„In here, life is beautiful.“
… oder der Kampf der Kunst gegen den Faschismus!
Unter der Regie von Bob Fosse (der unter anderem auch als Choreograph und Tänzer am Broadway tätig war), entstand 1972 der achtfach prämierte Oscarfilm „Cabaret“. Als Vorlage für diesen Musical-Klassiker dienten das Broadway-Musical und der Roman „Goodbye To Berlin“. Und es ist nach meinem ersten Sehen dieses Filmes kein Wunder, warum dieses Werk mit so vielen Preisen überhäuft wurde…
1931: Während Hitler und seine Nazis langsam, aber sicher Deutschland übernehmen, will die junge Tänzerin und Sängerin Sally Bowles von ihrer Erotikbranche weg und Schauspielerin werden. Dabei trifft sie auf den jungen Autor Brian Roberts, der sofort Interesse an der frechen und wilden Schönheit findet…
Das berühmte Musical ist auch heute noch ein Hit und leider aktueller den je! Der Film unterscheidet sich zwar von der Bühnenfassung, aber das ist ja das Schöne am Film, der muss der Vorlage nicht immer treu sein. Hier ist vor allem die Story mit Maximilian (eine Art Sugar Daddy), der sowohl an Sally als auch an Brian Gefallen gefunden hat, sehr spannend
Highlights in diesem Werk gibt es viele, allen voran die fantastisch, choreographierten Kabarett-Nummern, die zwischen drin immer wieder aufblitzen, auch wenn sie auf den ersten Blick nichts zur Handlung beitragen. Generell beschränkt sich der Musical-Anteil fast nur auf diese Kabarett-Nummern, ansonsten wird überraschend wenig gesungen zwischendrin. Im Vordergrund steht nämlich die Liebesgeschichte, zwischen Sally und Brian, die wirklich toll gespielt und präsentiert wird. Vor allem der Zwiespalt von Brian ist spannend, denn er fühlt sich auch zu Männern hingezogen. Eine bisexuelle Hauptfigur in einem Film von vor über einem halben Jahrhundert? Ja, „Cabaret“ ist wirklich seiner Zeit voraus gewesen. Der Film ist gerade heute wichtig und ist wie ein guter Wein gereift!
Der Aufstieg des Bösen, ist dabei relativ dezent, im Gegensatz zum Musical. Dennoch hat das Ende des Films einen wirklich fiesen Beigeschmack und das meine ich natürlich als Kompliment. Das ist es, was die Geschichte so ausmacht!
Kommen wir zur Musik: Die Songs sind grandios gesungen und inszeniert und haben diesen unverschämten Charme, der sich durchs ganze Stück zieht, was vor allem an der meisterhaften Performance von Joel Grey liegt, der den durchgeknallten Concierge im Film gibt (und dafür auch zurecht mit einem Oscar belohnt wurde). Seine Präsenz schwankt immer wieder zwischen überdrehter Komik und diabolischem Horror. Besonders das Lied „If You Could See Her“ wirkt wie ein Schlag in die Magengrube. Auch die anderen Titel sind allesamt Legenden in der Musical-Szene. Sicherlich wird jeder Musical-Fan die Klassiker wie „Money, Money“, „Cabaret“ oder das humorvolle „Willkommen“ kennen. Das tolle an den Songs ist, dass sie trotz ihres klassischen Cabaret-Flairs immer eine unterschwellige Dunkelheit haben, die das Geschehen neben der Bühne poetisch zusammenfasst!
Weiterhin hat auch Liza Minelli ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin absolut verdient gewonnen: Ihre Darstellung der Sally Bowles ist grandios. Sie ist charmant, selbstverliebt, frech, wild, sexy und dabei immer sympathisch. Noch dazu kann sie tanzen und fantastisch singen, es ist ein Genuss zuzusehen! Der Rest des Casts ist ebenso gelungen. Michael York als Brain ist ein schöner, bodenständiger Kontrast zur wilden Sally und sogar einige deutsche Schauspieler sind hier in jungen Jahren zu sehen, darunter Fritz Wepper.
Ansonsten muss ich auch den Schnitt von David Bretherton loben, wirklich großartig und die Kameraführung (Geoffrey Unsworth) ist ebenso stark (kein Wunder, beide Kategorien erhielten ebenfalls einen Oscar).
Fazit: „Cabaret“ ist ein großartiges Musical und dieser Film fängt das ebenso großartig ein. Viele Musicals sind in ihrer Story sehr oberflächlich und nichtssagend (siehe „Cats“ oder „Fame“), ich aber liebe die Stücke, die neben ihrer tollen Musik auch etwas zu sagen haben. „Cabaret“ ist eins dieser Musicals. Großartige Darsteller (Liza Minelli in der Rolle ihres Lebens), fantastische Musik und eine Thematik, die gerade heute wichtiger den je ist und sicherlich nie an Bedeutung verlieren wird.