60 Jahre Deutschland: 1949 - 1958 - Seite 4

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Ein deutsches Filmfestival erblickt das Licht der Welt. Vom 6.6. bis zum 18.6. kämpfen zum ersten Mal Filme im Rahmen der Berlinale um die berühmten Goldenen, Silbernen und Bronzenen Bären. Zu den Gewinnern zählen „Ohne Angabe der Adresse“ von Jean-Paul le Chanois, „Schwurgericht“ von André Cayatte und der Walt-Disney-Klassiker „Cinderella“. Der deutsche Film reüssiert zwar nicht, erlebt aber zumindest an den Kinokassen ein erfolgreiches Jahr. Peter Lorre („M“) liefert mit „Der Verlorene“ seine einzige Regiearbeit ab. „Fanfaren der Liebe“ von Kurt Hoffmann avanciert zum Besuchermagneten. Dem Lustspiel mit Dieter Borsche und Georg Thomalla in den Hauptrollen liegt die gleiche Vorlage wie Billy Wilders acht Jahre später folgender Komödienhit „Manche mögen’s heiß“ zugrunde. Nachdrücklich in Erinnerung bleiben zwei Skandale: Im Westen löst „Die Sünderin“ (siehe Bild) nach seiner Uraufführung einen Proteststurm aus. Die nackte Hildegard Knef wird zum Politikum hochgekocht. Zudem wirft die Kirche den Machern vor, die Euthanasie zu unterstützen. Priester predigen lauthals gegen den Film und werfen sogar Stinkbomben in Kinos. Versuche, die Lichtspielhäuser abzuriegeln und Zuschauern den Eintritt zu verwehren, verhindern jedoch nicht, dass Millionen Neugierige sich „Die Sünderin“ dennoch anschauen. Im Osten feiert die brillante Heinrich-Mann-Verfilmung „Der Untertan“ Premiere. International bekommt Regisseur Wolfgang Staudte viel Lob, dem westdeutschen Publikum bleibt das Werk aber vorerst verwehrt. Es wird verboten und erst Jahre später in einer gekürzten Fassung gezeigt. Das Magazin „Der Spiegel“ bezeichnet Regisseur Staudte als „politischen Kindskopf“ und „verwirrten Pazifisten“.