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    Der Venedig Code
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Der Venedig Code
    Von Nicole Kühn

    Geheimnisvolle Codes haben gerade Konjunktur im Film. Dabei ist der Venedig Code seinem Namensvetter "The Da Vinci Code – Sakrileg" aber nur zeitlich gesehen – beide entstanden 2005 - ebenbürtig. Von der Qualität des Werks kann dies hingegen nicht unbedingt behaupten werden. Die kriminellen Energien um das Handeln mit der hehren Kunst werden in den engen, verwirrenden Gassen der Lagunenstadt Venedig wachgerufen. Mitten in den undurchschaubaren Machenschaften von Kunstsammlern, -fälschern, -bewahrern und -dieben findet sich der smarte Sachverständige Donovan, der im Auftrag seiner Versicherung unterwegs ist. Eine geheimnisvolle Schöne komplettiert die Ingredienzien, aus denen spannende Unterhaltung gemacht werden kann. Regisseur Tim Disney jedoch verliert sich vor lauter ungeahnten Wendungen in einem bloßen Abspulen der Ereignisse, denen neben logischen Motivationen vor allem die Spannung fehlt.

    In einem düsteren, regenverhangenen und schier vor dem Untergang stehenden Venedig kommt der Kunstsachverständige Donovan (Scot Williams) an, der im Auftrag seiner Versicherung einige Werke aus der berühmten Academia, einem altehrwürdigen Museum, auf ihre Echtheit prüfen soll. Die Umstände sind mehr als trostlos: ständig hat das Museum mit den Auswirkungen des Dauerregens zu kämpfen, Gelder sind keine mehr da, stattdessen droht die Kunst zwischen Politik und Macht zerrieben zu werden. All das erfährt er bei einem gemeinsamen Essen mit Museumsdirektor van Beuningen (Rutger Hauer) und dessen verführerischer Tochter Chiara (Natalia Verbeke). Die jedoch liebt mit Hingabe den eigenbrötlerisch wirkenden Valenzin (Malcolm McDowell), ihren Kunstlehrer, der gut und gerne ihr Vater sein könnte. Als kurz darauf eines der von Donovan zu prüfenden Werke, das von ihm verehrte „La Tempesta“ (zu deutsch: Unwetter, Sturm) bei einem Raub gestohlen wird, macht der Wissenschaftler Bekanntschaft mit der Polizei (Yura Marin). Der Ton verschärft sich, als Valenzin wenig später im Beisein von Donovan auf venezianische Art erstochen wird – mitten durch das Auge. Schnell gewinnt der Kunstliebhaber daraufhin das Herz der Witwe. Gemeinsam mit ihr taucht er ein in die verführerische Welt von Kunst und Leidenschaft. Bilder tauchen auf und verschwinden, werden verkauft und gefälscht, und immer wieder mal muss einer die ganzen Händel mit dem Leben bezahlen. Nach unzähligen Wendungen und vielen ausgeschmückten Liebesszenen gelangt der Film an ein immerhin untypisches Ende, das sich eine symbolische Überhöhung einer ganz und gar irdischen Obsession nicht verkneifen kann.

    Ästhetisch hat der hauptsächlich mit achtbaren B-Darstellern besetzte Kunstkrimi durchaus etwas zu bieten, wenn auch die Mittel keineswegs von Einfallsreichtum geprägt sind. Rutger Hauer dürfte sich in dem vom Dauerregen heimgesuchten Kunstmekka Venedig an seine goldenen Zeiten des legendären Blade Runner erinnert fühlen. Außer mengenmäßig kann Disney jedoch Ridley Scotts Endzeitdrama in keiner Hinsicht das Wasser reichen. Zwar gelingt es ihm, eine düstere Atmosphäre in einem in fahles graublau gefärbten Venedig zu erzielen und kontrastierend dazu die zentrale weibliche Figur mit kräftigen rot-orange-Tönen. Doch beides treibt er so weit, dass diese Farbgebung zu aufdringlich wirkt. An einem weiteren Klassiker betreibt er ungeniert Raubbau, wenn er den Karneval in Venedig als ein erotisiertes Maskenfest inszeniert, dem unterschwellig etwas Unheimliches beiwohnt. Was bei Kubrick ein bedeutungsvolles Element der Handlung wird, wird hier zu reiner Schaulust ohne jede Begründung aus dem Geschehen heraus degradiert.

    Dem Voyeurismus zollt der Film auch ansonsten ausufernden Respekt. Immer mit einem Hauch frivolen Kunstgenusses vermengt wälzen sich Männer und Frauen ausgiebig in verschiedenen Positionen. Außer dem Hingucker-Effekt haben diese wie auch die uninspirierten romantischen Sequenzen offensichtlich in der Hauptsache den Zweck, die Zeit zwischen zwei Ereignissen zu überbrücken und so den Film auf abendfüllende Länge zu dehnen. Spannung entsteht durch diese eingeschobenen Episoden nicht, ebenso wenig, wie sie sich aus der Handlung entwickelt. Zu viele Dinge zwischen zu vielen Personen geschehen, um mitfiebern zu können. Dazu tragen auch die Dialoge bei, die zunächst vieles im Dunkeln lassen – und dieses dann auch später einfach nicht wieder aufgreifen.

    Passabel schlagen sich in diesem recht schematisch angeordneten Umfeld die Darsteller. Rutger Hauer und Malcolm McDowell geben passabel alternde Männer, die in einer undurchschaubaren Abhängigkeit voneinander eine Art Hassliebe pflegen. Hauptsächlich schön gerieren sich die beiden Hauptdarsteller, während der in ein Rollenkorsett gezwungene Yura Marin durchaus das Potential zu mehr Charisma gehabt hätte. Was auch für den Film als Ganzes gilt: die Basis für eine spannende Geschichte um den ganzen Trouble um die Kunst ist vorhanden, wird jedoch durch die Lust am Oberflächlichen völlig überdeckt. Schade eigentlich!

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