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    Der Schatz im Silbersee
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Der Schatz im Silbersee
    Von René Malgo

    Mit „Der Schatz im Silbersee” legte Produzent Horst Wendland, erfolgreich und bekannt geworden durch die Edar-Wallace-Krimi-Reihe, den Prototyp des deutschen Western vor und erzielte einen Erfolg, der weder abzusehen, noch wirklich so geplant war. Mit „Der Schatz im Silbersee“ wurde der Grundstein zu einer Serie von Filmen gelegt, auf die mittlerweile von vielen voll nostalgischer Verklärung zurückgeblickt wird: die Winnetou-Reihe.

    Apachen-Häuptling Winnetou (Pierre Brice) und sein weißer Blutsbruder Old Shatterhand (Lex Barker) treffen auf Fred Engel (Götz George), der den Mörder seines Vaters jagt. Es war der berüchtige Banditenboss Colonel Brinkley (Herbert Lom), der die Hälfte eines begehrten Schatzplanes Engels Vater entwendete, um an einen sagenhaften Indianerschatz zu gelangen. Die zweite Hälfte der Schatzkarte befindet sich noch auf der Farm eines Mannes names Patterson (Sima Janicijevic), wohin sich die drei nunmehr begeben. Doch Brinkley hat davon erfahren und greift die Ranch an. Winnetou und seine Gefährten können sich dem Sturm der Banditen aber erwehren und brechen nun selbst zum Silbersee auf, wo der Schatz versteckt sein soll. Verfolgt werden sie von Brinkley und dessen Mannen, die es durch brutale Attacken schaffen, die Utah-Indianer gegen sie aufzuwiegeln. Winnetou und seine Freunde geraten nun zwischen die Fronten von brutalen Banditen und aufgebrachten Indianern...

    Darf rückblickenden Stimmen Glauben geschenkt werden, so war „Der Schatz im Silbersee“ eigentlich als ein abenteuerliches Starvehikel für Götz George gedacht. Seine Figur sollte den Mittelpunkt der Geschichte darstellen, nicht etwa die der Herren Winnetou und Old Shatterhand, dargestellt von Pierre Brice und Lex Barker. Doch als Duo entwickelten die beiden eine ungeheure Präsenz, dass selbst Götz George im Laufe der Dreharbeiten nicht mehr daran glauben mochte, im Brennpunkt des Films zu stehen. Tatsächlich sprach nach der finalen Fassung auch ein jeder von Winnetou und Old Shatterhand, nicht von Fred Engel. Allzu großen Ärger schien Götz George dies nicht zu bereiten, nahm er den Film ausgerechnet durch diesen Umstand wesentlich ernster und trat anschließend in einigen weiteren Winnetou-Filmen als Sidekick auf. Immer wieder in einer anderen, einem gewissen Stereotyp entsprechenden Rolle, die seinen schlussendlichen Starruhm gerade in jungen Jahren mitbegründen konnte.

    Die Stars des Films sind aber ohne Frage Pierre Brice als Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand. Auch wenn beide genau genommen den Beschreibungen aus Karl Mays Buchvorlagen nicht entsprechen, können sie als die ideale Besetzung der Helden gelten. Sie sind es, die der Deutsche vor Augen hat, wenn von Karl Mays Winnetou und Old Shatterhand die Rede ist, nicht Karl May selbst und der Winnetou aus den Beschreibungen der Bücher. Das Duo ist durch diese Figuren europaweit bekannt geworden. Als eher durchschnittlich begabte Darsteller haben sie durch die perfekte Rollenwahl hierzulande Kultstatus erlangt.

