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    Sketches of Frank Gehry
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Sketches of Frank Gehry
    Von Christian Schön

    Bereits 2006 lief Sydney Pollacks Dokumentation „Sketches Of Frank Gehry“ anlässlich der Filmfestspiele von Cannes, allerdings außerhalb des Wettbewerbs. Im Lauf der Jahrzehnte der Erfolgsstory Frank Gehrys haben viele Filmemacher an dessen Tür geklopft mit der Bitte, eine Dokumentation über ihn und sein Schaffen drehen zu dürfen. Die Initiative ging letztlich aber dann von Gehry selbst aus, als dieser seinen langjährigen Freund Pollack bat, einen Film über ihn zu drehen. Heraus kam ein einfühlsames Portrait über einen der Stars der Architekturszene, das zwar weit mehr ist als nur eine, wie der Titel des Films vorgibt, Skizze zum Schaffen Gehrys ist, aber auch nicht mehr als eine gut gemachte Dokumentation.

    Über fünf Jahre folgte Pollack, bewaffnet mit einer handlichen DV-Kamera, ab dem Jahr 2000 Frank Gehry in seinem Arbeitsalltag, sprach mit ihm über seine Arbeitsweise und beobachtete ihn im Umgang mit seinem Team. Daher rührt auch der Umstand, dass nicht nur bereits fertig gestellte Bauwerke zu sehen sind, über die gesprochen wird, sondern dass man einen direkten Einblick in den kreativen Prozess beim Entstehen von neuen Entwürfen bekommt. Doch auch der Weg zum Ruhm bleibt nicht unthematisiert. Die Privatperson Gehry wird beleuchtet und man erfährt, dass er sein „Coming out“ als Architekt unter anderem seinem Therapeuten zu verdanken hat, der ihm das nötige selbstbewusste Auftreten vermittelt hat, und somit die Entscheidung der Architekt zu werden, der er nun ist, stark befördert hat. Neben Gehry selbst kommen aber auch diverse andere Personen aus dem direkten und indirekten Umfeld zu Wort. Seien dies nun Mitarbeiter wie Edwin Chan, der Gehry bei der Realisierung und Planung unterstützt, Jim Glymph, der die Computermodelle der Bauwerke erstellt, wovon Gehry selbst vorgibt, nicht die blasseste Ahnung zu haben, oder ehemalige Bauherren wie Barry Diller der Interactive Corporation. Neben all diesen Interviewszenen kommentieren die stummen Bilder der Bauwerke dasjenige, worüber zuvor gesprochen wurde.

    Eigentlich hat man es hier mit einem Erstlingswerk des Regisseurs Sydney Pollack („Jenseits von Afrika“, „Tootsie“, Drei Tage des Condor) zu tun, da dieser sich hier zum ersten Mal am Bereich des Dokumentarfilms versucht hat. Diesen Umstand zu betonen, ist Pollack sehr wichtig, da er, als er das Projekt angenommen hat, weder von Architektur noch von Dokumentarfilmen eine Ahnung gehabt hätte. Die Wahl des Titels spielt unter anderem mit diesem Umstand: Sketches – also Skizzen oder Entwürfe des Schaffens von Gehry sollten nachgezeichnet werden. Eine Anmaßung einer umfassenden Einführung bzw. Erklärung der Werke wollte und konnte Pollack nicht bieten. Zu Verstecken braucht sich der erste Gehversuch auf dem Gebiet der Dokumentationen jedoch keineswegs.

    Die zweite Konnotation des Titels hängt direkt mit dem Inhalt des Films zusammen. Die Entwürfe und Skizzen sind das eigentliche Medium, in dem sich Frank Gehry bewegt. Seine Aufgabe als Architekt liegt also weniger in der genauen Planung und noch viel weniger in der Betreuung der im Bau befindlichen Werke, sondern er ist viel mehr Ideengeber. In einem übertragenen Sinne wird er selbst zu einer Art Medium im ursprünglichsten Sinn des Wortes: Gehry übernimmt nur Aufträge von Bauherren, die ihm selbst sympathisch sind, in die er sich also einfühlen kann. Mit diesen pflegt er sich vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn zu unterhalten. Aus diesen Unterhaltungen kommt er dann mit kleinen Skizzen heraus, zu denen er während des Gesprächs inspiriert wurde, die in der Folge zur Grundlage der Entwürfe werden.

