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    Hunting Party - Wenn der Jäger zum Gejagten wird
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Hunting Party - Wenn der Jäger zum Gejagten wird
    Von Björn Becher

    Wie macht man am besten einen Film über einen Umstand, den man selbst für so absurd hält, dass man kaum Worte dafür findet? Regisseur Richard Shepard hat sich dafür entschieden, einen extrem zynischen Weg zu gehen - und dieser erweist sich nachdrücklich auch als der richtige. Leider will er daneben auch noch einen vor Coolness nur so trotzenden Action-Thriller schaffen, dessen Dialoge sowohl Tarantino-Jünger als auch das Nachwuchs-Popcorn-Publikum gleichsam ansprechen sollen. Ein folgenschwerer Fehler, der dafür sorgt, dass der an sich sehr gut durchdachte Polit-Film weit hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt.

    Sie waren die Besten: Der unerschrockene Reporter Simon Hunt (Richard Gere) und sein ihm in jedes Feuergefecht folgender Kameramann Duck (Terrence Howard). Doch bei einem Bericht über ein vom serbischen Kriegsverbrecher Lisica (Ljubomir Kerekes), genannt „Der Fuchs“, verübtes Massaker an den Bewohnern eines muslimischen Dorfes, verliert Hunt bei der Live-Schaltung die Nerven. Betrunken beschimpft er die untätige UNO und die Berichterstattung des eigenen Senders. Der Rauswurf folgt auf dem Fuße. In den folgenden Jahren tingelt Hunt von Nachrichtenkanal zu Nachrichtenkanal, jeder neue Job ein weiterer Abstieg, bis er irgendwann völlig von der Bildfläche verschwindet. Duck hat Hunts Auftritt hingegen kaum geschadet. Er hat weiter Karriere im Sender gemacht und ist nun Chef-Kameramann. Vorbei ist die Zeit der Schussverletzungen, stattdessen kann er jetzt nach getaner Arbeit am Pool liegen und das Leben genießen. Als Duck Jahre später wegen eines Routinejobs nach Serbien zurückkehrt, taucht Hunt plötzlich im Hotel auf. Er bittet seinen alten Freund um einen Gefallen: Er habe herausgefunden, wo sich „Der Fuchs“, mit einem Kopfgeld von fünf Millionen US-Dollar der mittlerweile meistgesuchte Kriegsverbrecher des Landes, aufhalte...

    Man stellt sich schon die Frage, warum es UNO, NATO und vor allem die USA mit den Mitteln ihres Geheimdienstes CIA seit Jahren nicht schaffen, zwei der größten Kriegsverbrecher des Jugoslawien-Krieges (Radovan Karadžic und Ratko Mladic, die Pate für die Figur des „Fuchs“ stehen) zu fassen? Stattdessen wiederholt sich dieses Fiasko sogar seit einigen Jahren in einer anderen Ecke der Welt mit Osama Bin Laden. Will man sie vielleicht gar nicht bekommen, weil man fürchtet, was dann ans Licht kommen könnte? Diese Interpretation macht sich zumindest Shephard mit „The Hunting Party" zu eigenen. Der gelungen-plakative Abspann macht dies noch einmal deutlich, und schon während des Films äußern nicht nur die Protagonisten, sondern auch der hochrangige UN-Soldat Boris (Mark Ivanir) und ein indischer Polizist diesen Verdacht.

    Shephards Film fußt zum einen auf dieser Theorie, zum anderen auf einem 2000 im Esquire Magazin erschienen Artikel von Scott Anderson. Darin erzählt dieser, wie er mit vier Reporterkollegen nach einem Saufgelage beschloss, Jagd auf einen Kriegsverbrecher zu machen – die absurde Aktion wurde schlussendlich von der CIA gestoppt. Shephard greift die Printvorlage allerdings nur punktuell auf, meint aber wohl vor allem diese Storyelemente, wenn er im Vorspann titelt: „Only the most ridiculous parts of this story are true.“ Der Großteil der übrigen Geschichte ist hingegen frei erfunden, um den Film möglichst cool und skurril wirken zu lassen.

