Ein ungewöhnlicher Film, großartige Kamera, tolle Darsteller/innen. Äußerst bewegend. Und dieser Film ist nicht einfach nur ein Film. Er will nicht einfach Einzelschicksale präsentieren, sondern thematisiert krasse Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen in Indien, die entsprechend der alten Tradition nach dem Tod ihrer Ehemänner Glück haben, wenn sie überhaupt weiterleben dürfen. Diese große Thematik 'Witwen in Indien', das Wissen, dass es hier nicht nur um erdachte Einzelschicksale, sondern um eine gesellschaftliche Problematik von enormem Ausmaß geht, macht es schwer, den Film zu "konsumieren" und dann wieder zu vergessen.
Mich hat der Film sehr mitgenommen. Zunächst ist zwar eine gewisse thematische Distanz da, denn es geht in diesem Film ja nicht um Probleme "bei uns", und außerdem spielt die Geschichte Ende der 30er Jahre. Aber letztlich half mir diese Distanz nicht viel, und ich bin dummerweise das erste Mal in meinem Leben im Anschluss an einen Kinobesuch in Tränen ausgebrochen.
Inzwischen weiß ich auch, woran es lag. Es lag daran, dass es zwar nicht nur um Einzelschicksale geht in diesem Film, dass die Einzelschicksale den Zuschauer/innen aber dennoch ganz arg auf die Pelle rücken. Und das muss man diesem Film *zu Gute* halten.
Es werden vor allem die Schicksale von zwei indischen Witwen beschrieben: Es geht zunächst um ein 8jährigen Mädchens, das durch den Tod ihres Ehemannes von einem Tag auf dem anderen kahlgeschoren wird, sein Zuhause verliert und dazu verdonnert wird, den Rest seines Lebens in einem Witwenheim zu leben; und es geht um eine junge (reichlich hübsche) Frau, die ebenfalls in diesem Heim lebt, sich aber in einen jungen Mann verliebt, der Ghandianhänger und insofern fortschrittlich genug ist, um auf ihren Witwenstatus zu pfeifen. Sie treffen sich, er will sie heiraten, die Heimvorsteherin versucht etwas dagegen zu unternehmen, aber die junge Frau geht schließlich doch. Und das kleine Mädchen, so scheint es, beginnt sich allmählich nach dem ersten Schock in diesem Witwenheim einzuleben.
Es scheint also ein bisschen aufwärts zu gehen in dieser Geschichte. Als Zuschauer/in lässt man sich ziemlich in den Film hineinfallen, es gibt auch trotz der insgesamt nüchternen Erzählweise ein paar Bollywood-nahe Momente, die das noch fördern. Und dann geht die Schicksalskurve plötzlich abrupt nach unten, und es geschieht eine Katastrophe nach der nächsten. Das ist als Zuschauer/in wirklich hart mitzuerleben. Es wird alles nur angedeutet, es gibt eigentlich keine 'harten Szenen', aber was da geschildert wird, ist sehr, sehr hart, und es gelang mir aufgrund der Erzählweise des Films nicht, im 'richtigen' Moment wieder auf Distanz zu gehen, weil ich zu gefangen von den Bildern und der Geschichte war.
Ich kann den Film trotzdem nur empfehlen. Er setzt ein (leider immer noch aktuelles) Thema sehr gut um, er hat traurige, aber auch romantische und sogar lustige Elemente, und er hat ein hoffnungsvolles Ende, immerhin. Und er ist wirklich äußerst toll gefilmt, der Kameramensch lebe hoch, der hat wirklich ein Auge für Bilder. Deepa Metha verdient die größte Hochachtung, dass sie trotz der schwierigen Rahmenbedingungen (siehe zB die Filmkritik hier bei filmstarts.de) so einen großartigen Film fertigstellen konnte.