Sieben Jahre nachdem er sich mit seinen Äußerungen über Hitler ins Abseits manövriert hat und von den Festivalverantwortlichen zur Persona non grata erklärt wurde, kehrte der umstrittene dänische Regisseur Lars von Trier 2018 nach Cannes zurück und präsentierte außer Konkurrenz seinen neuen Film „The House That Jack Built“ mit Matt Dillon und Bruno Ganz. Bei der Galapremiere am späten Montagabend wurde der Rückkehrer sehr freundlich begrüßt, aber sein Serienkiller-Thriller sorgte anschließend bei einem Teil des Publikums für heftige Reaktionen. Wie mehrere Quellen übereinstimmend berichten, verließen mehr als 100 Zuschauer vorzeitig den Saal, der Film wurde als „ekelhaft“ und „Folter“ bezeichnet.
Ramin Setodeeh von Variety fotografierte einige der Leute, die die Vorführung vorzeitig verlassen haben. Einen solchen Massenexodus habe er bei einem Festival noch nicht gesehen:
Ein bösartiger Film?
Auch der Vertreter von Showbiz 411 sah sich nicht in der Lage, bis zum Ende zu bleiben und bezeichnete den Film als „bösartig“. Das Werk hätte gar nicht erst verwirklicht werden sollen und auch die Schauspieler seien schuldig:
Kyle Buchanan vom New York Magazine sprach mit einer Person, die mittendrin gegangen ist und die sagte ihm: „Er [=von Trier] verstümmelt Riley Keough, er verstümmelt Kinder …und wir sollen uns das alles in unserer Abendgarderobe anschauen?“
Applaus gab's auch
Die Reaktionen waren allerdings keineswegs nur negativ. Nach dem Ende der Vorführung gab es vom ausharrenden Publikum eine sechsminütige Standing Ovation (und damit ungefähr das gleiche Level an Begeisterung wie zuvor am Tag für Spike Lees „BlacKkKlansman“).
Dass „The House That Jack Built“ keine leichte Kost sein würde, war natürlich vorher abzusehen. „Antichrist“-Regisseur von Trier bezeichnete sein neues Werk selbst vorab als sein bisher gewalttätigstes und die Verantwortlichen beim Festival in Cannes druckten sogar Warnungen in Programmhefte und auf Eintrittskarten, dass „bestimmte Szenen die Gefühle der Zuschauer verletzen könnten“, was dort absolut unüblich ist und etwa bei Gaspar Noés Höllentrip „Climax“ nicht für nötig befunden wurde.
Die Zuschauer bei der Pressevorführung am heutigen Dienstagmorgen waren übrigens weniger empfindlich als das Premierenpublikum. Wie die dort anwesenden Kollegen Christoph Petersen und Carsten Baumgardt berichten, gab es keine ungewöhnlichen Reaktionen unter den Journalisten und auch keine Saalflucht.
Wie wir den Film beurteilen, könnt ihr in unserer zeitnah folgenden Kritik nachlesen. Einen weiteren Vorgeschmack auf „The House That Jack Built“, dessen deutscher Starttermin noch nicht feststeht, bietet der Trailer: