Dem Volksglauben nach hat der Weihnachtsmann den längsten Bart, aber inzwischen konkurrieren immer häufiger auch romantische Komödien um diesen Titel. Jonas Elmers Alle-Städter-sind-oberflächlich-auf-dem-Lande-sind-die-Menschen-noch-herzlich-und-dort-ist-sowieso-alles-besser-Komödie „New In Town“ ist nun der wohl vorhersehbarste Film der Saison. Das ist im Rom-Com-Genre zwar mittlerweile Standard, aber so lieblos wie hier wurden die üblichen Klischees selten heruntergekurbelt. Auch das Mitwirken von Renée Zellweger und Harry Connick Jr. verhindert den künstlerischen Totalschaden nicht.
Lucy Hill (Renée Zellweger) ist eine erfolgreiche Power-Geschäftsfrau aus dem ewig sonnigen Miami. Für ihre Firma übernimmt sie - nicht ganz freiwillig - einen besonders heiklen Auftrag. Im winterlichen Minnesota dörrt im verschneiten Kaff New Ulm eine Lebensmittel-Produktionsstätte vor sich hin. Lucy soll den Laden unter die Lupe nehmen und die entsprechenden Schritte einleiten, um das Geschäft wieder profitabel zu gestalten. Zur Not sollen auch Stellen abgebaut werden. Im schlimmsten Fall droht gar die Schließung der Anlage. Die Dorfbewohner begegnen Lucy mit brachialer Skepsis und Ablehnung. Als sie sich mit dem stoischen Vorarbeiter Stu (J.K. Simmons) anlegt und ihn feuert, droht der Kleinkrieg zu eskalieren. In dem Gewerkschaftsvertreter Ted (Harry Connick Jr.) findet Lucy nach anfänglichen Irritationen einen ersten Verbündeten. Bald verbindet die beiden mehr als nur eine rein geschäftliche Beziehung…
Nick Schager vom Slant Magazine hat seine ganz eigene Theorie zu „New In Town“. Der Kritiker vermutet, dass Jonas Elmers Kleinstadt-Posse nach der Schließung von Guantanamo von den US-Militärs zur Terrorabwehr genutzt wird und das Aufführen dieses Werks als Ersatz für die Maßnahmen im Folterknast herhalten muss. Immerhin hielt sich die Zahl der Freiwilligen, die „New In Town“ in den US-amerikanischen Kinos sehen wollten, in sehr überschaubaren Grenzen. Aber im Ernst: Die romantische Komödie ist Kino aus der Mottenkiste. Mehr dümmliche Klischees passen nicht in einen Film. Die Eingeborenen des US-Bundesstaates Minnesota werden zunächst als grenzdebile, sonderliche Volltrottel vorgeführt, die im Laufe des Films beweisen, dass sie das Herz am rechten Fleck tragen. Und Florida-Karrierefrau Lucy muss lernen, dass es auf dem platten Land halt doch am schönsten ist und die Ureinwohnerschaft sogar den Mann ihres Lebens für sie bereit hält. Gähn.
Das alles wäre noch kein filmischer Weltuntergang, doch die uninspirierte Art und Weise, mit der Jonas Elmer hier sein Programm abspult, ist schon dreist. Der Däne gönnt seinem Publikum, das er offensichtlich nicht für voll nimmt, nullkommanull Überraschungen. Jede Szene nimmt sich stets selbst vorweg. Warum nun ausgerechnet Elmer („Nynne“, „Monas Verden“) nach Hollywood abberufen wurde, bleibt schleierhaft. In seiner nordischen Heimat tat sich der Filmemacher nicht gerade als Meisterregisseur hervor. Zu seinem US-Debüt steuert Elmer nun keinen Funken Kreativität bei, vielmehr wirkt sein „New In Town“ handwerklich stellenweise nicht sauber.
Warum um Himmels Willen Oscar-Preisträgerin Renee „Bridget Jones“ Zellweger (Jerry Maguire, Chicago, Unterwegs nach Cold Mountain) sich für diese eindimensionale Rollenschablone hergegeben hat, ist ebenso wenig nachvollziehbar. Mit einem Minimum an Einsatz verhindert sie eine Komplettblamage, aber mehr auch nicht. Zumal Elmer Zellweger nicht gerade vorteilhaft in Szene setzt. Jazz-Musiker und Aushilfsschauspieler Harry Connick Jr. (Independence Day, P.S. Ich liebe dich, Copykill) ist wie seine Mitstreiter dem schwachen Drehbuch von Ken Rence und C. Jay Cox (Sweet Home Alabama) ausgeliefert und gibt als Fan von Bier und Pick-up Trucks den Gutmenschen vom Lande, ohne das Klischee zumindest mit Charme zu unterfüttern. In einer Nebenrolle wird der großartige J.K. Simmons (Spider-Man-Reihe, Juno) als Knallcharge verheizt.
In Zeiten der Wirtschaftskrise, die auch die USA hart getroffen hat, soll lauschige Sozialromantik wie „New In Town“ das Herz der Nation erwärmen. Doch auch in dieser Kategorie greift das Trio Elmer, Rence und Cox daneben. Der Plot fällt so hanebüchen und manipulativ aus, dass weder die aufgesetzten Emotionen noch die verlogene anti-kapitalistische Message beim Publikum ankommen.
Fazit: Es ist schon erstaunlich. Während sich in Hollywood der Trend fortsetzt, selbst Filme mit mehr oder weniger bekannten Stars direkt auf DVD herauszubringen, hat Jonas Elmers witzlose Provinz-Farce „New In Town“ doch irgendwie den Weg in die Kinos gefunden. Wer sich für eine „Auf-dem-Land-ist-alles-schöner“-Story interessiert, dem sei der Gang in die Videothek empfohlen: Michael Caton-Jones‘ „Doc Hollywood“ (1991) mit Michael J. Fox bietet auch keine originellere Geschichte, dafür aber jede Menge Charme, der „New In Town“ leider völlig abgeht. Aber auch im aktuellen Vergleich unterliegt Elmers Werk. Selbst das mittelmäßige, thematisch ähnlich angelegte Sandra-Bullock-Vehikel Selbst ist die Braut liegt hier mehr als nur eine Nasenlänge vorn.