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    Spritztour
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Spritztour
    Von Anna Lisa Senftleben

    Bei Teenie-Sexkomödien, die vom Verlust der Jungfräulichkeit als bedeutungsvollstem Lebensziel erzählen, sind Schlüpfrigkeiten an der Tagesordnung. Nur selten gelingt es Filmemachern diese Prämisse außer mit mehr oder weniger amüsanten Peinlichkeiten an der Oberfläche auch mit emotionaler Wahrhaftigkeit zu versehen. Genau diese zeichnet American Pie aus, was von den Trittbrettfahrern, die dem Erfolg der Weitz-Brüder nacheifern wollen, meist übersehen wird. Ausnahmen wie Superbad bestätigen die Regel, Greg Mottola gelang die Gratwanderung zwischen peinlichem Abklatsch und Klamauk mit Anspruch: Die Mischung aus talentierten Jungschauspielern, provokativ zotigem Witz, der nie die Grenzen der Geschmacklosigkeit überschreitet, und einer simplen, aber einfühlsamen Coming-Of-Age-Geschichte erwies sich bei Publikum und Kritik gleichermaßen als Erfolg. Was bei Superbad funktionierte, geht nun bei „Spritztour" einmal mehr gründlich schief. Regisseur Sean Anders kann in keiner Weise an seine Vorbilder anknüpfen, vielmehr unterstreichen die krampfhaften Versuche, ihnen nachzueifern, die Defizite des Films noch. Mit schlechten Witzen, die meist auf Kosten von Frauen und Schwulen gehen, und einer ebenso durchsichtigen wie abgeschmackten Moral zementiert „Spritztour" leider nur den schlechten Ruf seines Genres.

    Chicago, der letzte Sommer vor dem College: Ian (Josh Zuckerman) ist mit 18 immer noch Jungfrau. Wenig hilfreich auf der Suche nach der geeigneten Sexualpartnerin erweist sich dabei sein Ferienjob als Webezettel verteilender, überdimensionaler Donut. Da bleibt nur die Flucht in virtuelle Welten. Ein attraktives Internet-Profil lässt sich leicht zurechtschwindeln, und so lernt der „Football-Star" im Chat bald die Reinkarnation des amerikanischen Männertraums kennen: den blonden, vollbusigen Pamela–Anderson–Verschnitt Ms. Tasty (Katrina Bowden). Mit diesem Bild im Kopf erträgt Ian die fiesen Sprüche seines großen Bruders Rex (James Marsden) ein wenig besser und es hilft ihm auch darüber hinweg, dass sogar sein jüngerer Bruder Dylan (Cole Petersen) mehr Erfolg beim weiblichen Geschlecht hat als er selbst. Doch unverhofft scheinen sich Ians feuchte Träume vom ersten Geschlechtsakt zu erfüllen – sexy Ms.Tasty will sich ihm hingeben. Pech nur, dass zwischen ihm und der willigen Traumfrau 500 Meilen liegen. Kurzerhand „leihen" Ian und sein Kumpel Lance (Clark Duke) den 1969er Pontiac GT von Ekelpaket Rex und machen sich auf den Weg. Mit Ians bester Freundin Felicia (Amanda Crew) im Schlepptau geht es auf eine Spritztour Richtung „Erstes Mal". Und das der Weg dorthin oft nicht unbedingt gradlinig verläuft, ist spätestens seit American Pie bekannt...

    Regisseur Sean Anders („Never Been Thawed") lässt es zu Beginn krachen und bietet intermediales Kino vom Feinsten: Ironische Verweise auf Youtube, Flirtchats und Cybersex machen Lust auf mehr, die Titelsequenz ist ein klitzekleines postmodernes Comedy-Feuerwerk. Der vielversprechende Start mündet dann aber abrupt in ein Missgeschick mit einer verunreinigten Boxershorts und einem gebrochenen Arm sowie in einen dämlichen Auftritt des jungen Helden als Riesen-Donut mit angeklebtem Plastikpenis. Story und Charaktere sind ohnehin von Anfang an den Kategorien „vorhersehbar" und „klischeebehaftet" zuzuordnen.

    Die drei Hauptfiguren Ian, Lance und Felicia sind nicht unsympathisch, aber die Charaktere bleiben unterentwickelt und die jungen Darsteller wirken unscheinbar. Das gilt sowohl für Josh Zuckerman (Austin Powers in Goldständer, Feast) und die attraktive Amanda Crew (She's The Man, Final Destination 3), als auch für Clark Duke, der durch die Internet-Comedy-Serie „Clark And Michael" bekannt wurde, die er mit seinem Superbad-Partner Michael Cera (Juno, Nick und Norah) bestreitet. Einzig James Marsden (27 Dresses, Verwünscht) als fieser und überspitzt homophober großer Bruder Rex und Seth Green (Trouble ohne Paddel, Ein Trauzeuge zum Verlieben) als sarkastischer Amish Ezekial fallen im weitgehend farblosen Ensemble durch eigene Akzente auf.

    Wie es sich für ein Road-Movie gehört, geraten die drei Reisenden in eine ganze Reihe verrückter Situationen und begegnen den unwahrscheinlichsten Typen. Ein ungewollter Umweg zu einer Amish-Gemeinde findet seinen Höhepunkt im traditionellen „Rumspringa"-Ritual, das es übrigens in weniger drastischer Form wirklich gibt. Da dürfen die jungen Amish-Schäfchen noch einmal so richtig die Sau rauslassen, bevor für sie das strenge Gemeindeleben beginnt. Hier trifft Lance, der Casanova mit Daniel-Küblböck-Charme, seine große Liebe Mary (Alice Greczyn,38178Ein Duke kommt selten allein, Shrooms), nachdem er sich und seine Reisekumpane zuvor mit merkwürdigen Sexspielchen und anderen schlechten Ideen in brenzlige Situationen gebracht hatte. Nach weiteren haarsträubenden Episoden steuert „Spritztour" auf einen Showdown zwischen Ian und Rex zu, bei dem die perfekte Verwendung peinlicher Kostüme demonstriert wird.

    Das vom Autorenteam Sean Anders und John Morris nach Andy Behrens' Romanvorlage „All the Way" verfasste Drehbuch hat nur sehr wenige echte Lacher, aber dafür umso mehr Geschmackloses und Fragwürdiges zu bieten. Bezeichnend ist die fast schon genretypische Doppelmoral: Einerseits kommt man ordinär, versaut und übertrieben politisch unkorrekt daher, andererseits wird eine scheinheilige „Wir brauchen keinen Sex vor der Ehe"-Botschaft verbreitet. Diesbezüglich war nicht nur American Pie deutlich differenzierter, sondern auch die Teenie-Komödien aus den Achtzigern wie „Pretty In Pink" und „Das darf man nur als Erwachsener", auf die sich das Autorenduo von „Spritztour" ebenfalls beruft.

    „Spritztour" macht seinem deutschen Titel zweifelhafte Ehre: Regisseur Sean Anders' Versuch einer Teenie-Komödie ertrinkt geradezu in Körperflüssigkeiten. Die raren witzigen Momente können nicht für die Peinlichkeiten am Fließband entschädigen, der permanente Fäkalhumor und die ständige schwulen- und frauenverachtenden Witzchen sind niveaulos und überhaupt nicht komisch.

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