Mit der „FILMSTARTS-Perle“ gibt euch jeweils am Sonntag ein FILMSTARTS-Redakteur eine ganz persönliche Film-Empfehlung. Das können übersehene, unbekannte oder unterschätzte Werke genauso sein wie Lieblingsfilme und Guilty Pleasures. In jedem Fall sind es ganz besondere Filme, die das Ansehen und das Wiedersehen lohnen.
Von Andreas Staben
Wer sich für die Geschichte des US-Kinos interessiert, der kommt am Western nicht vorbei und wer die Hollywood-Klassiker so wie ich liebt, der wird sich auch für die Meisterwerke dieses uramerikanischen Genres begeistern. Höchste Zeit also für eine Western-Perle. Meine Wahl fällt dabei nicht auf einen Film eines der großen Regisseure aus der Blütezeit, sondern auf ein Werk, das noch keine zehn Jahre alt ist, von einem Filmemacher, der die alten Western selber liebt und der überdies einer meiner Lieblingsschauspieler ist: „Open Range“ von Kevin Costner.
Der Western wird schon seit Jahrzehnten totgesagt und gilt generell als Kassengift. Spätestens mit Clint Eastwoods düsterem Abgesang „Erbarmungslos“ von 1992 war für viele endgültig das letzte Wort gesprochen, doch auch im neuen Jahrtausend gibt es ganz unabhängig vom Erfolg immer mal wieder sehenswerte Exemplare der selten gewordenen Art - von Michael Winterbottoms „Das Reich und die Herrlichkeit“ bis zu Kelly Reichardts „Meek's Cutoff“, den wir hoffentlich auch in Deutschland noch zu sehen bekommen. „Open Range“ ist der bisher schönste Western des 21. Jahrhunderts, ein zugleich klassisches und zeitloses Werk der (Rück-)Besinnung auf aus der Mode gekommene Werte.
Zwei alte Haudegen im letzten Gefecht: Kevin Costner und Robert Duvall.
Weites, hügeliges Land und ein mächtiger Himmel. Am Horizont ist ein Cowboy zu sehen. Einklang zwischen Pferd und Reiter, Mensch und Natur. Majestätische Musik. Am Anfang von „Open Range“ nehmen Kevin Costner, Kameramann James Muro und der 2003 verstorbene Komponist Michael Kamen altbekannte Western-Motive auf und lassen sich Zeit. Überwältigende Landschaftsbilder und eine jubilatorische Musik, in der dem Schwung berühmter Westernsoundtracks wie „Weites Land“ von Jerome Moross und „Die glorreichen Sieben“ von Elmer Bernstein ein Schuss Melancholie beigefügt ist, prägen die Stimmung und wir lernen die vier Cowboys Boss Spearman (Robert Duvall), Charley Waite (Kevin Costner), Mose (Abraham Benrubi) und Button (Diego Luna) kennen, die Viehherden übers Land treiben und in der Abgeschiedenheit ein einfaches Nomadenleben führen. Als ein Sturm aufkommt, versinkt ihr Planwagen im Schlamm. Sie entscheiden angesichts der Wetterlage, einen der ihren in die nächste Stadt zu schicken und die Vorräte aufzustocken...
Nach diesem trotz der Beschwerlichkeit der Umstände (man achte im gesamten Film auf den ständigen Regen) fast idyllischen Beginn kommen einige der klassischen Gegensätze ins Spiel, die sich schließlich in Gewalt entladen: Die Cowboys, die das weite Land als frei verstehen und ihre Rinder überall grasen lassen, sehen sich mit einer neuen Ordnung konfrontiert. Der Großgrundbesitzer Denton Baxter (Michael Gambon) reklamiert die Weiden des Umlands für sich und sichert sein Terrain mit Stacheldrahtzäunen vor den sogenannten Freegrazers. Mit der Zivilisierung des „wilden“ Westens geht die Etablierung von kapitalistischen Strukturen einher, neben dem Gesetz hält auch die Macht des Geldes Einzug. Costner macht diesen Konflikt in seiner Unausweichlichkeit spürbar – unabhängig vom Ausgang des großen Shootouts ist klar, dass Cowboys wie Boss und Charley keine Zukunft haben. Die menschlichen Qualitäten dieser Männer aber, wie sie in Robert Duvalls Boss Spearman gebündelt werden, sind keineswegs überholt: Anstand und Ehre, Gerechtigkeitssinn und Loyalität mögen etwas altmodisch wirken, doch das sind sie für Costner nicht.
Großrancher Michael Gambon mag keine Freegrazers.
