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Dienstag, 20. April 2010 - 14:04
Filmstarts berichtet ausführlich von der Nippon Connection 2010, dem mittlerweile bedeutendsten japanischen Filmfestival in Deutschland.
Bei seinem 10-jährigen Jubiläum vom 14. bis 18. April 2010 hatte das japanische Film- und Kulturfest „Nippon Connection“ wirklich gute Gründe, sich selbst zu feiern: Was im Jahr 2000 als studentische Initiative mit dem Ziel begann, einige Werke des damals kaum in Deutschland zugänglichen Filmschaffen Japans auf dem Campus zu zeigen, ist inzwischen zum größten und bedeutendsten Ereignis für die japanische Filmproduktion außerhalb Japans angewachsen. Nicht nur aus ganz Deutschland, aus ganz Europa reisen Filmbegeisterte und –schaffende nach Frankfurt am Main, um sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Als bei der ersten Veranstaltung 10.000 statt der erwarteten 1.500 Besucher die Hallen stürmten, war den beiden Gründern Marion Klomfaß und Holger Ziegler klar, dass es weitergehen muss. Treu geblieben ist man sich über die Jahre trotz aller Erfolge und der verschiedensten Erweiterungen des Programms.
Impressionen von der Nippon Connection
Die besondere, quietschlebendige Atmosphäre des Festivals entsteht durch die kreative und allumfassende Kombination von Filmen und der dazugehörigen Kultur. Für das leibliche Wohl sorgen stilecht Sushi, Ramen-Suppen, Teezeremonie und andere japanische Köstlichkeiten, während Workshops und Performances traditioneller japanischer Künste zum ästhetischen Genuss und Mitmachen einladen. Neben der alljährlichen Aufforderung an die Gäste, beim Karaoke für heitere Stimmung zu sorgen oder nach langem Sitzen in der Spielhölle in Bewegung zu kommen, gab es in diesem Jahr eine Mokuhanga-Performance zu bewundern: Auf Holzdruckplatten schnitzt der Künstler Yuki Nishijiri in Windeseile die Bewegungen einer Tänzerin, die live auftritt. Die Ergebnisse und weitere Werke des Künstlers waren in der dazugehörigen Ausstellung erstmals in Deutschland zu sehen.
Ein wahres Juwel mit Seltenheitswert bot die Kodan-Performance mit Workshop von Kyoko Kanda und Takiya Kuwahara. Diese traditionelle Kunst des lebendigen, rhythmischen Erzählens wird heute in Japan nur noch von circa 60 Künstlern beherrscht. Getragen vom Trommeln des Hariougi (Fächer) werden Epen von Helden, Abenteuern und natürlich den großen menschlichen Emotionen von in kostbare Gewände gehüllten Künstlern vorgetragen. Minimalistisches Theater mit großer Intensität.
Wer in die Hintergründe japanischer Kultur einen Einblick gewinnen wollte, konnte sich in verschiedenen Vorträgen von renommierten Wissenschaftlern belehren lassen. Japanische Jugendkultur im Film, die japanischen Vorabendserien (Dorama) sowie der auch in Deutschland sehr erfolgreiche Kultautor Haruki Murakami („Hard Boiled Wonderland“, „Tanz mit dem Schafsmann“) und seine noch nicht vollendete Trilogie „1Q84“ wurden hier ausführlich beleuchtet.
„Dolls“
Um in diese kunterbunte japanische Welt mitten in Deutschland eintauchen zu können, die gleichermaßen für Stille und Konzentration wie für Schrilles und Ausgelassenheit Platz lässt, musste man sich vom ebenso vielfältigen Filmprogramm loseisen. Die Retro-Reihe war im Jubiläumsjahr ausnahmsweise nicht einem Regisseur, sondern dem Festival selbst gewidmet: Zehn herausragende Filme aus zehn Jahren Nippon Connection durften noch einmal auf die Leinwand des urigen „Mal seh’n“ Kinos, darunter der bildgewaltige Dolls (2003) von Takeshi Kitano oder der fulminante Love Exposure (2009) von Sion Sono.
Als Geburtstagsgeschenk erstmals mit einem Preis (eine Untertitelung für den nächsten Film von JVTA Japanese Visualmedie Translation Academy aus Tokio) ausgestattet, bot die Sektion „Nippon Digital“ wie immer Experimentelles, Abwegiges und Verstörendes aus den Händen und Köpfen digitaler Medienkünstler. Seit Jahren sind hier das Pia International Film Fest und die multimediale Plattform „Digista“ verlässliche Lieferanten für spannende Produktionen. Zum Jubiläum steuerten die drei Gastkuratoren Tokioshi Shiota (Programmchef des Yubari International Fantastic Film Festival), Shozo Ichiyama (Programmchef des Tokyo Filmex Festivals) und Tom Mes (Mitbegründer der Website für japanisches Kino midnighteye.com) Programme bei. Den Award holte sich allerdings die beschauliche Dokumentation „Live Tape“ von Tetsuaki Matsue, die den Musiker Kenta Maeno am Neujahrstag auf einen musikalischen Spaziergang durch Tokio begleitet. Auf den Wegen seiner Kindheit kommentiert der Künstler in meist melancholischen Gesängen die Stimmung seines Stadtteils.
