Mein Konto
    Convoy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Convoy
    Von Gregor Torinus

    Das 1978 gedrehte Roadmovie „Convoy" sollte der vorletzte Film der illustren Karriere von Sam Peckinpah werden. Zu diesem Zeitpunkt war der Regie-Berserker bereits schwer alkohol- und drogenabhängig und erlitt kurz nach Beendigung der Dreharbeiten einen Schlaganfall. Nach jahrelangem, zurückgezogenem Leben auf seiner Farm in Montana, sollte Peckinpah 1983 mit „Das Osterman Weekend" seinen relativ schwachen, letzten Film drehen. So bleibt „Convoy" also das letzte Aufbäumen eines grandiosen Querkopfs, der ein ebenso humorvolles, wie verzweifeltes Plädoyer für die zunehmend bedrohten amerikanischen Ideale „Freiheit" und „Unabhängigkeit" darstellt.

    Die drei Trucker „Rubber Duck" (Kris Kristofferson), „Spider Mike" (Franklin Ajaye) und „Love Maschine" (Burt Young) werden von dem hinterhältigen Provinzsheriff Lyle Wallace (Ernest Borgnine) gezielt zu einer Geschwindigkeitsübertretung provoziert und anschließend abkassiert. Als die drei Trucker sich daraufhin einen Spaß daraus machen den Polizisten über Funk zu verhöhnen, will dieser in seiner Wut den beim Zahlen der Strafe pleite gegangenen Spider Mike wegen Landstreicherei festnehmen, was zu einer großen Schlägerei führt. Rubber Duck und seine Freunde flüchten und bilden einen Konvoi um ungehindert über die Grenze zu gelangen, wobei sich ihnen immer mehr Trucker aus Solidarität anschließen. Immer neue Gesetzesübertretungen, führen zu einer ständig steigenden Zahl an sie verfolgenden Polizisten, die in einer finalen Konfrontation zwischen Truckern und Polizisten eskaliert.

    Sam Peckinpahs zweiter Kinofilm „Sacramento" aus dem Jahre 1962 markierte zusammen mit John Fords „Der Mann, der Liberty Valance erschoss" den Übergang vom klassischen Western zum Spätwestern. Sieben Jahre später drehte Peckinpah mit „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz" nicht nur einen der vielleicht besten Western überhaupt, sondern wurde mit seiner stilisierten Gewaltdarstellung zum stilbildenden Actionfilm-Regisseur. Die Helden dieser Filme sind Vertreter des bereits im Verschwinden begriffenen alten Wilden Westens, die mit der heraufziehenden Moderne und dem damit verbundenen Verlust alter Werte konfrontiert werden. Ein ähnlicher Außenseiter wie seine fiktiven Helden war auch Peckinpah selbst. Im Lauf seiner Karriere hatte er zunehmend Schwierigkeiten, seine Filme zu finanzieren, da er nicht bereit war sich den Produzenten zu beugen und künstlerische Kompromisse einzugehen. Ein Film wie „The Wild Bunch" kann also durchaus auch als eine Allegorie auf die Kämpfe Peckinpahs mit der Maschinerie Hollywoods verstanden werden.

    Gut zehn Jahre später zeigt „Convoy" die Trucker als die letzten echten Cowboys. Ungehobelte Raubeine und Machos, zugleich voller Humor und jederzeit solidarisch mit ihren Freunden. Peckinpah inszeniert das Bild einer fast archaischen Männerwelt inmitten einer Moderne, in der die ursprünglichen Ideale der amerikanischen Siedler längst verloren gegangen sind. Die Trucker sind wilde Einzelgänger, die ihre eigenen Gesetze haben und sich gegenüber niemanden zu einer Rechenschaft verpflichtet fühlen. Wie die alten Pioniere finden sie ihre Freiheit in ihrer Ungebundenheit und in ihren oft einsamen Reisen durch die weiten Ebenen des amerikanischen Kontinents. Durch eine Convoy verbunden, werden sie zu einer gewaltigen Maschine, die sich so leicht nicht aufhalten lässt. Ihnen gegenübergestellt ist eine zweite Maschinerie, in Form der modernen amerikanischen „Law and Order"-Gesellschaft. Sie wird dargestellt durch eine ebenso korrupte, wie gnadenlose Polizei- und Militärmacht und mit Hilfe der amoralischen Politik in Gestalt des opportunistischen Gouverneurs Jerry Haskins (Seymour Cassel).

    Angesichts dieser Kontrahenten ist jederzeit klar, auf welcher Seite die Sympathien Peckinpahs und damit auch des Zuschauers liegen. Aber das ist kein Wunder, machen doch allein die derben Sprüche der Trucker den Film zum großen Vergnügen. Hinzu kommen Actionszenen, die auch in der heutigen Filmlandschaft Bestand haben. Sei es die Schlägerei im Truck-Stop oder eine der wilden Verfolgungsjagden: in diesen Szenen wird deutlich, weshalb Sam Peckinpah als einer der Begründer des modernen Actionfilms gilt. Doch während heutige Actioner in der Regel auf einen visuellen Overkill durch stakkatoartige Schnittgewitter abzielen, kombiniert Peckinpah effektiv schnelle Schnitte mit extremen Zeitlupenaufnahmen. Das Ergebnis ist in „Convoy" einfach nur grandios. Die rohe visuelle Kraft des Films wird von einem ungeschliffenen Soundtrack unterstrichen. Diese sorgfältige Musikzusammenstellung war damals nicht umsonst ein großer Verkaufshit – unter anderem auch durch eine neue Version des Country-Songs „Convoy" von C.W. McCall, auf dessen Text die Handlung des Films grob aufzubauen scheint.

    Fazit: „Convoy" ist ein ebenso simpler, wie effektiver Actionfilm über den archaischen Kampf von Gut gegen Böse und der Verteidigung alter amerikanischer Werte gegen eine eiskalte Maschinerie der Modernität. Der Film ist ein Klassiker und der letzte bedeutende Film des meisterhaften Sam Peckinpah. Bis heute hat das Werk nichts von seiner außergewöhnlichen Stärke verloren.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top