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    Armored
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Armored
    Von Christoph Petersen

    Die ganze (Männer-)Welt wartet auf den neuen Film des amerikanisch-ungarischen Regisseurs Nimrod Antál, der mit seinem Langfilmdebüt Kontroll für viel Wirbel gesorgt und mit Motel einen soliden Hollywood-Einstand gegeben hat. Damit ist jedoch nicht das Heist Movie „Armored“ gemeint, das Sony nun im Februar in die deutschen Kinos bringt, sondern der von Robert Rodriguez (From Dusk Till Dawn, Sin City) produzierte Predators-Reboot, der für Anfang Juli dieses Jahres in den Startlöchern steckt. „Armored“ macht nun insofern Hoffnung für das anstehende Menschen-gegen-Aliens-Gemetzel, als dass er sich als waschechtes Männerkino erweist. Im ganzen Film gibt es nur eine einzige weibliche Sprechrolle, eine Sachbearbeiterin vom Jugendamt, und auch die kommt nur wenige Minuten vor. Ansonsten präsentiert sich „Armored“ als testosterongetränkter Thriller, der in der zweiten Filmhälfte allerdings arg ambitionslos ausklingt.

    Ty Hackett (Columbus Short) ist gerade erst aus dem Iran zurückgekehrt und muss sich nach dem Tod der Eltern nun um seinen kleinen Bruder Jimmy (Andre Kinney) und das schuldenbelastete Familienhaus kümmern. Doch sein Job bei einem Sicherheitsunternehmen wirft nicht genug ab, um die ausstehenden Raten zu bezahlen. Deshalb ist die Versuchung umso größer, als ihm Kumpel Mike (Matt Dillon) das Angebot unterbreitet, gemeinsam mit einigen anderen Geldtransport-Fahrern einen Überfall vorzutäuschen und die geladenen 42 Millionen Dollar selbst einzusacken. Der Plan scheint perfekt. Weil es keine echten Gangster gibt, kann ja eigentlich auch nichts schieflaufen. Doch die Sache läuft dennoch ganz gehörig aus dem Ruder. Schließlich sitzt Ty im Geldtransporter in der Falle, während seine Kollegen, die ihm nun an den Kragen wollen, das in einem abgewrackten Industriegebäude stehende, schwer gepanzerte Sicherheitsfahrzeug innerhalb von 50 Minuten aufzubrechen versuchen…

    Der Auftakt gefällt. Trotz seiner relativ kurzen Laufzeit von gerade einmal 88 Minuten lässt sich „Armored“ nämlich angenehm viel Zeit, um seinen Protagonisten einzuführen. Die familiären und finanziellen Probleme von Irakkriegs-Heimkehrer Ty werden glaubhaft geschildert. Das hat nichts mit der bunten Glitzerwelt der Ocean’s Eleven-Filme gemein. Hier planen keine coolen Profis, die aussehen wie Supermodels und Casinos sowieso nur wegen dem Spaß an der Freude ausnehmen, sondern kleine Leute von der Straße einen Coup, der ihnen schnell über den Kopf wächst. Das ist vielleicht nicht ganz so kurzweilig wie die Split-Screen-Orgien von Steven Soderbergh, bietet aber bedeutend mehr emotionalen Sprengstoff. Es sind eben keine abgeklärten Gangster, die hier plötzlich gezwungen sind, einen der ihren aus dem Weg zu räumen.

    Für ein spannendes psychologisches Duell zwischen dem verschanzten Ty und seinen Ex-Kumpels außerhalb des Trucks spricht auch die eindrucksvolle Besetzung. Neben Newcomer Columbus Short (Stomp The Yard, Quarantäne) als Sympathieträger Ty vervollständigen solch namhafte Darsteller wie Matt Dillon (Oscar-Nominierung für L.A. Crash), Laurence Fishburne (Oscar-Nominierung für „Tina – What’s Love Got To Do With It?“) und Jean Reno („Im Rausch der Tiefe“, Léon – Der Profi) den illusteren Cast. Bei dieser Ansammlung von Charakterköpfen hätte es ohne Weiteres möglich sein müssen, die vertrackte Situation in einem intensiven, psychologisch stimmigen Katz-und-Maus-Spiel münden zu lassen. Doch dieses Ziel verpasst Erstlingsautor James V. Simpson um Längen.

    Sobald die Protagonisten im leerstehenden Lagerhaus feststecken, ist die vorher ausgefeilte Charakterzeichnung plötzlich Schnee von gestern. Mike scheint von einem Moment auf den anderen überhaupt keine großartigen Probleme mehr damit zu haben, nun ausgerechnet seinen gerade noch besten Kumpel platt machen zu müssen. Die wenigen Wendungen, die überhaupt noch kommen, sind Genrestandard, nicht im Geringsten überraschend und werden zudem auch noch ziemlich unmotiviert abgenudelt. Weil Ty durch ein Loch im Boden des Geldtransporters außerdem nach Belieben ein und aus spazieren kann, kommt auch nie eine klaustrophobische Atmosphäre auf. Die Enge des beschränkten Settings wird so vollkommen verschenkt. Genau wie die Qualität der Darsteller, die gegen Ende nur noch brav ihre Dialoge aufsagen, anstatt ihre zweifellos vorhandenen Fähigkeiten zu nutzen, um sich mit psychologischer Raffinesse bis aufs Blut zu bekriegen.

    Fazit: Nimrod Antáls „Armored“ präsentiert sich als solide abgespulter, gut gespielter, aber leider auch gänzlich überraschungsfreier Action-Thriller.

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