Selbstjustiz ist ein heikles Thema. Wäre es falsch, die Mörder, Vergewaltiger und Verbrecher dieser Welt umzubringen? Haben sie es nicht einfach verdient? In unserem Land wird diese Frage vom Gesetzgeber trotz aller Verlockung zum Glück mit „nein“ beantwortet. „The Punisher“ geht einen anderen Weg, er will möglichst viele Gangster zur Strecke bringen. Seine Motivation: Seine Familie wurde getötet. Die Figur des Punisher ist nicht die eines typischen Superhelden, er ist ein Mensch und besitzt keinerlei Superkräfte. Regisseur und Co-Drehbuchautor Jonathan Hensleigh schrieb bereits „The Rock“ und „Armageddon“ und zeigt hier ein Regiedebüt, das sich leider in die Riege der missratenen Comicverfilmungen einreihen muss. Zu schlecht die Dialoge und Sprüche, zu wenig mitreißend das Leiden der Figuren, zu einfallslos die Action, zu klischeehaft die Zeichnung der Figuren und alles umrahmt von einem langweiligen Soundtrack.
Frank Castle (Thomas Jane) ist erfolgreicher verdeckter FBI-Ermittler und dank ihm ist es der Polizei gerade wieder gelungen, ein paar namhafte Verbrecher dingfest zu machen. Bei der Verhaftung starb allerdings der Sohn von Howard Saint (John Travolta) – der grausame Rache schwört. Seine Frau (Laura Harring) will, dass Castle samt seiner ganzen Familie getötet wird. Da die sich ohnehin gerade auf einem großen Fest in Puerto Rico zusammengefunden hat, schickt Saint eine kleine Armee seiner Handlanger, die ein grausames Blutbad anrichten. Auch Frank Castle glauben sie dabei getötet zu haben, doch er entkommt schwer verletzt und hat nun nur noch eines im Sinn: Den Mord an seiner Familie zu rächen - der Beginn eines blutiges Rachefeldzugs gegen alle Gesetzesbrecher...
Diese Story, die bereits 1989 von Mark Goldblatt mit Dolph Lundgren in der Titelrolle verfilmt wurde, entstammt den gleichnamigen Marvel-Comics, die in Amerika durchaus Erfolg zu verzeichnen haben, hierzulande jedoch wie auch die meisten anderen Comics ein Randprodukt darstellen. Der Punisher ist ein unkonventioneller Held, dessen Fähigkeiten allesamt natürlich sind, er hat langjährige Kampferfahrung, aber keine übermenschlichen Kräfte. Das Interessante an der Idee seiner Figur ist nicht zuletzt die Frage, was daran falsch ist, Verbrecher zu jagen und umzubringen. Auf seinem Rachfeldzug schert er sich kaum um Gesetze, sondern begegnet der Mafia um Saint mit den gleichen Mitteln: Mord und Totschlag. Diese Frage der Ethik, die im Film leider kaum auftaucht, soll an dieser Stelle zurückgestellt werden zugunsten einer Analyse der filmischen Qualitäten des „Punishers“.
Und allein diese Diskussion reicht bereits, um zu erkennen, dass es sich hier leider wieder um eine der schlechten Comicverfilmungen handelt. So sind die Dialoge derart klischeehaft und einfach gestrickt, dass es ständig zu unfreiwillig komischen Szenen kommt. Die Sprüche wirken oftmals wie schlecht abgekupferte Oneliner aus der Terminator-Reihe und sorgen nur in Einzelfällen für ein Schmunzeln über den Spruch selbst, sondern führen meist wahlweise zur unfreiwilligen Belustigung oder zum Schämen für das Werk der Dialogschreiber. Wenn Frank Castle nach der Ermordung seiner Familie strandet, von einem Freund der Familie wieder zusammengeflickt wird und anschließend in einer Szene, in der er zwecks Waffenbeschaffung in das Haus seines Vaters zurückkehrt und dabei aussieht wie Tom Hanks in „Cast Away“ nach diversen Jahren des Insellebens, dann lässt sich dies nur schwer der Ironie zuschreiben. Noch viele derartiger Szenen lassen sich finden, die eher wie eine Parodie wirken und dazu beitragen, dass es sich nur schwer mit den Figuren mitfühlen lässt.