    Die Bösewichte – von einem den Schwarzmarkt beherrschenden Zwerg (samt dickem Riesen als Leibwächter), über unheimliche Hinterwäldler, hin zu mit entstellenden Narben gesegneten CIA-Agenten und einem Psychopathen, der sich die Todeswarnung gleich auf die Stirn tätowiert hat, aber beim Anruf der Liebsten auch mal ganz versöhnliche Töne anschlägt – sind so skurril überzeichnet, dass man sich in Fargo oder einem anderen Film der Coen-Brüder wähnt. Dazu kommen bewusst klischeehafte Nebenfiguren wie der Donut fressende Polizist oder der paranoide Soldat. Das ist schlicht und einfach zu viel, auch wenn Shephard sich im Nachspann dadurch retten will, indem er darauf verweist, die Personen gäbe es alle wirklich. Um das Massenpublikum in den Empfängerkreis seiner Botschaft zu rücken, wird viel zu stark und oft die Coolness-Karte ausgespielt. Die Helden sind so cool, dass sie in ihrer eigenen Gegenwart eigentlich frieren müssten und so tough, dass sie in typischer 80er-Jahre-Dampfhammer-Action-Manier in wirklich jeder Situation einen schlagfertigen Spruch auf den Lippen haben. Das vergeht ihnen erst, als eine Axt ihnen die Schädel zu spalten droht. „The Hunting Party“ bietet so zwar kurzweilige Unterhaltung, wirkt bisweilen aber auch wie eine billige Tarantino-Kopie und nicht immer wie die schwarzhumorige Satire, die der Film eigentlich sein will. Wie man es richtig macht, hat zum einen Jason Reitman kürzlich mit Thank You For Smoking gezeigt – oder noch besser David O. Russell mit Three Kings. Zweiterer schlägt in eine sehr ähnliche Kerbe, dort verkommt die Coolness der Helden um George Clooney aber nicht nur zum bloßen Selbstzweck, die Mischung aus Absurdem und Realem funktioniert vielmehr als bissiges Satire-Feuerwerk. Shephard hätte sich diese Filme intensiver anschauen sollen.

    Richard Gere liefert in der Hauptrolle als heruntergekommener, aber charismatischer Reporter eine seiner besten Leistungen der letzten Jahre ab. Er schafft es geschickt, die durch das Drehbuch zu hoch stilisierten Phasen zu überspielen und so wieder ein wenig zu erden. Den schlimmsten Drehbuch-Clou kann allerdings auch er nicht wett machen. Unnötigerweise bekommt seine Figur noch ein privates Rache-Motiv verpasst. Die Szenen hierzu versinken regelmäßig in pathetischem Kitsch. Terrence Howard, der sich aktuell mit Filmen wie Hustle And Flow, Die Fremde in Dir oder Iron Man in die erste Liga Hollywoods vorspielt, darf nur am Anfang sein Talent zeigen. Dort hat er wirklich großartige Auftritte, danach ist er nur noch einer von zwei Sidekicks für Gere. Das groß angekündigte Mitwirken von Deutschlands Hollywoodexport Diane Kruger (Troja, Das Vermächtnis der Tempelritter, Goodbye Bafana) ist fast völlig zu vernachlässigen. Ihre fünf Minuten vor der Kamera haben einzig und allein den Zweck, auch Jesse Eisenberg (Der Tintenfisch und der Wal, The Village), dem dritten der unerschrockenen Männergruppe, seine große Szene zu bescheren. Als kleines Bonmot darf Altstar James Brolin (Unternehmen Capricorn, Catch Me If You Can, No Country For Old Men) eine sehr ansehnliche Performance als erfahrener Anchorman darbieten, während Dylan Baker („Happiness“, Spider-Man-Trilogie), eigentlich einer von Hollywoods Top-Nebendarstellern, gegen das Drehbuch, welches ihm einen „harten“ CIA-Agenten beschert, keine Chance hat.

    Mit der Krimisatire Mord und Margaritas hat Shephard bewiesen, dass er amüsant und kurzweilig unterhalten kann, wenn auch ohne Nachdrücklichkeit. Doch genau um die geht es Shephard hier – und daran scheitert er letztlich. Er will cool und belehrend, sowie absurd und real zugleich sein, versagt aber phasenweise bei der Verknüpfung. Schlecht ist „The Hunting Party“ damit noch nicht. Die satirische Seite sorgt dafür, dass einem zumindest nie langweilig wird, einige Gags sitzen, Geres Performance rettet viel und unspannend ist das Ganze auch nie. Gerade jenes Kinopublikum, welches Andrew Niccols Lord Of War als neues Satire-Meisterwerk abgefeiert hat, wird auch an „The Hunting Party“ für rund 100 Minuten Gefallen finden. Danach werden aber auch sie den Film ähnlich schnell vergessen, wie all jene, an denen mittelmäßige Kinounterhaltung sowieso einfach nur vorbeirauscht. Und das ist gerade bei solch einem brisanten Thema besonders bitter.

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