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    Neue Altersfreigabe für "Star Wars"-Film löst Debatte aus: Hat das Publikum heute mehr Probleme mit Gewalt?
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

    Über Altersfreigaben für Kinofilme wird immer wieder diskutiert. Aktuell wird aus Großbritannien eine neue Debatte angestoßen – durch eine Erhöhung der Altersfreigabe für „Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung“.

    Disney und seine verbundenen Unternehmen

    Anfang Mai 2024 kehrt „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“ zum 25. Jubiläum des Films für wenige Tage weltweit zurück in die Kinos. In Großbritannien geht das nun aber mit einer Veränderung der Altersfreigabe für den Film von George Lucas daher. Eigentlich müsste uns das in Deutschland, wo sich nichts an der bisherigen FSK-6 ändert, nicht sonderlich interessieren.

    Doch die britische Debatte, die sich nicht nur in der Verschärfung der dortigen Einstufung für einen „Star Wars“-Film äußert, lädt zu einer Auseinandersetzung mit dem Wirken von Altersfreigabebehörden ein. Doch der Reihe nach. Fangen wir bei den Fakten an:

    "Star Wars: Episode I": Die Gewalt ist zu stark für Kinder

    Bislang hatte der Auftakt der „Star Wars“-Prequel-Trilogie in Großbritannien die Altersfreigabe „U“. Diese drückt aus, dass ein Film ab vier Jahren geeignet sein soll. Jetzt wurde sie angehoben auf „PG“. Ganz wichtig: Damit geht keine strengere Einlasskontrolle einher. Es dürfen auch weiter Kinder in den Film. Allerdings wird der Besuch erst ab acht Jahren empfohlen. Versehen wurde die neue Freigabe mit einem zusätzlichen Warnhinweis: „mäßige Gewalt, leichte Bedrohung!“

    Das für die Altersfreigabe zuständige British Board Of Film Classification (BBFC) hat die Veränderung der Freigabe auch begründet. Die Gewaltdarstellungen des Films seien „zu stark“ für jüngere Kinder. Szenen wie der durch ein Lichtschwert zweigeteilte Darth Maul und der erstochene Quin-Gon Jinn werden hier konkret als Beispiel angeführt.

    Britische Behörden sehen Sorge wegen Kino-Gewalt...

    Zudem weist man auf eigene Untersuchungen hin, die zeigen, dass es eine „gesteigerte Besorgnis“ beim Publikum hinsichtlich der Darstellung von Gewalt auf der Leinwand gebe. Man arbeite daher an neuen Richtlinien für eine strengere Altersfreigabe-Praxis, die in Kürze präsentiert werden.

    Zuletzt sorgten so bereits andere Altersfreigabe-Erhöhungen aus Großbritannien für Diskussionen. Einen Anstieg von U auf PG gab es auch für den Kinderfilmklassiker „Mary Poppins“, dort allerdings begründet mit nicht mehr zeitgemäßer Sprache. Für Aufsehen sorgte auch die Änderung der Freigabe für „Rocky“, die auf „12A“ angehoben werde. Diese neue Freigabe verbietet nun Personen unter 12 Jahren den Kinobesuch ohne Begleitung eines Erwachsenen (nachdem das vorher erlaubt war).

    „Die dunkle Bedrohung“ ist auch nicht der erste „Star Wars“-Film, dessen Altersfreigabe angepasst wird. Auch „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ und „Das Imperium schlägt zurück“ bekamen in der Vergangenheit bei einer Neuprüfung das höhere PG-Rating statt des ursprünglich zugedachten U.

    … und wollen ganz viele Freigaben verschärfen

    Die britische Behörde verweist selbst darauf, dass sie eigentlich zahlreiche weitere Freigaben nach oben anpassen müsste, weil das Publikum heute sensibler sei. Alle „James Bond“-Filme müsse man heute aufgrund der Darstellung von Sex und Gewalt eigentlich mindestens ab 12 Jahren freigeben.

    Selbst bei recht aktuellen Entscheidungen will man sich korrigieren:Joker“ mit Joaquin Phoenix wurde so erst vor wenigen Jahren ab 15 Jahren freigegeben, wird aber als Beispiel für einen Film genannt, der eigentlich mit einer strengen Ab-18-Freigabe versehen werden müsste. Bei dieser gibt es auch keine Möglichkeit mehr, als 17-Jähriger in Begleitung eines Erwachsenen ins Kino zu gehen.

