60 Jahre Deutschland: 1949 - 1958 - Seite 9

1956

Die Berlinale steigt zum A-Festival auf und ändert die Preisvergabe. Statt dem Publikum vergibt zum ersten Mal eine internationale Jury den Goldenen Bären. Die Auszeichnung des seichten Tanzfilms „Einladung zum Tanz“ von Gene Kelly stößt sogleich auf Kritik. Das Publikum prämiert stattdessen einen deutschen Film: „Vor Sonnenuntergang“ von Gottfried Reinhardt. Einen weiteren Goldenen Bären gab es für die Dokumentation „Kein Platz für wilde Tiere“. Gemein ist all diesen Filmen, dass sie schnell in Vergessenheit geraten. Ganz im Gegensatz zu einer anderen deutschen Produktion aus dem Jahr: „Der Hauptmann von Köpenick“ (siehe Bild), eine weitere Zuckmayer-Adaption von Helmut Käutner, mit Heinz Rühmann in der Titelrolle avanciert weltweit zum Erfolg und stürmt sogar die US-Kinos. In Deutschland schauen über zehn Millionen Zuschauer die verschmitzte Satire. Damit einher gehen zahlreiche Kritiker- und Publikumspreise. Dass es nicht unbedingt Qualität braucht, um das Publikum zu erreichen, beweist der zweite große deutsche Kinoerfolg des Jahres: „Liane, das Mädchen aus dem Urwald“ von Eduard von Borsody ist ein perfektes Beispiel für geschicktes Marketing. Das Versprechen viel nackter Haut lockt die Zuschauer in die Lichtspielhäuser. Dort sorgt auch ein Drama für die junge Generation für Aufsehen: Inspiriert von „... denn sie wissen nicht, was sie tun“ avanciert „Die Halbstarken“ zum Instant-Kultfilm. Alle drei Filmen zusammen haben großen Anteil daran, dass die deutsche Filmwirtschaft Rekordzahlen vorlegt: Rund 818 Millionen Tickets werden in über 6500 deutschen Filmtheatern verkauft. 1956 geht damit als besuchererreichtes Jahr überhaupt in die westdeutsche Kinogeschichte ein.