Das Nippon Cinema Programm hielt Beschauliches und Verrücktes bereit. Das gänzlich Extravagante war in diesem Jahr allerdings nicht dabei, was wohl auch Ausdruck der wachsenden Filmindustrie Japans ist. Der Platz um die Leinwände ist härter umkämpft, kleinere und unabhängige Produktionen haben dabei eher das Nachsehen und kommen seltener ins Kino.
Völlig im Einklang mit der aktuellen Beliebtheit animierter Filme steht auch die Wahl des mit 2000 Euro dotierten Zuschauerpreises, den sich das Fantasy-Abenteuer „Oblivion Island: Haruka And The Magic Mirror“ von Shinsuke Sato holte. In liebevoll gestalteten Welten begibt sich die 16-jährige Haruka auf die Suche nach ihren verlorenen Kindheitserinnerungen. Das jedoch ist nicht im Sinne dieser Welt aus Imagination und Vergessenem, und so sieht sich das Mädchen bald verfolgt von den zugleich bezaubernden und verstörenden Landschaften dieses geheimnisvollen Reiches.
„Oblivion Cotton“
Auf dem zweiten Platz landete der völlig durchgeknallte „Symbol“ des in Japan sehr erfolgreichen Komikers Hitoshi Matsumoto. Auf der Nippon Connection 2008 präsentierte er seinen wahnwitzigen Humor bereits in seinem ersten Spielfilm Der große Japaner – Dai-Nipponjin. In „Symbol“ geht es nun um einen Wrestler, der sich in einer mexikanischen Kleinstadt auf einen aussichtslosen Kampf vorbereitet, während ein leicht verwirrter Mann in einem türlosen Raum ebenso aussichtslos versucht, nach Hause zu gelangen. Schließlich hat er Hunger. Zum Glück wohnen Putten (barocke, meist nackte Knabenfiguren) in der Wand, die bei Druck auf ihren Penis milde Gaben spenden….
Handwerklich überzeugend mit ausdrucksstarken Bildern und wohldosiertem Sounddesign setzten zwei Remakes ganz auf die klassische Erzählweise. Mit „Heaven’s Door“ widerfährt einem deutschen Film die eher seltene Ehre, in japanischem Gewand zurück auf die Leinwand zu kehren. Im Gegensatz zum deutschen „Knockin’ on Heaven’s Door“ von Thomas Jahn begeben sich hier nicht zwei Männer, sondern ein 28-jähriger Loser und ein 14-jähriges Mädchen gemeinsam auf ihre letzte Reise. Beide haben nicht mehr lange zu leben und somit nichts zu verlieren. Und doch hängen sie verzweifelt an diesem bisschen Leben, das ihnen noch bleibt. Denn danach trachtet ihnen ein Gangster, dessen Auto mit einem Koffer voller Geld die beiden leichtsinnig gestohlen haben, während die Polizei sie zum Sterben ordnungsgemäß ins Krankenhaus zurückbringen will. Im Vergleich zum deutschen Film wählt Regisseur Michael Arias Bild und Sound sorgfältiger aus und gibt den Emotionen seiner Figuren inklusive der Nebencharaktere mehr Zeit, um sich zu entfalten.
Isshin Inudo nimmt mit „Zero Focus“ den gleichnamigen Klassiker seines Landsmannes Yoshitaro Nomura aus dem Jahr 1961 wieder auf. Der mysteriöse Thriller um die Suche der jungen Teiko nach ihrem auf rätselhafte Weise verschwundenen Mann erinnert in der Präzision seiner Bilder und dem Fokus auf undurchsichtige Gesichter an die Meisterwerke Alfred Hitchcocks. Was diesem Tippi Hedren als Marnie war, ist Isshin Inudo die makellos schöne Miki Nakatani („Train Man“, Nippon Connection 2006) als Sachiko Murota. Die Schicht um Schicht mühsame und schmerzliche Enthüllung, die letztlich in eine Anklage gegen die Greuel des Krieges mündet, trägt den 130-minütigen Film mühelos.
