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    Cowgirl
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Cowgirl
    Von Jürgen Armbruster

    „In Kooperation mit ARD und ARTE“. Was für ein Film sich wohl hinter einem solchen Prädikat verbergen mag? Vermutungen legen zunächst einmal ein Drama nahe. Oder eine Charakterstudie? Vielleicht ja auch irgendwas mit einem historisch relevanten Thema. Aber einen Film, der allenfalls im Mittwochabend-Programm diverser Privatsender gut aufgehoben wäre, auf der Leinwand allerdings vollkommen deplaziert wirkt, hätte wohl keiner erwartet. Erst recht nicht in Anbetracht der hochkarätigen Besetzung von Mark Schlichters Leinwand-Debüt „Cowgirl“.

    Eben noch hatte sich Paula (Alexandra Maria Lara) auf ihrem Abiball ihr Leben so wundervoll ausgemalt. Gemeinsam mit dem Freund Max (Wotan Wilke Möhring) das Provinznest Struvensiel verlassen. Die Welt erkunden. Glücklich sein. Doch die Realität schaut anders aus. Am Tag, als es endlich losgehen sollte, wartet sie vergeblich auf Max. Anstatt ihren Traummann zu heiraten, gerät sie an den Versicherungsvertreter Edgar (Peter Lohmeyer). Anstatt Abenteuer zu erleben, arbeitet sie halbtags in der Stadtbücherei. Erst zehn Jahre nach dem Abiball trifft sie auf einem Klassentreffen Max wieder. Eine Begegnung, die für frischen Wind in ihrem Alltagstrott sorgen sollte.

    Auch wenn sich Max zunächst die hoch verdiente, schallende Backpfeife einfängt, sind sich die beiden sofort wieder sympathisch. So sympathisch sogar, dass Paula sich dazu entschließt, ihren Turnbeutelvergesser Edgar zuhause sitzen zu lassen und sich auf den Weg nach Hamburg macht, um Max zu besuchen. Als sie dort ankommt, traut sie allerdings ihren Augen nicht. Das „Restaurant“ von Max ist in Wirklichkeit ein recht zwielichtiger Nachtclub und als sie diesen betritt, ist das Erste, was sie zu sehen bekommt, Max, wie er mit den Füßen an der Decke aufgehängt von einer Schlägertruppe (Ralf Richter, Sönke Möhring, Robert Viktor Minich) als Sandsack missbraucht wird. Nur durch einen pfiffigen Bluff („Ich kenne Euren Boss und ich weiß was über ihn...“) kann sie diese Situation entschärfen. Doch auf einmal ist nicht nur die Hamburger Unterweltgröße Blessing (András Fricsay Kali Son) hinter ihr her, sondern auch der korrupte Polizist Krahl (Gottfried John).

    Zugegeben: Eigentlich hört sich das „Landei mischt die Großstadt-Unterwelt auf“-Konzept recht flott an. Daraus hätte eine richtig nette Komödie werden können. Was der eigentlich recht talentierte TV-Regisseur und Drehbuchautor hier allerdings abliefert, ist an Langatmigkeit nur schwer zu überbieten. Und das, obwohl die Spieldauer mit ohnehin nur 82 Minuten sehr, sehr knapp bemessen ist. Das Hauptproblem ist, dass sich der Zuschauer in keinster Weise mit den Figuren identifizieren kann. Die attraktive, intelligente Paula, die einen (nach eigener Aussage) unattraktiven Mann heiratet, nur weil dieser gut tanzen kann und keinen anderen abbekommt. Probleme, wie sie jeder von uns hat. Der Zugang zu Max ist gar noch schwerer. Der Zuschauer erfährt außer der Tatsache, dass er ein notorischer Lügner ist, nicht wirklich viel über ihn.

    Wer darüber noch hinweg sehen kann, wird spätestens bei den „überraschenden“ Handlungswendungen ins Stutzen kommen. Wenn Paula beispielsweise im TV beobachtet, wie ein Stuntman mit dem Auto eine 180-Grad-Drehung hinlegt, kann Gift darauf genommen werden, dass dieses so neu erworbene Wissen in der nächsten Szene bei einer Verfolgungsjagd Anwendung findet. Aus prekären Situationen befreien sich unsere Helden durch eine flammende Moralpredigt, die selbst dem härtesten Häscher die Tränen in die Augen treibt. Sollte auch das nicht mehr helfen, dann wird geflohen, gerannt, gestolpert und dadurch eine Kettenreaktion ausgelöst, die damit endet, dass eine Harpune ausgelöst wird und den bösen Buben genau ins Herz trifft. Selbst Wilhelm Tell würde vor Neid erblassen…

    Das eigentlich tragische an „Cowgirl“ ist jedoch, dass der Film über so wenig Substanz verfügt, dass selbst die ansonsten grandiose Alexandra Maria Lara die Kohlen nicht mehr aus dem Feuer holen kann. Mit „Nackt“ entdeckt, mit „Der Untergang“ zum Star geworden und mit „Cowgirl“ die erste Bauchlandung der noch jungen Karriere erlebt. So schnell kann das Showbusiness sein. Trotzdem muss ganz klar festgehalten werden, dass sie der einzige Grund ist, warum irgendwer seine hart verdienten Euronen für eine Kinokarte löhnen sollte. Die FILMSTARTS-Rechnung schaut wie folgt aus: Zwei halbe Sterne für den Film (je einen pro gelungenen Gag) und einen halben als Bonus für Frau Lara. Mehr ist leider nicht drin.

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