Mit der Mini-Serie „Die Säulen der Erde“ wird nach 20 Jahren Ken Folletts gleichnamiger Mega-Seller endlich verfilmt. Wir haben die Adaption, die am Wochenende ihre Premiere auf dem US-Sender Starz feierte und im Laufe des Jahres auch nach Deutschland kommen wird, für euch unter die Lupe genommen.
„Die Säulen der Erde“ ist ein Monstrum von einem Buch. Ken Follett nimmt sich sehr viel Zeit, um seine Charaktere und vor allem den Bau der Kirche detailliert zu beschreiben. Die von den Brüdern Ridley und Tony Scott co-produzierte Mini-Serie hat zwar mit 360 Minuten auch eine Menge Laufzeit, aber bei den vielen Ereignissen, die da noch kommen, ist das zu wenig, um die Charaktere breit einzufügen. So wirkt die erste halbe Stunde unglaublich gehetzt und raubt einem fast die Lust am Weiterschauen. Holzschnittartig wird ein Charakter nach dem nächsten eingeführt, in wenigen Augenblicken wird dem Zuschauer klar gemacht, ob er nun zu den Guten oder den Bösen gehört.
Da versucht sich der aufkommende Edelmann William Hamleigh (David Oakes) plump die Liebe der schönen Aliena (Hayley Atwell) zu sichern, die ihn aber abweist und als aufrichtige Unschuld dasteht, während Hamleigh gemeinsam mit seinem getreuen Schergen Walter (Götz Otto) seinen Frust an der Familie des unbescholtenen Tom Builder (Rufus Sewell) auslässt. In nur wenigen Minuten werden so Hamleigh und Walter als machtgierige Bösewichte und Builder als ehrlicher, hart arbeitender Frontmann der Guten eingeführt. In diesem Stakkato geht es weiter, für Grautöne bleibt lange Zeit kein Raum. Erst nach und nach fängt sich das Drehbuch. Autor John Pielmeier musste den Stoff für ein TV-Publikum adaptieren, was nicht nur aufgrund der Komplexität der Vorlage Änderungen verlangt. Er fährt vor allem den melodramatischen Anteil hoch und kostet diese Szenen genüsslich aus, womit er den Zuschauer nach und nach zumindest an einige der eingeführten Figurenschablonen bindet. Grautöne bleiben zwar weitestgehend außen vor (oder sind kleineren Nebenfiguren vorbehalten), aber immerhin bekommt die eigentlich positive Figur des gläubigen Mönchs Philip (Matthew MacFadyen) leichte Schattierungen, wenn er sich immer wieder naiv mit verlogenen Leuten einlässt und so die falsche Seite fördert.
Gedreht wurde „Die Säulen der Erde“ zu großen Teilen in Ungarn und die Produktion kann auch nie ganz verleugnen, dass sie trotz des finanziellen Aufwands (ein stolzes TV-Budget von 40 Millionen Dollar) nicht in einer Liga mit großen Kinoproduktionen spielt. Hin und wieder wirken Kostüme oder Landschaften ein wenig billiger als man es von der großen Leinwand gewohnt ist. Das Prunkstück ist deshalb ganz eindeutig der großartige Cast, der selbst einige Drehbuchschwächen oder manch platten Dialog munter überspielen kann. Nur das Kampftraining hat nicht bei allen gefruchtet. Wenn der kürzlich 75 Jahre alt gewordene Donald Sutherland leicht träge und unbeholfen das Schwert schwingt, wundert man sich schon ein wenig, warum seine jüngeren Kontrahenten sich reihenweise von ihm die Kehle durchschnitzen lassen.
„Die Säulen der Erde“ erreicht nicht die Komplexität der Vorlage, sondern fokussiert sich mehr auf melodramatische Elemente, was bisweilen ein wenig an eine Soap-Opera erinnert. Aber mit Fortlauf tritt dieses Problem immer mehr in den Hintergrund, auch weil es den Machern gelingt, die Spannung hoch zu halten und das dunkle Zeitalter angemessen düster und nicht so blutleer darzustellen, wie man es von manch anderer Kino- oder TV-Produktion gewohnt ist.
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oiskin1969
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Björn Becher