Außerdem sei noch eine Szene erwähnt, bei der sich mancher wünschen wird, dass sie einfach vorbei ist. Als einer der Gangster droht, dem Nachbarn von Castle seine zahlreichen Piercings mit der Zange zu entfernen, um den Aufenthaltsort des grausamen Rächers aus ihm herauszubekommen, wird es derart grauselig und bedrohlich, dass das Hinsehen schwer fällt. Dennoch schafft es der Film mit solchen Mitteln nicht richtig, den Zuschauer mit den Personen mitfühlen zu lassen.
Wenn anschließend der Punisher unter dem Blitzzucken und Donnergrollen aus seinem Versteck heraussteigt, ist jedoch die nächste unbeabsichtigt komische Szene geboren. Thomas Jane verkörpert den Punisher auf die einfachste Weise - er starrt ständig hass- und zornerfüllt in die Gegend und lässt sämtliche andere Mimik außen vor. Das funktioniert bei großen Schauspielern, doch er ist anscheinend nicht fähig, mit wenigen Gesichtsausdrücken dennoch gut zu spielen. Im Prinzip füllt er die vom Drehbuch vorgeschriebene Rolle halbwegs aus, schafft es aber nicht, dem Zuschauer das notwendige Mitgefühl mit seiner Figur und die Trauer über den Tod seiner Familie glaubhaft zu vermitteln. Das einzige, wie seine Trauer zum Vorschein gelangt, ist das Trinken von hochprozentigem „Wild Turkey“, zu mehr scheint er hier schauspielerisch aber auch gar nicht in der Lage gewesen zu sein.
Sein Gegenspieler John Travolta ist angesichts dessen, was man von ihm gewöhnt ist, eine herbe Enttäuschung. Seine Rolle spielt er völlig gelangweilt, er wirkt schlecht aufgelegt und nichts erinnert an die schön gespielte Ambivalenz zwischen Gut und Böse in „Passwort: Swordfish“. Der Rest des Ensembles spielt mäßig bis furchtbar, so sind die Handlanger von John Travolta furchtbar klischeehaft und langweilig verkörpert. Nicht jeder, der sich eine Sonnenbrille aufsetzt, ist damit auch gleich cool; vielleicht hätte man das den Leuten vom Casting vorher beibringen sollen. Gut umgesetzt ist der Russe, der vom Wrestler Kevin Nash verkörpert wird, sein Auftritt ist eigentlich auch der Höhepunkt des Films, wahrscheinlich aber auch nur für die Comicleser.
Insgesamt scheitert „The Punisher“ leider in zu vielen Punkten und platziert sich damit knapp unter das Mittelmaß. Auch wer nur Action erwartet, wird enttäuscht sein - denn hier hatte scheinbar niemand neue Ideen. Das Finale besteht im Großen und Ganzen daraus, dass der Punisher in einem Raum eine Mine platziert, nach der Explosion in den Raum stürmt und die nach und nach aufwachenden Gangster ziemlich unspektakulär erschießt. Vieles wirkt lächerlich, etwa der zielsicher im Bauch des Punisher versenkte Shotgun-Schuss aus einem halben Meter Entfernung, den die Kevlar-Weste wie selbstverständlich aufhält. Sowas lässt sich auch nur schwer in die Sparte „Na gut, Comicverfilmung“ schreiben und lässt an der Menschlichkeit der Figur zweifeln, die doch gerade das Besondere am Punisher ist. Das alles ist umrahmt von einem unspektakulären bis nervigen Soundtrack, der vielleicht den Rock aus dem Abspann gebraucht hätte. Die Hoffnung für alle Comicfreunde bleibt wohl weiterhin „Spider-Man 2“. Link-Tipp: Punisher-Soundtrack - Die Musik zum Film