„Zero Focus“
Der ernsthafte, dabei aber nicht schwermütige Blick auf menschliche Befindlichkeiten in Extremsituationen ist eine der Spezialitäten der Filmemacher Japans. Mit dem Eröffnungsfilm „The Chef Of South Polar“ begibt sich Shuichi Okita an einen der unwirtlichsten Orte der Welt: An der Forschungsstation „Dome Fuji“ am Südpol herrscht eine Durchschnittstemperatur von Minus 50 Grad. Da halten es nicht mal Viren aus! Als fantasievoller und kreativer Koch zaubert Nishimura für die 8-köpfige Besatzung Köstlichkeiten aus dem exakt berechneten Vorrat – schließlich sind alle dazu verdammt, ein Jahr lang hier auszuharren. Beim und durch das Essen werden die Marotten, die jeder in dieser Einsamkeit fern von Familie und Freunden entwickelt, offenbar und Konflikte auf feinsinnige Art und Weise ausgetragen. Mit heiterer Gelassenheit und wohltemperiertem Humor beobachtet der Film die kleinen und großen Dramen, die sich in dieser isolierten Welt wie unter einem Brennglas fokussieren.
Weniger gelassen geht es in „Toad’s Oil“ zu. Der erfolgsreiche Börsenmakler Takuro hat es sich zum Motto gemacht, Verluste einfach wegzulachen und beim nächsten Deal wieder wett zu machen. Als allerdings sein lebensfroher Sohn Takuya nach einem Unfall ins Koma fällt und schließlich stirbt, kann er diesen Verlust nicht in sein übliches Schema einordnen. Inkognito nimmt er Kontakt zu Takuyas quirlig-naiver Freundin auf, versperrt sich aber dessen langjährigem Weggefährten Akiba. Hauptdarsteller und Regisseur Koji Yakusho („Shall we Dance?“) meistert die Gratwanderung zwischen schrillem Überspielen und dem stillen Akzeptieren seiner Emotionen. Das nicht Fassbare des Todes darf sich hier in kurzen surrealen Episoden Raum verschaffen, bis es in die Realität hervor gelassen wird.
„Toad's Oil“
Einsamkeit und Verlustangst sind selbstverständlich keine rein männlichen Phänomene, sondern treffen Frauen ebenso konsequent. Für Machiko in Satoko Yokohamas „Bare Essence Of Life“ scheint der tragische Unfalltod ihres Mannes unüberwindbar, selbst wenn er sie offensichtlich betrogen hat. Zum unverhohlen von ihr begeisterten Yojin geht sie strikt auf Distanz, da sie sich auf seine kindlich-überdrehte Art absolut nicht einlassen möchte. Seiner Liebe zu ihr scheint jedoch nichts unmöglich, und so nutzt er Dünger als Beruhigungsmittel, unterhält sich mit ihrem - im wahrsten Sinne des Wortes - kopflosen Freund und schließlich hört sogar sein Herz auf zu schlagen – was ihn aber nicht daran hindert, ihr weiter den Hof zu machen. Eine eigenwillige Komposition schriller Absurditäten und überhöhter Symbolik.
Realistischer geht es in „One Million Yen Girl“ zu, der Geschichte von einem Mädchen aus den Hochhaussiedlungen Tokios. Die 21-jährige Suzuko will von zu Hause ausziehen und gerät, unerfahren und impulsiv wie sie ist, in Haft. Als Vorbestrafte beschließt sie, eine Million Yen zu sparen, um wegziehen zu können. Das erste Ziel bringt ihr Komplimente und einen Verehrer, doch sie zieht weiter. Und weiter. Und weiter. Bis sie sich darüber klar wird, dass sie auf einer Flucht in Etappen ist: vor anderen Menschen, vor Gefühlen, und lezuzlich auch vor dem Leben. Yuki Tanada („Moon And Cherry“) begleitet diesen Weg zu sich selbst mit leisem Humor und viel Einfühlungsvermögen.
Zum Schreien komisch ist dagegen Keraliono Sandorovichs durchgedrehte Underdog-Komödie „Crime Or Punishment?!?“. Das um jeden Erfolg kämpfende Model Ayame (Riko Narumi) wird nach einem kleinen Ladendiebstahl zur Teilnahme an einer Imagekampagne der Polizei verdonnert. Einen Tag lang hat sie das Sagen im Revier. Während in der wirklichen Welt Überfälle, Mädchenmorde und Intrigen sich in atemberaubender Weise ineinander verwickeln, weiß die zurückhaltende, an sich selbst zweifelnde Ayame mit ihrer Macht kaum etwas anzufangen. Bis ihr plötzlich ein Licht aufgeht. Das Eingangszitat von Kafka hat durchaus seine Berechtigung in diesem Irrenhaus von Film. Eine auf den Punkt genau inszenierte Gaunerkomödie à la Layer Cake oder Ocean’s Eleven im Setting einer kafkaesken Welt. Mehr Vergnügen im Kino geht kaum.
Impressionen von der Nippon Connection
Und wer dann nicht mehr sitzen kann, gönnt sich zum Abschluss der „Nippon Connection“ eine Shiatsu-Massage mit anschließendem japanischen Cocktail. Und freut sich auf den nächsten April, wenn es wieder ein herzliches „Youkoso!“ (Willkommen) zur dann elften Nippon Connection geben wird.
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Nobbse
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