Nicht genug, dass die Alten jetzt immer länger arbeiten sollen - nein: sie sollen auch noch länger Sex haben, Liebslust und -leid unlimited?
Erst langsam dämmert mir der Wert des Films. Auch durch einige Beiträge hier wird mir die Fiktion bewusst: Kein Rentnerpaar wird so einfach einen Quicky hinlegen und keine sexualisierte Oma masturbiert so mal nebenbei in der Badewanne - das Leben ist nicht so, Gott sei Dank! Der Hormonspiegel nimmt nun mal im Alter ab, über die Funktion der Sexualität läßt sich viel reden, eine Funktion hat sie: die Funktion der Fortpflanzung. Diese Aufgabe hat das Alter nicht mehr.
Der Film ist auch kein zeitkritischer Beitrag zur übersteigerten Liberalität des Beziehungs- und Sexuallebens einer versingelten Gesellschaft, in der die Ehe, Familie, oder etwas ähnliches, immer weniger existenzsichernd ist. Im Job ist Flexibilität angesagt für eine optimale Verwertung im Produktionsprozess. Warum also nicht sich mit 65 (oder mehr) einfach verlieben, den alten Partner nach dreißig Jahren verlassen und so weiter? Schön, wenn der Körper das noch mitmacht, wenn der neue Freund auch noch eine geräumige Wohnung hat, und: ich ziehe aus, nehme mir eine eigene Wohnung. Schön, wenn dann auch die Rente (oder Pension) noch für eine zusätzliche Wohnung reicht. Nein, auf dem Hintergrund zunehmender Altersarmut passt das alles nicht so recht.
Auch Freunde auf der Suche nach der perfekten Beziehung finden hier wenig Verwertbares. Was habe ich falsch gemacht, ist eine belanglose Frage in einem Film, der ein einfaches Beziehungsdrama skizzenhaft darstellt, ohne Schnörkel, ohne Hintergründe, ohne auch nur den Ansatz einer Analyse zu ermöglichen. Die Gewohnheit mit dem bahnfahrenden Ehegatten einerseits, dagegen die Radtour mit dem Lover andererseits, stehen hilflos und konstruiert nebeneinander. Warum musste es so kommen, was hätte Frau oder Mann anders machen können?
Was bleibt ist ein Film mit wenig Worten (deshalb auch international gut verwertbar). Ein Film, der ein Beziehungsdrama mit alten Leuten besetzt, die sich verliebte Blicke zuwerfen und auch noch Sex haben. Nichts von der voyoristischen Wirkung jugendlicher Körper oder Hollywoodschönheiten, wenn es zur Sache geht. Ganz im Gegenteil: Falten und sexuelles Versagen. Ich als Zuschauer bleibe eher ungerührt, wenn nicht sogar angeekelt. Die Liebeszenen passen nicht aufs Alter.
Was bleibt ist ein (vermutlicher) Suizid des Ehegatten und der hysterische Zusammenbruch auf dem Bett des Lovers. Ich bin bei dem Film aus allen Wolken gefallen. Ich kenne bisher keinen Film, der Schattenseiten so gekonnt dargestellt hat wie dieser.