Jede Epoche des Horrorkinos zieht ihre Inspiration aus aktuell grassierenden Ängsten – egal ob George A. Romero in Die Nacht der lebenden Toten die Leichenberge Vietnams in die amerikanischen Vorgärten verfrachtet, die Zombies in Umberto Lenzis „Nightmare City“ nach einem atomaren Zwischenfall Amok laufen oder Joon-ho Bong mit „The Host“ geschickt das steigende Bewusstsein für Umweltverschmutzung für sich ausnutzt. Dazu kommt dann noch das eine Topic, das bei Menschen immer und überall Angst und Schrecken hervorruft: die katholische Kirche (Der Exorzist, Stigmata). Der wahre Horror unserer Zeit, wenn er nicht gerade von finanzkrisenbedingten Zukunftsängsten verdrängt wird, ist der Krebs. Trotz intensiven Forschungen ist er für den Einzelnen immer noch nicht greifbar, es ist eher so, als ob da etwas unfassbar Böses in einem selber schlummert. Peter Cornwell verbindet die heimtückische Krankheit in seinem „Based on a True Story“-Gruselfilm „Das Haus der Dämonen“ mit Elementen des Spukhaus-Genres. Eigentlich eine vielversprechende Idee, die aufgrund des Mangels an sonstigen Innovationen dennoch scheitert.
Matt Campbell (Kyle Gallner) hat Krebs. Für eine spezielle Therapie müssen er und seine Mutter Sara (Virginia Madsen) immer wieder den langen Weg bis ins ländliche Connecticut auf sich nehmen. Als Sara erkennt, welche schlimmen Auswirkungen die anstrengenden Fahrten auf ihren Sohn haben, beschließt sie, gemeinsam mit Matt und ihren anderen Kindern in die Nähe des Krankenhauses zu ziehen. Die Familie findet auf Anhieb ein geräumiges, aber dennoch bezahlbares Anwesen – ein wahrer Glückstreffer eben. Oder eher doch nicht? Bereits in der ersten Nacht kommt es zu unheimlichen Vorkommnissen: Matt erscheinen geisterhafte Gesichter und kreischende Kreaturen im Spiegel. Außerdem befindet sich im Keller des Hauses, den sich Matt als neues Zimmer auserkoren hat, ein geheimnisvoller Raum mit verdunkelten Fenstern. Bald finden die Campbells heraus, dass die günstige Miete mit dem mysteriösen Kellergewölbe zu tun hat: Das Haus gehörte einst einem Bestattungsunternehmer und der Raum diente als Ort, um die Verstorbenen für ihre letzte Reise vorzubereiten…
Ob man den Erfahrungsbericht eines Wundergeheilten, der dem „Based on a True Story“-Anspruch von „Das Haus der Dämonen“ zugrunde liegt, für voll nehmen sollte, ist fraglich. Wahrscheinlich wäre es gesünder, bereits an der Vorlage vorsichtige Zweifel anzumelden. Aber im Endeffekt entwickelt diese Fragestellung eh keinerlei Bedeutung. Dafür müht sich der Film viel zu sehr am Schema F ab. Das Publikum bekommt 92 Minuten lang handwerklich solide, aber jederzeit bis ins Detail vorhersehbare Schockeffekte serviert, die nur wenig Abwechslung bieten. Erst im stimmungsvollen Finale werden die Spannungsschrauben ein wenig fester angezogen. Dieses blinde Verlassen auf Altbewährtes erstickt jeglichen Versuch, den Horror aus dem realen Leben direkt auf die Leinwand zu zerren, im Kein. Das schlägt auch auf die Krebsthematik voll durch: Es gibt zwar einige Szenen, in denen ein Medium Ektoplasma ausstößt, was dann in etwa so aussieht, als würde der Knabe einen Tumor auskotzen. Ansonsten gibt aber leider kaum eine Korrespondenz zwischen dem Grusel und Matts Krankheit. Eine sträflich vertane Chance.
„Veronika Mars“-Star Kyle Gallner (Red Eye, Red, Jennifer’s Body) verkörpert als Matt zwar den Archetypen des gequälten Jugendlichen (hier gleich im doppelten Sinne: von Schmerzen und Visionen), das aber mit ausreichend Charisma, um das Interesse des Zuschauers wach zu halten. Leider spielen die Produzenten da nur bedingt mit. Immerhin haben sie mit der Oscar-nominierten Virginia Madsen (für Sideways) noch einen namhafteren Pfeil im Köcher, der deutlich mehr Publicity verspricht. Und so wird zwischenzeitlich immer wieder Mutter Sara künstlich zur Hauptfigur erhoben, obwohl der ziemlich simple Charakter der fürsorgenden Beschützerin das vorne und hinten nicht hergibt. So schleichen sich immer wieder unnötige Längen ein, in denen sich Madsen mit großen Emotionen und Gesten abmüht, die die Story aber nicht ein Stück voranbringen.
Fazit: Die Idee eines Horrorfilms rund ums Thema Krebs ist ein vielversprechender Ansatz. Leider geht dieser unter altbackenen Schockmomenten und einer sich in den Vordergrund drängenden Virginia Madsen ziemlich bald verschütt.