer ganzen Armada weiterer Stars nun die nächste Gelegenheit, mal genüsslich aus sich herauszugehen. Seinem abgedreht aufspielenden Cast verdanken die „Men who stare at Goats“ dann auch die größten Stärken, die so manches Einknicken der aberwitzigen Story unter den Blicken des Zuschauers auffangen.
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Obwohl, Story? Davon ist erstmal gar nicht viel vorhanden und das steht dem Film sogar ziemlich gut. „The Men who stare at Goats“ verlässt sich über lange Zeit auf die Absurditäten, derer er sich bedient. Basis dafür ist Jon Ronsons gleichnamiges Sachbuch, in dem über drei Dekaden die Entwicklung militärischer Programme zur Ausbildung parapsychologisch begabter Soldaten verfolgt wird und das einen Bogen schlägt zu heutigen Verhörmethoden im Irakkrieg und dem Gefangenenlager Guantanamo. Neben der psychologischen Folter der Kriegsgefangenen durch ununterbrochene Beschallung mit dem Titelthema der Kinderserie „Barney & Friends“ geht es sowohl im Buch, als auch im Film um den vor Jahrzehnten gefassten Glauben, durch Wände gehen und allein durch mentale Kraft Ziegen mit Blicken töten zu können. Nach einer Nahtoderfahrung im Vietnamkrieg und intensiven Studien der New Age-Bewegung führt im Film der Ausbilder Bill Django die New Earth Army an, deren Jedi-Krieger Konflikte mit friedlichen Methoden beeinflussen sollen. Die Feindseligkeit soll den Gegnern schlicht aus dem Gehirn gedacht werden.
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Nachdem sie sich im Hotelzimmer unterhalten haben wird die Rahmenhandlung um Lyn Cassady, der hinter Bob Wilton mehr vermutet und ihn auf eine geheime Mission quer durch den Irak mitschleppt, immer wieder mit Flashbacks und diese sogar von noch weiter back geflashten Flashbacks angereichert. Das Pentagon kommt für Sold und Spesen auf, während Bill Django sich auf seinen Erleuchtungstrip begibt, der über Nacktbaden in Whirlpools, grüne Wiesen und Sprünge von Häuserdächern führt. Die Haare werden immer länger und schließlich kehrt Django in Love and Peace zum Militär zurück. Unter dem Banner der New Earth Army sollen sich die Kräfte des Guten vereinen. Besonders in diesen Rückblenden ist „The Men who stare at Goats“ unverschämt komisch, während Lyns und Bobs abenteuerliche Fahrt durch die Wüste vor allem von der ungläubig-zweifelnden Neugierde des Journalisten und der absolut trockenen Vorführung seiner Kräfte des Jedi-Kriegers lebt. Der führt Bob mit aller Selbstverständlichkeit die Blitzaugentechnik vor und während er eine dicke Wolke am Himmel auseinanderstarrt donnert er ihren Wagen geradewegs gegen den einzigen Stein weit und breit.
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Über lange Strecken ist das in all seiner Aberwitzigkeit einfach nur wahnsinnig unterhaltsam und etwa zur Hälfte des Films ist man tatsächlich geneigt, ihn als das satirische Beklopptenfest zu feiern, dass man sich von „The Men who stare at Goats“ allein schon des Titels wegen versprochen hat. Nun hört die Geschichte zwar über den Mittelpunkt nicht einfach mit dem Witzigsein auf und wird auch nicht etwa kreuzbrav, aber, und das hat man wohl ebenfalls von den Anspruchs-Ansprüchlern Clooney und Heslov erwarten können: wenn schon ein Bezug zur amerikanischen Kriegspolitik, zum Irak und Guantanamo besteht, dann soll der sich nicht bloß in Albernheiten ergehen. Ob nicht aber auch damit genug Botschaft angekommen wäre, oder ob „The Men who stare at Goats“ nicht sogar kackendreist auf sowas wie eine Aussage hätte verzichten können, das muss man sich dann leider schon fragen. Denn wenn Lyn einem Iraki versichert, dass nicht alle Amerikaner schießwütig sind und es auch in den USA Entführer und überhaupt überall schwarze Schafe gibt, dann ist das, was der Film sich an moralischen Momenten abnötigt, irgendwie vergleichbar mit der Szene, in der sich einer der Jedi-Lehrer Sandsäcke an die Eier kettet und einer der Rekruten fragt, wo diese Technik praktische Anwendung findet.
