Quentin Tarantino macht einen neuen Film. "Django Unchained" soll Ende des Jahres gedreht werden. Wir haben bereits das Drehbuch vorliegen und präsentieren euch nun die erste Drehbuchkritik der FILMSTARTS-Geschichte.
Schon auf den ersten Seiten von „Django Unchained“ reiht sich Highlight an Highlight. Nach der Kurzeinführung von Django tritt mit Dr. King Schultz der womöglich eigentliche Star des Films auf den Plan. Seine Unterhaltung mit den völligen überforderten, mit Sklaven handelnden Hinterwäldlern ist gleich mal ein Glanzstück, das seinen krönenden Abschluss findet, als Schultz einen der Brüder sehr höflich, aber doch mit einer Menge Nachdruck zur Unterzeichnung einer Quittung über den Verkauf von Django an ihn nötigt. In einem ähnlichen Stil geht es weiter, als Schultz und Django (dieser eher widerwillig) nur eine Szene später die Bar einer kleinen Western-Stadt besuchen, was den Sheriff auf den Plan ruft. Denn „Nigger“ sind in Saloons unerwünscht! – Kurzer Einschub: Quentin Tarantino benutzt das böse N-Wort nicht nur in Dialogen, sondern auch in Beschreibungen so oft wie noch nie. Spike Lee kann schon einmal anfangen, seine Protestreden zu schreiben – Von Schultz wird der Sheriff mit seiner Lieblingswaffe, einer im Ärmel versteckten kleinen Pistole, einfach und vorerst ohne jegliche Erklärung für den geschockten Django niedergemäht. Während Django um sein Leben fürchtet und sich vor dem Saloon der Marshall und eine Menge Scharfschützen platzieren, macht es sich Schultz am Piano gemütlich. Als er dann unbewaffnet dem Marshall entgegentritt, offenbart er dem verblüfften Gesetzeshüter, dass ihm dieser 200 Dollar schulde. Der vermeintliche Sheriff war in Wirklichkeit ein Halunke – Wanted dead or alive.
Den Kennenlernprozess der beiden Helden sowie Djangos Ausbildung zum Kopfgeldjäger und Revolverhelden beschreibt Tarantino mit vielen Zeitsprüngen. Ist Django zu Beginn sehr naiv und einfältig, weder im Umgang mit Pferden noch mit Waffen geübt, dazu kaum bekleidet, verändert er sich von Szene zu Szene weiter. Interessanterweise verknüpft Tarantino mit dieser äußerlichen Entwicklung zum Positiven eine gegenläufige innere Wandlung, die der Figur deutlich stärkere Grautöne verleiht. Anfangs fast herzensgut, sich nach seiner großen Liebe sehnend und mit Gewissenbissen dabei, einen Mörder vor den Augen von dessen Kind abzuknallen, wird Django im Fortlauf zum einsamen Rächer, der über Leichen geht und auch eine Hausfrau in die Luft jagt, um sein Ziel zu erreichen.
Wie bei Tarantino üblich gibt es eine illustre Schar bunter Figuren, die für Gastauftritte von Tarantino-Regulars oder Hommage-Castings herhalten könnten. In den Vordergrund drängen sich neben Schultz und Django vor allem noch vier Charaktere. Djangos Frau Broomhilda, deren Name Tarantinos Version von „Brunhilde“ ist, bekommt als einzige weitere Figur ein eigenständiges „Kapitel“, das ihren Leidensweg verdeutlicht. Dort wird auch eine kurze Phase des Glücks in einer Familie mit dem bezeichnenden Namen Harmony beschrieben, wo sie eine richtige Beziehung mit dem dicken Sprössling der Sippe hat. Diese Familie ist von Tarantino offensichtlich als klarer Gegenentwurf zum Maxwell-Clan aus „Mandingo“ konzipiert. Richard Fleischers Exploitation-Drama wird von Tarantino bewundert und in „Django Unchained“ gleich mehrfach zitiert. Auffallend ist, dass Tarantino für Broomhilda eine Menge deftiger Szenen wie Vergewaltigungen und nackte Demütigungen geschrieben hat. Wenn er immer wieder betont, dass „Mandingo“ und Paul Verhoevens „Showgirls“, außergewöhnliche Filme allein deswegen seien, weil es die einzigen richtigen Exploitationer sind, die unter einem Studiodach entstanden sind, scheint er daran anknüpfen zu wollen. „Django Unchained“ ist Tarantinos erster Exploitationfilm!
Neben mehreren Strauchdieben, Hillbillys, die zu blöd sind, sich Ku-Klux-Klan-Masken zu basteln und anschließend noch was zu sehen, und einigen Plantagenbesitzern gibt es drei zentrale Schurken, die den Weg der beiden Protagonisten kreuzen. Calvin Candie ist zwar der Hauptantagonist, durch und durch böse und mit dem richtigen Darsteller sicher ein Genuss, viel interessanter sind aber seine beiden wichtigsten Handlanger. Neben Ace Woody, einem Mandingo-Experten und skrupellosen Trainer, der zwei von fünf der für teuer Geld neu eingekauften Sklaven gleich mal tötet, weil sie es sowieso langfristig nicht schaffen, ragt Candies Haussklave Stephen heraus. Der im Skript als „The Basil Rathbone of House Niggers“ beschriebene Charakter ist sogar cleverer als sein Boss und hat gerade in der Konfrontation mit Django mehrere großartige Szenen. Django behandelt Stephen wie seinen eigenen Sklaven, demütigt ihn und spielt sich überlegen auf. Doch Stephen schluckt das herunter und wartet wie ein alter Fuchs auf seine Chance. Es wird ein Genuss diese Figur zu Leben erweckt auf der Leinwand zu sehen.
„Django Unchained“ trägt ganz klar Tarantinos Handschrift und ist nach der jüdischen Rache-Phantasie mit Hitler-Ermordung von „Inglourious Basterds“ ein weiteres außergewöhnliches Projekt. Dank Schultz gibt es lange Zeit die für Tarantino typische Coolness und viel Humor (auch dank eines sich zur Begrüßung verneigendem Pferdes mit dem schönen Namen Fritz), doch im Fortlauf wird der Ton immer grimmiger. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie explizit die Gewaltdarstellung schlussendlich ausfallen wird, aber Tarantino wird sich mit seinem brutalen und politisch unkorrekten „Southern“ möglicherweise mehr Feinde als Freunde machen. Nichtsdestotrotz: ein verdammtes Meisterwerk liegt in der Luft!
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