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Erich Fischer
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3,5
Veröffentlicht am 3. Mai 2024
In diesem berührenden, hochkomplexen Familiendrama werden auf mehreren Zeitebenen Erinnerungen und die Verdrängung traumatischer Erlebnisse thematisiert, wobei die kurze im Heute spielende Handlung in Schwarz-Weiß und alles Vorangegangene in Farbe gehalten ist. Leider sind im Farbteil die Zeiten vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg etwas verwirrend verschachtelt, aufgrund des geringen Wechsels der Mode ist nicht immer sofort eindeutig klar, wann was spielt. spoiler: VORSICHT SPOILER!
Dass Maxime Anfang der 1930er Jahre ausgerechnet anlässlich seiner Hochzeit mit der zarten, sensiblen Hannah die selbstbewusste und sportliche (bereits verheiratete) Tania kennenlernt und sich sofort in sie verschaut, lässt einen zwangsläufig an Schillers „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.“ denken. Was dann 1942 Hannah kurz vor dem rettenden Grenzübertritt nach Vichy-Frankreich derart verstört hat, dass sie einem kontrollierenden Gendarmen neben (!) dem neuen gefälschten auch ihren alten, sie als Jüdin ausweisenden Pass zeigt und damit ihren kleinen Sohn Simon ebenfalls den Nazis ausliefert, bleibt unklar, war das tatsächlich bloß eine (allerdings unwahrscheinlich krasse) Unbedachtheit oder eine verquere Medea-Reaktion auf Maximes unübersehbare Annäherungsversuche bei Tania? Jedenfalls setzt Maxime bald nach dem Verschwinden Hannahs und Simons das Bäumchen-wechsle-dich-Spiel mit Tania ungerührt fort, kein Ruhmesblatt für ihn, später wohl mit Recht als Teil des Familiengeheimnisses gehütet...
"Ein Geheimnis" ist leider nicht so gut wie das Buch geworden. Es gibt ein paar Unterschiede, bleibt dem Buch aber insgesamt ziemlich treu. Wer das Buch nicht gelesen hat könnte jedoch ein paar Verständnisprobleme bekommen.
Der Hauptunterschied liegt darin, dass der Film komplett durcheinander erzählt wird. Im Buch gibt es die Chronologie der Geschichte und nur einen (sehr langen) Flash-Back (halbes Buch). Der Film spielt mit drei Zeitebenen, was im Endeffekt aber völlig unnötig ist.
Manche Szenen sind ausführlicher behandelt als andere, dies passiert bei Buchverfilmungen aber oft.
Die Figuren sind top besetzt, doch das Schauspiel der Darsteller war etwas zu theatralisch, was dazu geführt hat, dass es schwer war eine emotionale Bindung zu ihnen zu haben.
Die Off-Stimme von Mathieu Amalric ist dafür wirklich spitze und er erzählt es auch auf eine ruhige und eindringliche Art.
Die Filmmusik ist gut an dem Film angepasst und nur minimalistisch eingesetzt, sodass diese weder störend war und zum Realismus des Films beigetragen hat.
Das Hauptproblem welches zu dieser Wertung geführt hat war für mich die Inszenierung im Allgemeinen. Diese war viel zu spannungsarm und vor allem am Anfang schien alles zu gewollt inszeniert, bzw. zu unnatürlich, nicht flüssig genug, mit einem fast amateurhaftem Nachgeschmack. Es fällt einem schwer es in Worte zu fassen. Dem Film fehlt an Intensität und Spannung. Insbesondere eine wichtige "Café-Szene" (wer das Buch gelesen hat, weiß was ich meine), welche sehr belanglos, spannungsarm und langweilig inszeniert wurde, als hätten die Macher einfach keine Lust mehr gehabt. Die Gefahr des Krieges wird ebenfalls viel zu mager illustriert, sodass die Gefahr und Angst zu keiner Minute spürbar wird. Der Film hat sich dafür sehr stark mit den Relationen zwischen den Figuren beschäftigt und da kann der Film punkten und sich aufwerten.
Irgendwie nicht gerade ein netter Stimmungsaufheller: das trist gehaltene Familendrama erzählt nüchtern und depressiv von einer Familie, einem Sohn und einer traurigen Vergangenheit. Feinfühlig und präzise gespielt, mit tollen Darstellern, aber bei alledem sehr verquast und emotional belastend. Einer dieser kleinen französischen Filmehalt die nur ein ausgewähltes Publikum, aber kaum die breite Masse schaut – oder hats irgendeiner außer mir gesehen? Eben!
Emotional, aber nie kitschig, immer glaubwürdig, weil die zerstörerische Gewalt der Liebe als Lebensrealität, ja als Banalität behandelt und so überzeugend und subtil ins Bild gesetzt wird. Erstaunlich, wie allen Figuren Gerechtigkeit widerfährt, wie sehr sie sich als dem Schicksal Ausgelieferte erfahren, wie sie kämpfen. Durchweg hervorragende schauspielerische Leistungen!