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Das „The Men who stare at Goats“ bei dem ganzen scheinbaren Unsinn seine Figuren nie der kompletten Lächerlichkeit preisgibt ist hingegen durchaus eine Stärke. Eben daran krankte die letzte, ähnlich hochkarätig besetzte Groteske der Coens, „Burn After Reading“, bei der beinahe ausnahmslos jede Figur wirkte, als wolle sie ihrem Darsteller bloß möglichst viel Gelegenheit bieten, sich total zum Horst zu machen. Bei „The Men who stare at Goats“ nun sieht man nicht zuerst den Star, sondern tatsächlich Charaktere. So irrsinnig der Glauben auch sein mag, den die Jedi-Krieger an sich selbst haben: sie stehen zu ihren Überzeugungen, keiner will seine Fähigkeiten zum Bösen gebrauchen, »I'm liberating this base!« ruft Bill Django. Ihre Gemeinschaft stärkt diese Männer, die vorher Außenseiter, Ausgestoßene waren. Verbitterung bleibt zurück, als der eifersüchtige Larry Hooper Django verrät, die Einheit aufgelöst wird und ihre Methoden plötzlich zu ganz anderen Zwecken angewendet werden, den Jedi-Kriegern ein ganzes Lebensgefühl verloren geht. Das mag zum Teil einen ziegenhufbreit zu sentimental geraten, aber es gibt den Figuren eben auch ein Leben und eine Identität über die Narretei hinaus.
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Aber, um mal nicht zu viel hineinzuinterpretieren, zurück zum Wesentlichen. Im Zehnminutentakt laufen in „The Men who stare at Goats“ die gerngesehenen Gesichter auf, Stephen Lang, Ewan McGregor, George Clooney, Jeff Bridges, Kevin Spacey, Robert Patrick, kurzum: ein gar fürstliches Aufgebot. In Sachen Spiellaune steht keiner dem anderen nach. Trotzdem verdünnt sich die Gag-Dichte im Laufe des Films durch die ernsten Zwischentöne und wenn es mit den Flashbacks vorbei und sich die dadurch geschaffene Handlungsebene mit der Rahmenhandlung zum Schlussakt verbindet, tritt auch eine gewisse Highlightarmut ein. Das drogengeschwängert-pazifistische „go out and tell’em the truth“-Ende kann daran auch nicht mehr viel ändern. Aber: als Gesamteindruck bleibt doch haften, dass man sich bei „The Men who stare at Goats“ meistens gut, teils sogar prächtig amüsiert hat. Das schreibt man wohl weniger als dies zu vermuten gewesen wäre der Story zu, zumindest jedoch den tollen Darstellern. Grant Heslov macht mit seiner Inszenierung nichts schwerwiegendes falsch, Slapstick-Einlagen, Dialoge und zwischenzeitliche Ausreißer in Kriegsactiongefilde inszeniert er auf den Punkt, gegen die Tonverfehler des Drehbuchs kann er dennoch wenig ausrichten. Rolfe Kents Score ist nicht der einfallsreichsten einer, aber immerhin fidel genug, um für heitere Laune zu sorgen. So, wie das „The Men who stare at Goats“ trotz einiger Schwächen letztlich auch insgesamt gelingt.
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Komplette Review siehe: http://christiansfoyer.wordpress.com/2010/03/19/review-the-men-who-stare-at-goats/