In unserem Pro/Kontra-Special streiten sich die FILMSTARTS-Redakteure Jan Hamm und Christoph Petersen zum Kinostart von "Four Lions", ob es wirklich eine gute Idee ist, Terroristen als Knallchargen darzustellen oder ob es nicht viel sinniger wäre, gleich ihre ganze Ideologie ad absurdum zu führen.
Terroristen sind keine Witzfiguren!
Von Jan Hamm
Die Protagonisten der Terroristen-Klamotte „Four Lions“ wären gerne Löwen, sind aber bloß islamistische Suizid-Bomber. Bloß? Ja, bloß! Denn diese Gestalten muss bestimmt niemand fürchten, so bescheuert wie sie hat sich schließlich noch niemand beim Jihad angestellt. Eher jagen sie sich selbst in die Luft, als dass sie auch nur einen Ungläubigen erwischen würden. Im Westen lachen wir inzwischen über alles, selbst über Adolf Hitler wurde in „Der große Diktator“ in den USA schon herzhaft hergezogen, als der Führer in Europa noch Millionen von Menschen vergaste. Mit seiner Gratwanderung zwischen purem Slapstick und präziser Faschismus-Analyse gelang Charlie Chaplin ein Meisterstück politischer Satire. Da lachte die Welt zu Recht. Aber reicht es auch schon aus, ein paar vertrottelte Jihadisten zu zeigen, die sich aus purem Unvermögen selbst in die Luft sprengen? Welche Einsichten erlaubt diese Herangehensweise denn schon? In „Four Lions“ wird nicht wie in „Der große Diktator“ eine verquere Ideologie parodiert, stattdessen entpuppt sich der Film als Slacker-Komödie, deren Protagonisten nur deshalb mit Sprenggürteln herumrennen, weil sie nichts Besseres mit sich anzufangen wissen.
Die depperten Terroristen aus "Four Lions" suchen nach Ungläubigen zum Wegbomben.
Das ist meilenweit entfernt von einer ergiebigen Auseinandersetzung, sondern eine satte Trivialisierung und unangebrachte Verharmlosung. Dabei hat die britische Komiker-Garde Monty Python mit „Das Leben des Brian“ doch längst vorgemacht, wie man Terrorismus humoristisch entkleidet. Die Volksfront von Judäa scheitert hier nämlich nicht in erster Linie deshalb so grandios an ihrem Umsturzversuch, weil sie nur aus Vollpfosten bestünde (was natürlich nichtsdestotrotz der Fall ist), sondern weil sie immer wieder an der klaren Ausformulierung der eigenen Ideologie scheitert:
Sich über Menschen lustig zu lachen, die sich selbst in die Luft jagen, um andere gezielt ins Verderben zu reißen, ist nicht erhellend, sondern schlicht zynisch. Mit der Behauptung, Terroristen seien eben bloß zu debil, um es besser zu wissen, wird der Schrecken ihrer Taten bagatellisiert. Statt die Möglichkeit zu nutzen, die Widersprüchlichkeiten islamistischer Radikalität aufzudecken (immerhin wird im Koran vom Heiligen Krieg genauso gepredigt wie vom Respekt gegenüber Andersgläubigen), beschränkt sich Regisseur Chris Morris in „Four Lions“ lieber auf eine oberflächliche Sketchparade. Was geht einem Al-Qaida-Schergen bloß durch den Kopf, wenn er zum Erreichen seines Ziels auf ein von der CIA gesponsertes Waffenarsenal zurückgreifen muss? Ein guter Filmemacher hätte mit solchen Widersprüchen gespielt. Bei jemandem, der die bittere Ironie und satirischen Steilvorlagen nicht erkennt, kommt hingegen so etwas heraus:
Uwe Bolls „Postal“ ist keinen Skandal wert. Dafür ist die selbstverliebte Provokation viel zu plump und durchschaubar geraten. Chris Morris spielt inszenatorisch freilich in einer ganz anderen Liga – trotzdem ist „Four Lions“ ebenso unergiebig zynisch und damit verzichtbar wie „Postal“. Einfach nur zu Lachen hilft nicht, wir müssen dabei immer auch einen klaren Blick für die Bedrohungen und Absurditäten unserer Zeit beibehalten. Diesen lassen „Four Lions“ und seine Terroristen-Clowns aber leider konsequent vermissen. Das führt soweit, dass selbst eine keineswegs komödiantisch angelegte Thriller-Serie wie „24“ den scharfsinnigeren Humor beweist. Im Echtzeit-Spektakel um US-Agent Jack Bauer (Kiefer Sutherland) sind die islamistischen Terrorzellen nämlich generell nicht in der Lage, die geopolitischen Auswirkungen ihrer Taten zu begreifen, weshalb sie schlussendlich trotz all ihrer hochtrabenden Revoluzzer-Rhetorik allenfalls Schachfiguren im Machtspiel grauer Eminenzen darstellen. Das ist bitterböse Ironie, die eine Erkenntnis erlaubt, die beim puren Zynismus von „Four Lions“ ausbleibt. Man darf über alles lachen, keine Frage. Aber gerade deshalb sollten wir aufpassen, ob wir mit unserem Humor ernste Probleme mit postmoderner Gleichgültigkeit einfach wegwischen (siehe: „Four Lions“) – oder ob wir durch hintergründige Satire erst damit beginnen, die richtigen Fragen zu stellen (siehe: „Das Leben des Brian“).
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