FILMSTARTS sprach mit Aron Ralston, auf dessen unglaublicher Geschichte Danny Boyles oscarnominiertes Drama "127 Hours" mit James Franco beruht.
Von Jan-Thilo Caesar
Danny Boyles Survival-Drama "127 Hours", das ab dem 17. Februar 2011 in den deutschen Kinos zu sehen ist, wurde unlängst für sechs Oscars nominiert. Im Mittelpunkt steht der im Film von James Franco verkörperte Extremsportler Aron Ralston, der bei einer Klettertour in Utah in einer Felsspalte steckenblieb und sich aus dieser misslichen Lage nur befreien konnte, indem er sich nach 5 Tagen mit seinem Taschenmesser selbst den rechten Arm abtrennte. FILMSTARTS traf diesen ungewöhnlichen Mann in London zum Interview, wo er uns erzählte, wie seine Mutter seinen E-Mail-Account gehackt hat und warum ihm das womöglich das Leben gerettet hat.
FILMSTARTS: Nachdem du ein Buch über dein Erlebnis geschrieben hast, wolltest du ursprünglich eine Dokumentation daraus machen. Was hat dich umgestimmt?
Aron Ralston: In erster Linie war es Danny, der mich überzeugt hat in eine andere Richtung zu gehen und ein Drama aus meiner Geschichte zu machen. Nachdem wir schon einige Jahre über das Projekt gesprochen haben, wurde mir klar, dass er einen wirklich authentischen Spielfilm drehen wollte. Die meisten Hollywood-Produktionen, die auf wahren Begebenheiten basieren, weichen sehr stark von ihrer Grundlage ab. Danny wollte nicht einfach nur meinen Überlebenskampf dokumentieren, er wollte, dass der Zuschauer ihn am eigenen Leib miterlebt. Im Nachhinein bin ich froh, dass er mich überredet hat.
FILMSTARTS: Du hast durch Selbstamputation dein Leben gerettet, hättest du gedacht, dass du zu so etwas fähig sein könntest?
Aron Ralston: Nein, das wusste ich vorher nicht. Ich bin auch nicht besser oder schlechter als andere Menschen. In uns steckt meist viel mehr als wir vermuten würden. Deswegen sollte man auch keine Herausforderung scheuen, nur weil man glaubt, man könne sie nicht bewältigen.
Aron Ralston bei den Dreharbeiten zu "127 Hours"
FILMSTARTS: Hattest du damals medizinische Vorkenntnisse, du hättest schließlich bei dem Versuch einer Selbstamputation sterben können?
Aron Ralston: Nicht wirklich, aber ich wusste schon in etwa, was zu tun ist. Hätte ich damals mehr über Medizin gewusst, wäre ich das Risiko aber wahrscheinlich gar nicht erst eingegangen. Meine Chancen lebend bis zu meinem Auto zu kommen und ein Krankenhaus zu erreichen, ehe ich zu viel Blut verliere, waren eher gering und ich verdanke es einigen glücklichen Zufällen, dass ich es doch geschafft habe.
FILMSTARTS: Wie meinst du das?
Aron Ralston: Als ich den zweiten Tag nicht zur Arbeit kam, hat mein Chef meine Mutter angerufen und sie wusste sofort, dass ich mich nicht verirrt haben würde, sondern Hilfe brauchte. Dummerweise habe ich niemanden erzählt, wo ich hinfahre, also ist sie in meinen E-Mailaccount eingebrochen und hat alle Leute in meiner Kontaktliste gefragt, wo ich sein könnte. Ein Freund meinte, dass ich ihn vor einem Monat gefragt habe, ob er im Frühjahr mit mir zu den Canyons fahren möchte und so wussten sie, wo sie suchen mussten. Es war riesiges Glück, dass der Rettungshelikopter dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, sonst wäre ich wahrscheinlich verblutet.
FILMSTARTS: Welche Stunden waren die Schlimmsten für dich?
Aron Ralston: Im Film kommt es zwar nicht vor, aber ich habe ernsthaft überlegt, mir mit dem Messer das Leben zu nehmen. Den Gedanken habe ich aber auch recht schnell wieder verdrängt. Die schwersten Stunden hatte ich, glaube ich, in der fünften Nacht im Canyon. Ich habe meinen Namen, meinen Geburtstag und das Datum, April 2003, an die Felswand geschrieben, damit man mich identifizieren kann, wenn ich gefunden werde. Um Mitternacht fing dann der Mai an, deswegen hab ich überlegt, ob ich "April" durchstreiche und das Datum korrigiere. (lacht) Zu dem Zeitpunkt war ich aber fest davon überzeugt, dass ich so oder so keinen weiteren Tag überleben würde und mir meine letzte Nacht bevorstünde.
FILMSTARTS: Gibt es etwas im Film, das du gerne ändern oder hinzufügen würdest?
Aron Ralston: Auf jeden Fall mehr Musik von Phish! (lacht) Ich hätte gerne mehr von der Rettungsaktion gezeigt, die ich meiner Mutter zu verdanken habe. Leider hätte das den Rahmen des Films einfach gesprengt, aber ein Team hat mit ihr eine Mini-Dokumentation gemacht, die auf der DVD zu "127 Hours" zu finden sein wird.
James Franco on Tour als Aron Ralston
FILMSTARTS: Trotz des Unfalls hast du das Klettern bis zum heutigen Tag nicht aufgegeben. Hat sich dein Leben dadurch überhaupt verändert?
Aron Ralston: Zuerst wollte ich gar nicht, dass sich etwas verändert und ich habe die ganze Erfahrung verdrängt. Ich suchte weiter das Abenteuer und bin dabei sogar noch weitergegangen als vor dem Unfall. Ich bin viele Risiken eingegangen, aber irgendwann hab ich mich gefragt: "Hast du deine Lektion immer noch nicht gelernt?". Es hat sieben Jahre gedauert, dann wurde mein Sohn geboren und ich habe angefangen, mein Leben ernsthaft umzukrempeln. Ich klettere zwar immer noch gerne, aber ich riskiere nicht mehr so viel wie früher.
FILMSTARTS: Wie war es für dich, bei den Dreharbeiten wieder an den Ort des Unglücks zurückzukehren?
Aron Ralston: Nach dem Unfall war ich einige Male dort, allerdings war es irgendwie surreal James Franco dort in meinen Klamotten herumlaufen zu sehen. Es war ein wenig, als würde ich den Geist meiner Vergangenheit beobachten. Es ist schwer zu erklären, aber es gab Momente, in denen ich das Gefühl hatte, ich würde meine eigenen Erinnerungen anschauen.
FILMSTARTS: Hast du manchmal Albträume, in denen du immer noch in dem Canyon gefangen bist?
Aron Ralston: Eigentlich hatte ich immer nur einen Albtraum: Ich war in dem Canyon und mein Arm war wieder da. Dieses leblose, faulige Ding hing an mir und ich habe verzweifelt versucht, ihn wieder loszuwerden. Als er dann endlich abfiel, war ich erleichtert.
"127 Hours" startet am 17. Februar in den deutschen Kinos.
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