    Das perfekte Casting trifft auch auf den Rest des Ensembles zu. Herbert Lom ist das Paradebeispiel des typischen Karl-May-Film-Fieslings, während die anderen, zumeist mittelprächtigen Darsteller, engagiert in ihren Rollen aufgehen. Mit Karin Dor und Götz George bietet „Der Schatz im Silbersee“ zwei Stars des damaligen deutschen Kinos auf. Ihre Liebesgeschichte gestaltet sich zwar, wie bereits angerissen, nicht als geplanter Mittelpunkt der Geschichte, überzeugt aber als zweiter Handlungsstrang und Gegengewicht zur Heldengeschichte um Winnetou und Old Shatterhand. Eine lobende Erwähnung verdient Ralf Wolter, der mit seiner humoristischen, durchaus mitreißenden Performance dafür sorgt, dass dem Betrachter das Gefühl beschleicht, Sam Hawkins sei direkt den Büchern Karl Mays entflohen, hinein in die Filmwelt des Regisseurs Harald Reinl. Witzig ist auch Eddie Arent als Lord Castlepool, der so manches Brit-Lord-Klischee pflegen darf und einen erheblichen Anteil am Humor des Films hat.

    Der Humor erweist sich als ein wichtiger Teil von „Der Schatz im Silbersee“. Er mag zwar nicht jedermanns Sache sein, bleibt aber angenehm arglos und macht so die Pflege zahlreicher Klischees und Naivitäten leicht ertragbar. Die Drehbuchadaption ist sehr gut gelungen, Karl Mays wildromantische Abenteuerlichkeit ist von Harald G. Petterson bestens auf die Leinwand transportiert worden. Es liegt an der Romanvorlage, dass „Der Schatz im Silbersee“ gelegentlich allzu weltfremd daher kommt. Doch diese verträumte, jugendliche Abenteuerromantik hat die „Winnetou“-Reihe wesentlich geprägt und macht sie so sympathisch, im Besonderen auch „Der Schatz im Silbersee“. Da kann gerne über allzu flache Dialoge, oberflächliche Charakterzeichnungen und zuteils wunderlich wirkende Situationen und Aktionen hinweggesehen werden.

    „Der Schatz im Silbersee“ ist der Lieblingsfilm vieler Karl-May- und Winnetou-Fans, unter anderem auch der von Michael „Bully“ Herbig, der in „Der Schuh des Manitu“ zahlreiche Szenen und ganze Einstellungen aus selbigen parodierte. Kein Wunder, versprüht doch „Der Schatz im Silbersee“ diesen eigenwilligen, deutschen Western-Charme, immer nahe am Trash, die Grenze aber nie überschreitend. Zur stilechten Atmosphäre leisten Ausstattung, Kostüme und Umgebung einen erheblichen Beitrag. Von allen Regisseuren der Karl-May-Filme weiß Harald Reinl die Drehorte kroatischer Nationalparks am vorteilhaftesten zu nutzen und präsentiert mit „Der Schatz im Silbersee“ gleich einige der schönsten Bilder aus der Reihe.

    Neben der idyllischen Landschaft rund um den See und einigen zerklüfteten Bergpassagen kann „Der Schatz im Silbersee“ auch weitere formale Pluspunkte verbuchen. Die Ausstattung besticht durch Liebe zum Detail und wird wahrlich jeder deutschen Klischeevorstellung vom wilden Westen gerecht. An Actionszenen wird genug geboten und wenngleich sie etwas altbacken wirken, bereichern sie doch dank ihres Einfallsreichtums den Unterhaltungswert. Die Spannung hält sich in Grenzen, muss aufgrund des humoristischen Untertons und des abenteuerlichen Flairs aber nicht ernsthaft vermisst werden.

    Winnetou ist kult, zumindest unter den Nostalgikern, „Der Schatz im Silbersee“ als Grundstein der Reihe erst recht - was aus diesem abenteuerlichen Western einen besonderen Film macht, ein Werk, dessen Reiz sich der modernen Jugend wohl eher weniger als mehr erschließen dürfte. Doch Karl-May-Anhänger werden beim Dahinschwelgen in abenteuerlichen Traumwelten auf ihre Kosten kommen.

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