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    Milarepa - Der Weg zum Glück
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Milarepa - Der Weg zum Glück
    Von Christian Horn

    Ein Film aus dem südasiatischen Königreich Bhutan findet nicht alle Tage den Weg in die westlichen Kinos. Von daher ist es zunächst einmal eine gute Nachricht, dass „Milarepa – Der Weg zum Glück" von Neten Chokling dieses Kunststück tatsächlich gelungen ist. Doch die Freude hält nicht allzu lange vor, denn der erste Kinofilm des buddhistischen Mönchs, vom Verleih als das spirituelle Filmereignis des Jahres proklamiert, überzeugt erzähltechnisch und ästhetisch wenig bis gar nicht. Viele der Mängel können sicherlich auf die heimischen Produktionsverhältnisse zurückgeführt werden, andere wiederum sind jedoch klar dem inszenatorischen Unvermögen des Regisseurs geschuldet.

    Tibet im 11. Jahrhundert: Unter dem Namen Thöpaga kommt ein später als Milarepa (Jamyang Lodro) bekannter Junge zur Welt. Der Vater, ein wohlhabender Händler, stirbt kurz nach der Geburt. Bis zu Thöpagas Volljährigkeit verwaltet sein Onkel das Erbe, während der Junge bei seiner Mutter Kargyen (Kelsang Chukie Tethong) aufwächst. Als der Sprössling schließlich das Erbe entgegen nehmen will, verwehren ihm die Verwandten den rechtmäßigen Besitz. Besonders Kargyen will diese Demütigung nicht hinnehmen und schickt Thöpaga zum berühmten Magier Trogyal (Orgyen Tobgyal), von dem er Zauberkünste lernen soll, mit denen er sich rächen und die Familienehre wieder herstellen kann...

    Mit „Milarepa" erzählt Neten Chokling eine alte tibetische Sage, die den buddhistischen Glauben bis heute prägt. Getrieben von Rache, einem niederen Beweggrund also, tritt Thöpaga seine Reise an. Schnell erlernt er einige Zaubersprüche, kehrt in sein Heimatdorf zurück und zerstört Hab und Gut der gierigen Verwandten, wobei er auch das ein oder andere Leben auslöscht. Bis zu diesem Zeitpunkt erscheint die Erzählung wenig buddhistisch, ist die asiatische Religion doch in erster Linie mit einer friedfertigen Gesinnung konnotiert. Nachdem Thöpaga seinen Racheakt vollzogen hat – zu dem ihm vor allem die Mutter drängte: „Wenn du uns nicht bald rächst, bringe ich mich um!" – erfüllt ihn eine große Leere. Von Schuldgefühlen geplagt und einigen Überlebenden verfolgt flüchtet er ins Gebirge. In einer Höhle trifft er einen weisen Mönch und lernt, dass Rache nicht glücklich macht und er seine magischen Künste lieber zum Wohl der Menschen einsetzen sollte.

    Als klar konstruierte Parabel über die zerstörerischen Kräfte von Missgunst und Neid erfüllt „Milarepa" durchaus seinen Zweck. Erzählerische Schwächen gibt es in Neten Choklings Film dennoch. So erscheinen die verschiedenen Stationen auf Thöpagas Heldenreise mehr wie nebeneinander gestellt als untereinander verbunden. Die weite Reise des jungen Mannes zur Zauberschule spielt etwa keine Rolle, obwohl sie zum Thema der inneren Reise sehr gut gepasst hätte. Auch die Ausbildung zum Magier wird in zwei oder drei Standardszenen so ungeschickt gerafft, dass der Zeitraum von mehreren Jahren zunächst gar nicht als solcher ersichtlich ist.

    Befremdlich wirkt auch die stilistische Umsetzung. Zunächst sind da die Bilder, die ästhetisch mehr wie TV- denn Kinobilder wirken, was in Anbetracht der Kulisse besonders bedauerlich ist – gedreht wurde nämlich in einem Tal am Rande des Himalaya. Die hölzernen auftretenden Darsteller, zumeist Mönche oder Laien, erschweren ein Einfühlen in die Geschichte zusätzlich. Daneben fallen die ständige Beschallung mit volkstümlichen Gesängen und die unfreiwillig komischen CGI-Effekte auf: Mittels eines Zaubertricks überbrückt ein Vertrauter des Zauber-Meisters die lange Entfernung zwischen der Lehrstätte und dem Heimatdorf Thöpagas in bester „Road Runner"-Manier. Er startet, entfernt sich im Zeitraffer und löst sich schließlich in Luft auf. Eine unzeitgemäß animierte Staubwolke peitscht durch die Wüste, bis er im dritten Bild, begleitet von grotesken Sounds, das Dorf erreicht. Nun könnte man sagen, dass die technischen Ressourcen und das Budget einer bhutanischen Produktion nicht für vollendete CGI-Effekte ausreichen. Man könnte aber ebenso sagen, dass der Regisseur in Anbetracht dieser Umstände lieber nach anderen visuellen Lösungen hätte suchen sollen.

    Doch dafür reichen die inszenatorischen Kompetenzen des mehrfach wiedergeborenen Neten Chokling nicht aus. Gut möglich, dass Anhänger der buddhistischen Kultur dennoch ihre Freude an „Milarepa" haben – unwahrscheinlich ist hingegen, dass die vor dem Abspann angekündigte Fortsetzung (soll 2011 erscheinen) künstlerische Besserung bringt. Aber wer weiß: Vielleicht kehrt Neten Chokling im nächsten Leben ja als etwas talentierterer Filmemacher auf die Erde zurück.

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