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    Henry Poole - Vom Glück verfolgt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Henry Poole - Vom Glück verfolgt
    Von Julian Unkel

    In der Psychologie beschreibt der Begriff Pareidolie die Tendenz des menschlichen Gehirns, auch in zufälligen Formen bekannte Bilder und Muster zu erkennen. Dieses Phänomen, das sich unter anderem auch der berühmte Rorschachtest zunutze macht, sorgt in religiösen Kreisen immer wieder für unkonventionelle Heiligensichtungen. Einer der berühmtesten Fälle ist das Käsesandwich, in dem die Amerikanerin Diane Duyser 1994 das Gesicht der Jungfrau Maria erkannte. Nach eigener Aussage brachte das Sandwich Duyser jahrelang Glück, unter anderem habe sie im Casino 70.000 Dollar gewonnen. Zehn Jahre später versteigerte sie das weiterhin bestens erhaltene Toastbrot über eBay für 28.000 Dollar an ein Casino. Und obwohl solche Geschichten auch unter den meisten Gläubigen bestenfalls als Kuriosität durchgehen, gibt es doch Menschen, die zu solchen Sichtungen pilgern und sie als „Wunder“ anbeten. In Mark Pellingtons Tragikomödie „Henry Poole“ muss sich ein todkranker Luke Wilson nun gleich mit einer ganzen Armada solcher Leichtgläubigen herumschlagen.

    Nachdem sein Arzt ihm eine seltene, unheilbare Krankheit und nur noch wenige Wochen zu Leben attestiert, zieht Henry Poole (Luke Wilson, Die Familie Stone, You Kill Me) zurück in seinen Geburtsort. Dort will er einsam und mit viel Wodka und Tiefkühlpizza sein Leben in Ruhe zu Ende bringen. Doch mit der Ruhe ist es vorbei, als seine katholische Nachbarin Esperanza (Adriana Barraza, Babel) meint, in einem Fleck an Henrys Hauswand das Antlitz Jesu zu erkennen. Während immer mehr Menschen in Henrys Garten strömen, um das vermeintliche Wunder mit eigenen Augen zu sehen, taut Henry dank seiner kürzlich von ihrem Mann verlassenen Nachbarin Dawn (Radha Mitchell, Silent Hill, Mann unter Feuer) langsam wieder auf. Und dann entwickelt der Fleck tatsächliche wundersame Kräfte…

    Eine lebensbejahende Tragikomödie wie „Henry Poole“ erscheint in Mark Pellingtons bisherigem Schaffen auf den ersten Blick wie ein Fremdkörper. Seine Karriere begann Pellington als Musikvideo-Regisseur, er inszenierte unter anderem das vielfach prämierte und kontrovers diskutierte Video zu Pearl Jams „Jeremy“, ehe er mit dem fiesen Psychothriller Arlington Road auch als Spielfilm-Regisseur bekannt wurde. Auch sein nächster Film, der atmosphärische Mystery-Thriller Die Mothman-Prophezeiungen, ist von einer düsteren Handschrift geprägt. Es folgte eine lange Spielfilm-Pause, die mit dem Tod seiner Frau 2004 zusammenhängt. Pellington zufolge ist „Henry Poole“ - dessen Drehbuch er bereits 2003 gereicht bekam, wobei er sich damals aber gegen das Projekt entschied - nun ein besonders persönlicher Film, in dem er seine Verzweiflung über den Tod seiner Frau verarbeitet. Diese persönliche Anteilnahme merkt man „Henry Poole“ auch an. Dank Pellingtons ruhiger, sensibler Erzählweise berührt die Geschichte des desillusionierten Henry, der langsam den Glauben an das Leben wiederfindet, trotz einiger Schwächen.

    Größter Anstoßpunkt ist die Einbettung in eine religiöse Wundererscheinungsgeschichte, die dem Film in den USA bereits viel Kritik eingebracht hat. Die Vorwürfe – geschrieben wurde unter anderem, es handle sich um einen christlichen Erweckungsfilm mit antiwissenschaftlichen Tendenzen – erweisen sich allerdings als übertrieben. Denn auch wenn gewisse christliche Motive vorkommen, so ist „Henry Poole“ trotzdem kein Film über Religion und das Christentum im Speziellen, sondern über den Glauben im Allgemeinen. Doch genau hier hat der Film auch sein größtes Problem. Denn außer solchen ausgelutschten Weisheiten wie „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ und „Mit dem Glauben an sich selbst, kann man alles erreichen!“ bietet das Drehbuch von Debütautor Albert Torres erschreckend wenig. Auch übertreibt es das Skript mit dem Symbolgehalt, Rollennamen wie Patience und Esperanza (Hoffnung) sind eindeutig zu viel des Guten. Immerhin etwas hat Torres absolut richtig gemacht: Sein Protagonist bleibt bis zum Schluss ein Skeptiker und lässt sich auch durch die immer unerklärlicheren Vorfälle nicht bekehren.

    Inszenatorisch ist Pellingtons Film über weite Strecken gelungen. Er verpackt die schönen Vorstadt-Bilder in ruhige Kamerafahrten, überlässt das Finden des Jesusgesichts in dem Fleck ganz dem Zuschauer und garniert den Film mit leisem Humor und einigen interessanten Perspektiven wie etwa Einstellungen aus der Sicht der Wand, die dann aber zu oft wiederholt werden. Auch aus seinen Schauspielern, allen voran Hauptdarsteller Luke Wilson, holt er einige sehr gute Leistungen heraus. Bisweilen bemüht sich Pellington aber zu sehr, „Henry Poole“ den Indie-Appeal erfolgreicher Produktionen wie Little Miss Sunshine oder Juno zu verpassen. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Songauswahl: Die mit dem üblichen Gitarren-Pop unterlegten Passagen wirken oftmals unmotiviert, im schlimmsten Falle – wenn plötzlich der Blur-Kracher „Song 2“ einsetzt – sogar vollkommen unpassend.

    Wie gut „Henry Poole“ unterhält, hängt in großem Maße davon ab, ob man sich auf die Heiligengeschichte einlässt. Wer sich nicht bereits von der Inhaltsangabe abschrecken lässt und auch einige altbackene Aussagen verkraftet, erhält eine durchwachsene Tragikomödie, die mit einigen Makeln zu kämpfen hat, letzten Endes aber dennoch berührt.

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