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    The Tiger Blade
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    The Tiger Blade
    Von Andreas R. Becker

    Einigen gelungenen Ausnahmen zum Trotz ist es ja ein Gemeinplatz, dass man bei Actionfilmen die Stärken nicht in erster Linie bei der Handlung suchen sollte. Wenn man beim Schauen eines solchen Streifens allerdings das Gefühl bekommt, dass die Action einen sinnfreien Selbstzweck erfüllt, lediglich ein abstruses narratives Konstrukt Drumherum gesponnen wurde und es dann auch noch an allen Ecken und Enden an der technischen Umsetzung hapert, dann stehen die Chancen gut, dass man sich gerade Theeratorn Siriphunvaraporns „The Tiger Blade“ zu Gemüte würgt.

    Yosthana, oder kurz Yos (Atsadawut Luengsuntorn), seines Zeichens eine Art Cop oder Agent, soll auf Undercovermission hinter schwedische Gardinen. Dort lungert nämlich der gefürchtete Guerillakommandant Kao Yod (Pongpat Wachirabunjong), von dem befürchtet wird, dass er sich von unverhofft inhaftierten Gesinnungsgenossen befreien lassen will. Begleitet wird Yos (nicht Yod!) dorthin von seiner attraktiven Kollegin Deungdao (Phimonrat Phisarayabud), die als Gefängniswärterin fungieren soll. Der Gefangenentransport wird allerdings bereits auf dem Weg in den Knast überfallen und Yod (nicht Yos!) gleichzeitig aus diesem befreit, um mit den drei gefährlichsten Verbrechern Thailands die Weltherrschaft an sich zu reißen. Seine Handlanger sind dabei zu Teilen von magischen Schutzzaubern umgeben, die jegliche Kugeln wie Haribo an ihnen abprallen lassen. Irgendwann soll dann ein Diamantenlager ausgeräumt werden, oder nein, doch die Staatsbank, aber nur, damit man den illegalen Guerillastaat finanzieren kann. Während all dessen werden munter die Seiten gewechselt, Samuraischwerter mit Jungfrauenblut zur Superwaffe restauriert, spacige Bildtelefone benutzt, Maulwürfe gesucht und enttarnt, Schwestern und Mütter überfallen, entführt und gerettet, und am Ende in knapp zwei Minuten noch einmal alles auf’s neue dreifach verdreht. Dann ist auch der vom heiligen Donnerschlag getroffene Evil-Guerilla Yod nicht mehr ganz so teuflisch und kümmert sich moralisch wertvoll mit einem veruntreuten Teil des geklauten Geldes stattdessen um arme Kinder in seinem tropischen Ministaat. Der sieht jetzt auch gar nicht mehr so sehr nach Guerillastaat aus, sondern eher nach einem SOS-Kinderdorf, was über die gestohlenen Millionen selbstredend hinwegsehen lässt. Ach ja, und der schwertschwingende Yos (nicht Yod!) sitzt natürlich mit den beiden hübschesten Frauen des Films am Pool. Friede, Freude, Eierkuchen und aus die Maus.

    Dass es der Tigerklinge nicht gerade an Tempo mangelt, kann man also schon ahnen, langweilig im Sinne von da-passiert-ja-gar-nichts wird es daher auch so gut wie nie. Dummerweise wurde auf dem Schnittaltar des Videoclips im großen und kleinen Stil derartig viel und unbeholfen geopfert, dass das Verfolgen der Geschichte einer holprigen Fahrt auf einer Schlaglochpiste gleicht – von Logik und Kontinuität wollen wir gar nicht erst anfangen (da versinkt dann auch schon mal ein Transporter im See und hat im Close-Up plötzlich ein dickes Polizei-Blaulicht auf dem Dach). Wäre also wenigstens die technische Seite beherrscht worden, hätte es ein Aber geben können, aber ein Aber gibt es leider nicht, fast nicht. Da das Budget augenscheinlich nicht für eine ordentliche Ausstattung gereicht hat, wird stattdessen mit willkürlich eingestreuten Effekten versucht zu protzen: Nein, was gibt das in schwarz-weiß doch gleich für einen ästhetischen Anblick! Ja, und natürlich sehen Rückblenden von vor zwanzig Jahren aus wie aus der Stummfilmzeit! Untermalt wird der Spaß von halbwegs brauchbaren Elektrobeats und einigen Soundeffekten, die neben der Martial-Arts- und Schuss-Action zu großen Teilen der Matrix entliehen scheinen.

    Den Frauen wurden zwar auch einige Szenen, in denen sie tatsächlich einen kleinen Beitrag zur Handlung leisten dürfen, zugestanden (dann aber doch bitte in Hotpants), glücklicherweise gibt es aber auch solche, in denen sie einfach nur shampooreklamegerecht mit Unterwäsche und Bikinis im Ventilatorwind auf dem Sofa des so genannten Helden posieren. Die Kamera zerschnippelt sie per Großaufnahme in ihre ansehnlichen Rundungen, und sie selbst Gemüse am Herd für die Männer. Geredet wird generell nicht viel, daher macht es auch nichts, dass die Hauptdarsteller fast allesamt unbeschriebene Blätter sind, weil ihre coole Sparmimik eh nur ein paar Sekunden am Stück in Großaufnahme zu sehen ist. Das Overacting von ein oder zwei Nebendarstellern und der knäckebrotflache Humor lassen die Negativseite der Waagschale nicht mehr weiter sinken, weil sie bereits am Anschlag angekommen ist. Die wenigen Gegengewichte, die „The Tiger Blade“ die Einser-Wertung ersparen, machen dabei ein bis anderthalb Actionszenen aus. Die überzeugen nicht nur durch die eine witzige Grundidee (Rollerskate vs. Skateboard-Rennen in der Sportabteilung, Go-Kart-Action auf der Autobahn unter LKW-Aufliegern), die wenigstens nicht völlig abgekupfert ist, so wie etwa die schon in „Doberman“ so gesehene Granate-in-Motorradhelm-Szene. Nein, tatsächlich gibt es hier stellenweise auch durchaus die eine oder andere originelle und hippe Kameraeinstellung, die allerdings leider zu oft im hilflosen Geschnippel wieder untergeht und einfach vorn und hinten nicht ausreicht, um noch irgendetwas zu retten.

    Wer also den Kopf ganz ausmacht und sich an haarsträubendem Gekloppe und Geschieße erfreuen kann, dass sich selbst sinnfrei und bis zum Exzess in Zeitlupe zelebriert und von einer zusammengemurksten Geschichte verklebt wird, der kann durchaus 88 vergnügliche Minuten mit diesem Thaiexport verbringen. Wer einen Tacken mehr erwartet, sollte lieber bügeln.

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