Seine mit einem Oscar prämierte Rolle in David O. Russells Boxer-Drama „The Fighter“ ist nun schon die dritte in der Karriere von Christian Bale, für die sich der „The Dark Knight“-Star vorab etliche Kilos abhungerte. Aber haben diese exzessiven Diäten eigentlich überhaupt noch etwas mit Schauspielerei zu tun? Unsere Redakteure Christoph Petersen und Jan Hamm vertreten zu diesem Thema völlig gegensätzliche Meinungen.
Hungrig nach Schauspiel!
Von Jan Hamm
Blicken wir zunächst noch einmal auf die Geschichte Hollywoods zurück: In den 1940ern prägte der amerikanische Schauspiellehrer Lee Strasberg den Begriff des „Method Acting“ – und damit eine Darsteller-Schule, die uns unvergessliche Leinwand-Momente beschert hat. Wo wäre das Kino heute ohne die fleißigen Lehrlinge Strasbergs, ohne Robert De Niro und Al Pacino, ohne Marlon Brando und James Dean, ohne Dustin Hoffman und Paul Newman? „Method Acting“, das ist kein Dogma der körperlichen Marter oder gar der zerstörerischen Metamorphose, sondern ein besonderer Rollenzugang: Die portraitierte Figur soll nicht bloß mimisch und gestisch simuliert, sondern emotional durchdrungen, von innen heraus begriffen werden. Kein Regisseur, kein Drehbuchautor kann den Spielern das abnehmen. Statt sie dafür zu verspotten, sollten wir den emotionalen – nicht körperlichen – „Method Acting“-Kraftakt würdigen!
Radikaldiät? Mut zur Hässlichkeit? Nein, den Oscar für „The Fighter“ hat Christian Bale mehr als verdient gewonnen, weil er sich Hals über Kopf in die hochanspruchsvolle Rolle des Dicky Eklund gestürzt hat. Die fliehende Stirn, der abgemagerte Leib, das sind Bauernopfer eines leidenschaftlichen Schauspielers. Deswegen werden wir uns an diese Figur erinnern: Selten hat eine derart abstoßende Gestalt so berührt, selten war ihr Schicksal wider alle Abscheu so ergreifend. Was schert es uns, über welche Umwege Bale seine darstellerische Erleuchtung erreicht? Wir gehen ins Kino, um uns mitreißen zu lassen – und nicht, um unsere verhohlenen Fitnessberater-Ambitionen auszuleben. Außerdem, Hand aufs Herz: Sieht so etwa ein gesundheitliches Wrack aus:
Mysteriös: Christian Bale, halb zu Tode geschunden in "The Fighter" (links) und kurz darauf putzmunter beim Oscar-Sieg 2011 (rechts).
Müssen Schauspieler saufen, um Säufer darzustellen? Natürlich nicht! Aber sei es drum, begeben wir uns für einen Moment in die tiefsten Tiefen des Hollywood-Boulevard: Charlie Sheen hat seine Schauspielkarriere und seinen Ruf gegen die Wand gefahren, weil er mit dem Teufel um die Wette gebechert hat. Ist Christian Bale am Set von „Terminator: Die Erlösung“ etwa ausgetickt, weil er den Schädel voller Stoff hatte? Ganz im Gegenteil: Er war zum Bersten angespannt, weil er den Film und seine Figur – anders als sein Regisseur McG – ernst genommen hat und seinem Publikum ein intensives Kinoerlebnis bescheren wollte. Bale hat sich nicht nur auf dem Fuße bei Kameramann Shane Hurlbut, dem unglückseligen Ziel seiner Schimpfkanonade, sondern auch noch in aller Öffentlichkeit entschuldigt:
Das hat Stil! Und damit dürfen wir seinen Freidreher, ganz anders als die Eskapaden des Herrn von und zu Sheen, guten Gewissens als eine der brüllkomischsten Choleriker-Sternstunden seit Klaus Kinski – und kontextbewusst als Zeugnis seiner Passion – feiern! Gleichwohl kann man es manchen eben nie recht machen. Sicher, James Franco musste sich keinen Arm abschmirgeln, um als Aron Ralston in „127 Hours“ zu begeistern. Doch ebenso wenig musste Bale zum Heroin-Besteck greifen, um „The Fighter“ zu vergolden. Vielmehr verdienen beide gleichermaßen Respekt für ihre Leistung.
Musste einen obszönen Kilo-Stunt vollführen, um bei den Oscars 2008 überhaupt zugelassen zu werden: Daniel Day-Lewis als gertenschlanker Adonis (links) und als Schwergewicht Daniel Plainview in „There Will Be Blood“ (rechts).
Wo wir gerade dabei sind: Was hat es eigentlich mit diesem verächtlichen Zungenschnalzen auf sich, der Academy gelte das Schinden mehr als das Spielen? Blicken wir zurück: Jeff Bridges („Crazy Heart“), Sean Penn („Milk“), Daniel Day-Lewis („There Will Be Blood“) und Forest Whitaker („Der letzte König von Schottland“) – alles bloß oscargeile Masochisten und Körperfeinde? Wohl kaum! Unter diesen Männern ist Christian Bale in bester Gesellschaft. Und wem seine mutigen Methoden tatsächlich zu sehr aufs Gemüt schlagen, für den hält die weite Welt des Films ja garantiert diätfreie Schauspiel-Großtaten bereit:
Fazit: Christian Bale hat den Oscar verdient, weil er das Schauspielkino unschätzbar bereichert. Was er mit seinem Körper anstellt, um sich in seine Rollen einzufühlen, ist seine Privatangelegenheit. Wer sind wir, über die Risikobereitschaft unserer Entertainer zu richten? Wir lassen uns schließlich auch nicht von deutschen Autobahnen vertreiben, nur weil hinter jeder Kurve Schicht im Schacht sein könnte.
- 1
- 2
-
Thawyer
-
Fain5
-
PaddyBear
-
Fain5
-
Padrino90
-
bestsimon
-
LeonardBlondieTyler
-
Loconut
-
Jack-ONeill
-
Luphi
-
Loconut
-
ach-herr-je
-
Sortus
-
Philosoph
-
digital-bath
-
P14INVI3VV
-
FrancisMcJoe
-
FrancisMcJoe
-
Stazzmatazz
-
Cinergie
-
Da HouseCat
-
KittyBale
-
stonyrue
-
Laotse
-
- Terrifier 3
- Red One
- Hagen
- Der Spitzname
- The Lord Of The Rings: The War Of Rohirrim
- Niko 3 - Reise zu den Polarlichtern
- Gladiator 2
- Die drei ??? und der Karpatenhund
- Wicked - Teil 1