    Wichtig: Diese Altersfreigaben werden trotz der Selbsteinschätzung der BBFC nicht gleich angepasst. Denn das British Board Of Film Classification verweist darauf, dass es bei diesen Fällen wie den „James Bond“-Filmen oder „Joker“ nur tätig werden wird, wenn Neuveröffentlichungen geplant seien. Solange diese nicht erfolgen, bleiben die alten Freigaben bestehen. Doch die Debatte tobt trotzdem.

    Erst einmal lohnt sich nun aber ein Blick zu uns nach Deutschland. Hierzulande stellt sich die Situation nämlich anders dar:

    Ein Kontrast: Die Situation in Deutschland

    In Deutschland sind solche Neuprüfungen mit höherer Altersfreigabe die absolute Ausnahme – eher ist das Gegenteil der Fall: Hierzulande gibt es reihenweise Filme, die einst eine FSK-18 hatten oder sogar indiziert bzw. beschlagnahmt waren und in den vergangenen Jahren Neuprüfungen mit einer FSK-16 bekommen haben. So unterschiedliche Filme wie „Universal Soldier“, „Cliffhanger“, „Predator“, „Tanz der Teufel“, „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder „Terminator“ sind seit einiger Zeit nun ab 16 Jahren freigegeben.

    Begründet wird dies hier mit den veränderten Sehgewohnheiten. Brutale Darstellungen, die vor 30 oder 40 Jahren noch zu Schock, wildesten Diskussionen und Verboten führten, haben längst nicht mehr diese Wirkung. Man kann sicher auch sehr ausführlich darüber diskutieren, was für ein problematischer Teil dieses Prozesses ein mögliches Abstumpfen durch Gewaltdarstellung in Nachrichten, sozialen Medien etc. ist, aber die Entwicklung selbst lässt sich nicht verleugnen.

    Ein anderer Ansatz der FSK?

    Dass man aus Großbritannien argumentiert, dass es eine größere Sorge des Publikums hinsichtlich Gewaltdarstellungen gibt und man deswegen strenger einschränken muss, scheint sich ein wenig damit zu beißen, dass man in Deutschland dem Publikum mittlerweile viel mehr zugesteht als früher.

    Doch der Gegensatz zeigt wohl sehr gut, in welchem Zwiespalt sich die für solche Altersfreigaben zuständigen Institutionen befinden. Denn natürlich geht es an erster Stelle um Jugend- und insbesondere Kinderschutz, andererseits muss man aber Heranwachsenden auch mehr zutrauen.

    Die hierzulande oft gescholtene FSK leistet da im Großen und Ganzen wohl gute Arbeit – auch wenn es natürlich immer wieder Diskussionen über Einzelentscheidungen geben wird. Bei der BBFC kann man schon durchaus kritisch hinterfragen, ob sie mit den nun reihenweise in den Raum gestellten Verschärfungen nicht über das Ziel hinausschießt.

    "Star Wars" vs. "Joker"

    Und das ist völlig unabhängig von der durchaus nachvollziehbaren Anpassung, die ganz aktuell erfolgte. Mit der Anhebung bei „Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung“ nähert man sich sogar eher dem internationalen Schnitt für diesen Film an. In Deutschland ist der Prequel-Auftakt wie gesagt ab 6 Jahren freigeben.

    Die (zwar nicht vollzogene und nicht in Zukunft direkt anstehende, aber trotzdem explizit als Beispiel angeführte) mögliche Verschärfung der Freigabe von „Joker“ von 15 auf 18 Jahren, scheint da eher bedenklich. Die FSK schreibt in ihrer Begründung der deutschen FSK-16-Freigabe:

    „Drastische Gewaltmomente sowie die moralisch-emotionale Ambivalenz des Geschehens können Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren überfordern und auch eine desorientierende Wirkung entfalten. Doch 16-Jährige sind aufgrund ihrer Entwicklung und Medienerfahrung in der Lage, sich ausreichend von diesen Aspekten zu distanzieren und die Themen und Widersprüche der Handlung eigenständig zu reflektieren.“

    Die FSK verweist in ihrer Begründung so zurecht auf eine „Entwicklung und Medienerfahrung“. Dazu tragen Filme natürlich selbst wiederum bei. Wenn man nun viel zu viele Filme erst ab 18 Jahren freigibt, scheint das daher kontraproduktiv. Filme nur Erwachsenen vorzubehalten, sollte daher auf einzelne Bereiche wie u.a. schädliche und/oder jugendgefährdende Inhalte beschränkt bleiben. Menschen kurz vor dem Erwachsenenalter zu wenig zuzutrauen und sogar eine Menge zu verwehren, erscheint bedenklich.

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