Es sind diese Menschlichkeit und das bis zur totalen Identifikation gehende Einfühlungsvermögen, die „Open Range“ weit über das Niveau einer Genre-Fingerübung heben. Die Liebe zu einer Zeit und zu einer Landschaft erhält erst durch die Liebe zu den Menschen in ihnen emotionalen Gehalt und Relevanz für unsere Gegenwart. Costner interessiert sich besonders für die Außenseiter wie den von Michael Jeter, der kurz nach Abschluss der Dreharbeiten an Aids starb, ergreifend dargestellten Horsekeeper Percy, der sich nicht einschüchtern lässt. Auch die Bösen werden nicht denunziert, obwohl sie nicht gerade differenziert gezeichnet sind. Die Cowboys wiederum sind wie so viele Westernhelden fast tragische Figuren, es fällt ihnen schwer, sich an neue Umstände anzupassen. Wenn Boss und Charley im Haus des Arztes (Dean McDermott) und seiner Schwester Sue (Annette Bening) zu Gast sind, wird dies auf humorvolle Weise klar: Sie bekommen noch nicht einmal ihre Finger durch die klitzekleinen Griffe der Teetassen aus Porzellan. Und doch sehnen sich auch die Weiden-Streuner nach Geborgenheit und Heimat, was in der fast wortlosen Romanze zwischen Charley und Sue berührend zum Ausdruck kommt. Benings Sue ist geduldig und zupackend zugleich, eine ideale Frau des Westens, Costner findet für Charley die richtige Mischung aus Inadäquatheit und Unsicherheit auf der einen, sowie Charme und Männlichkeit auf der anderen Seite.
Alle Rollen sind fast wie in einem Klassiker von John Ford oder Howard Hawks hervorragend besetzt: vom jungen und ungestümen Diego Luna („Y Tu Mama Tambien“, „The Terminal“) über den gutmütigen Abraham Benrubi („Emergency Room - Die Notaufnahme“) bis zu James Russo („Donnie Brasco“, „The Postman“) als opportunistischer Sheriff. Das auch darstellerische Herzstück ist jedoch die Beziehung zwischen Charley und Boss. Die beiden Cowboys reiten seit einem Jahrzehnt gemeinsam durchs Land und verhalten sich fast wie ein altes Ehepaar. Boss Spearman ist schweigsam, aber wortgewandt, romantisch und realistisch, Charley etwas aufbrausend und grüblerisch, weniger gelassen. Mit wenigen Worten und kleinen Gesten zeichnen die beiden Stars das bewegende Bild einer ganz besonderen Freundschaft. Robert Duvall („Der Pate“, „Apocalypse Now“) verleiht Boss zudem die Autorität einer Leinwandlegende, er hält Kevin Costners Charley, der die Last einer blutigen Vergangenheit mit sich trägt, in einem entscheidenden Moment vom Mord ab, schreckt aber, als es kaum mehr eine andere Wahl gibt, nicht vor der Gewalt zurück. Im ausgedehnten und hervorragend gefilmten Showdown kommt es schließlich zu einer wilden Schießerei. Laut und brutal ist sie fernab von nostalgischer Verklärung, das Unerhörte von Schmerz und Verlust wird vielmehr unterstrichen.
Bürgen der Zivilisation: Sue Barlow (Annette Bening) und der Doc (Dean McDermott).
Kevin Costner hat sich seit seiner Hauptrolle in Lawrence Kasdans „Silverado“ 1987 wie kein zweiter zur großen amerikanischen Western-Tradition bekannt und sie fortgeführt. In seinem Regiedebüt „Der mit dem Wolf tanzt“ verband er schon 1990 die Liebe zu den alten Meistern mit einer zeitgemäßen Sensibilität und landete einen Riesenhit. Sein mit sieben Oscars ausgezeichneter Grenzwestern traf mit einer sanften Öko-Botschaft und dem Versuch, der indianischen Kultur gerecht zu werden, den Nerv des Publikums. Der Film besaß noch die typische Beflissenheit eines Erstlingswerks und sein aufklärerisches Anliegen schob sich zuweilen etwas stark in den Vordergrund, was aber die besondere Attraktivität des Werks eher noch verstärkte. Bei Costners zweiter Regiearbeit, dem unterschätzten, postapokalyptischen „Postman“ wurde die idealistische Verve weniger gut aufgenommen. Mit dem abgeklärteren „Open Range“ zeigte Costner dann endgültig, dass es ihm nie um eine programmatische Modernisierung seines Lieblingsgenres ging, sondern einfach um ganz individuelle Erzählungen eines Westernliebhabers. Wie in seiner Darstellung des legendenumrankten Titelhelden in Kasdans „Wyatt Earp“, dem er seine menschliche Dimension zurückgab, ohne den Mythos bloßzustellen, unternimmt Costner auch in „Open Range“ weder einen rückwärtsgewandten Wiederbelebungsversuch noch eine postmoderne Dekonstruktion. Er erzählt einfach eine Geschichte wie sie ihm gefällt: von einem Land und seinen Menschen, von der Vergangenheit und der Gegenwart, von Freundschaft und Liebe.
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