    Eine schöne Analogie, die Architekt und Filmemacher verbinden, die sich jedoch nicht bis zur letzten Konsequenz weiterentwickeln lässt. Dem kanadischen Architekten gelingt es mit seiner Methode, und inzwischen sicher auch mit seinem Namen, Gebäude zu entwerfen, die weit jenseits dessen liegen, was sie an ihrem Bestimmungsort an Architektur umgibt, und damit gleich einem optischen Schock, beziehungsweise, wenn man es negativ ausdrücken möchte, effekthascherisch, wirken. Sydney Pollakt ist so ein Kunststück nicht geglückt, hat aber mit „Sketches Of Frank Gehry“ eine ansehnliche, allen Anforderungen des Infotainments gerecht werdende Dokumentation zuwege gebracht, die dennoch mit dem Anspruch auftritt, dreidimensionale Architektur in dem zweidimensionalen Medium Film erfahrbar zu machen. Bezogen auf die ästhetischen Überlegungen und die Konzeption der Bauten seitens des Architekten kann dieses Vorhaben als mustergültig umgesetzt betrachtet werden.

    Nun stellt sich die Frage, inwieweit mit dem Gespann Gehry/Pollack eine wirklich geglückte Kombination gefunden wurde. Dass jemand einen befreundeten Filmemacher bittet, ihn zu porträtieren ist ja mehr als verständlich, und korreliert mit dem Charakter von Frank Gehry. Dennoch hätte es bestimmt talentiertere und ambitionierte Paarungen vorstellen lassen, um noch ein wenig mehr aus dem interessanten Unternehmen zu machen. Mit der Wahl Pollacks bekommt der Film natürlich eine sehr persönliche Note, die wahrscheinlich mit einem anderen Regisseur auf diese Weise nicht realisierbar gewesen wäre. Aber auch wenn die Person Gehry damit privater und authentischer getroffen wird, kommen leider die Bauwerke des Architekten doch etwas zu kurz. Es gibt wenige, wenngleich gelungene Einstellungen der berühmtesten Bauten – wie das Guggenheim Museum in Bilbao oder die Walt Disney Concert Hall, die für sich selbst sprechen müssen.

    Was den Film diesbezüglich sehr auflockert, sind die eingefügten Interviewsequenzen. Hier kommen viele namhafte Kollegen und Freunde aber auch kritische Stimmen zu Wort. Bei genauem Betrachten erweist sich Letztgesagtes jedoch als Euphemismus. Die kritischen Stimmen belaufen sich auf exakt eine Stimme. Jedoch ist es diejenige des wohl prominentesten Gehry-Kritikers – Hal Foster. Der amerikanische Kunsthistoriker hat im Jahr 2002 ein Buch mit dem Titel „Design and Crime“ auf den Mark gebracht, in dem er sich sehr genau mit der „Marke“ Frank Gehry auseinandersetzt und hart mit ihm ins Gericht geht. Dass Foster in „Sketches Of Frank Gehry“ einen, wenn auch kleinen, Platz bekommen, fällt sehr positiv auf! Aber auch alle anderen, die zu Wort kommenm geben dem Film einen speziellen Glanz. Der Auftritt der kürzlich verstorbenen Architekturlegende Philip Johnson ist sehr beeindruckend und lässt die Dokumentation zu einem wichtigen Zeitdokument werden. Julian Schnabel („Basquiat“ und „Before Nights Falls“) hingegen sorgt, bestimmt unfreiwillig, für ein paar erheiternde Momente.

    Bei einigen wenigen Auftritten fragt man sich aber schon, was diese in dem Film eigentlich zu suchen haben – die Kommentare von Dennis Hopper kann man zwar nicht als wirklich falsch bezeichnen, aber der Gewinn für den Film ist auf Anhieb nicht so richtig klar. Sein Auftritt ist eher paradigmatisch für die Karriere von Hopper, der an den unterschiedlichsten Orten herumgeistert, wo man ihn nicht erwartet hätte. Etwas erhellender, doch genauso ungewöhnlich für europäische Augen, ist die Gastrolle des Psychoanalytikers Milton Wexler. Hierzulande würde man an seiner statt eher den Vater, den Lehrer oder Mentor eines Künstlers erwarten. In Amerika, dem Land der Psychoanalyse, ist es aber Gang und Gebe, eher dem Wahlverwandten den Vorzug zu geben, der in diesem Fall tatsächlich über Frank wie über den eigenen Sohn spricht.

    Die Entwürfe von Frank Gehry wurden zu monumentalen und außergewöhnlichen Zeugen der Architekturgeschichte des vergangenen Jahrhunderts. Das ist eigentlich Grund genug, einen Film über Mann und Werk rechtfertigen. Trotz der Analogie in der Herangehensweise bleiben die Skizzen zu einer Dokumentation über Frank Gehry in den gewohnten Bahnen des Genres.

    Ein Kinobesuch lohnt sich aber allemal und unter anderem gerade aufgrund dieser Skizzenhaftigkeit: Es erfordert nicht allzu große Sachkenntnis, um einen guten Eindruck von dem kreativen Schaffensprozess eines Architekten zu bekommen und man wird zudem mit einem kleinen Einblick in das Leben der Privatperson Frank Gehry belohnt. Für Gehry-Fans ist der Film natürlich ein absolutes Muss, da gerade diesen die leichte Tendenz zur Glorifizierung der Person Gehrys am wenigsten stören wird.

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