FILMSTARTS am Set von... Quentin Tarantinos "Django Unchained"
von Christoph Petersen ▪ Mittwoch, 12. Dezember 2012 - 00:00

Nach dem Besuch des "Django Unchained"-Filmsets in New Orleans im vergangenen Mai liefern wir euch in diesem Special sechs Gründe, warum wir dem Western von Kult-Regisseur Quentin Tarantino nach dem Besuch des Sets und Gesprächen mit den Filmemachern noch stärker entgegenfiebert als zuvor!

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Eigentlich ist ein Interview mit Quentin Tarantino bei unserem Besuch des Sets gar nicht fest eingeplant. Aber als wir während einer Drehpause dort auftauchten, kommt er trotzdem sofort zu uns herüber und nimmt sich eine gute Viertelstunde Zeit, um mit uns über den Film, die Dreharbeiten und sogar sein geplantes Rentnerdasein zu sprechen. Und die Gerüchte stimmen: Tarantino ist ein Kinobekloppter, wie er im Buche steht! Er spricht mit einer solch mitreißenden Begeisterung nicht nur über seine eigenen Filme, sondern über das Kino im Allgemeinen, wie ich es bei noch keinem anderen Regisseur erlebt habe:

 

 

FILMSTARTS: Du sprichst schon seit Langem davon, einen Western drehen zu wollen...

 

Quentin Tarantino: Ich wollte schon immer einen Western machen. Für mich ist es ein wahrgewordener Traum, Filme machen zu dürfen, egal welchen Genres! Schon mit „Reservoir Dogs“ habe ich mir meinen Traum erfüllt, einen Gangsterfilm zu drehen. Ich mag es, mich an verschiedenen Genres auszuprobieren: Gangsterfilme, einen Martial-Arts-Film, einen Kriegsfilm und jetzt einen Western! Ich mochte schon immer Western und es gibt Western-Elemente in all meinen Filmen. Nachdem ich diese nun schon einige Male hineingeschmuggelt habe (vor allem in „Kill Bill Vol. 2“ und „Inglourious Basterds“), ist es doch schön, jetzt endlich einen richtigen Western drehen zu können. Wobei es allerdings gar kein lupenreiner Western ist, denn er spielt ja im Süden.

 

FILMSTARTS: Und du hast einen deutschen Cowboy…

 

Quentin Tarantino: Ja, wobei Django im ersten Film schließlich auch von einem Italiener - nämlich Franco Nero - gespielt wurde. Und dann kam Terence Hill in „Django und die Bande der Gehenkten“, in dem er denselben Charakter wie Nero spielte. Aber die anderen 39 „Django“-Filme haben dann gar keine Verbindung zum Ur-„Django“ mehr – und in manchen kommt nicht einmal ein Charakter mit dem Namen Django vor. Deshalb passen wir glaube ich ganz gut in die Liste inoffizieller „Django“-Sequels, in denen die Franco-Nero-Figur selbst nicht auftaucht. Und aus Django einen befreiten Sklaven zu machen und noch einen deutschen Zahnarzt-Kopfgeldjäger dazuzuschmeißen, ist schon ziemlich cool! (lacht)

 

 

FILMSTARTS: Nach „Jackie Brown“ nimmst du dich mit „Django Unchained“ zum zweiten Mal dem Thema Rassismus an. Gibt es bei dir irgendwelche Bedenken, wenn du dich solch schwieriger Themen annäherst?

 

Quentin Tarantino: Überhaupt nicht! Ich bin mir immer darüber bewusst, dass einige etwas dazu sagen werden. Aber das geht vorüber und dann ist der Film einfach nur noch der Film. Außerdem lasse ich mich niemals von dem, was irgendjemand vielleicht sagen könnte, von irgendetwas abhalten! Und wenn mich jemand zu sehr damit volllabert, dann sage ich einfach: „Ja, du hast recht, aber zugleich ist es doch trotzdem ein verdammt cooler Western!“

 

FILMSTARTS: Was sind die speziellen Herausforderungen beim Dreh eines Westerns?

 

Quentin Tarantino: Das Wetter! (lacht) Daran denkt man gar nicht, wenn man sich einen Western anschaut, aber das größte Problem ist das Wetter. Der Regen und der Wechsel des Lichts. Heute Morgen war das Licht noch vollkommen anders. Das Licht ändert sich und plötzlich kann man die begonnene Szene nicht mehr zu Ende drehen. Oh, da läuft mein dreifach oscarprämierter Kameramann ja gerade an uns vorbei! (Tarantino zeigt auf seinen DP Robert Richardson.) Das sind die großen Herausforderungen, aber alles andere ist einfach ein Traum.

 

FILMSTARTS: Die Ankündigung des Films kam wie aus dem Nichts – was genau hat sich an dem Projekt fasziniert?

 

Quentin Tarantino: Es ist einfach aus mir herausgeflossen. Ich habe schon einige Leute sagen hören: „Wow, früher mussten wir immer so lange auf deinen nächsten Film warten.“ Aber seit „Death Proof“ mache ich mich nach dem Ende eines Films gleich wieder an die Arbeit. Nachdem ich „Inglourious Basterds“ gemacht habe, kam mein Freund Richard Kelly, der Regisseur von „Donnie Darko“, zu mir und meinte: „Quentin, ich glaube du befindest dich gerade an einem ganz besonderen Ort. Ich möchte nicht, dass du machst, was du normalerweise machst. Nach all der Arbeit mit dem Film und der Promotion-Tour rund um die Welt sagt dein Instinkt dir vielleicht, dass du jetzt erst einmal eine Pause einlegen solltest. Aber mach keine Pause! Jetzt ist nicht die Zeit für Winterschlaf – jetzt läuft es gerade und du solltest dich sofort wieder in die Arbeit stürzen!“

 

Und dann hatte ich plötzlich diese Idee. Ich war in Japan auf Pressetour und dort sind Spaghetti-Western – dort heißen sie Macaroni Western – extrem populär. Ich habe mir einige Soundtracks besorgt und während ich sie mir anhörte, entwarf ich eine grobe Skizze des Plots und schrieb auch schon die erste Szene. Anschließend habe ich den Rest ziemlich schnell runtergeschrieben, ungefähr sechs Monate hat das gedauert. Ich habe mich sogar selbst ein wenig gebremst. Als ich halb fertig war, habe ich zwei Wochen nicht weitergeschrieben, denn ich hatte Angst, ich könnte zu hastig arbeiten.

 

FILMSTARTS: Ist es für dich üblich, ein Skript von einer solchen ersten Szene aus zu entwickeln?

 

Quentin Tarantino: Ja. Ich will das mal so sagen: Wenn man eine richtig gute erste Szene schreibt, dann entwickelt man die Ambition, auch auf diesem Niveau weiterzumachen. Es hat mich viel Zeit gekostet, „Inglourious Basterds“ zu Ende zu bringen. Aber einer der Gründe, warum ich ihn überhaupt zu Ende gebracht habe, war die großartige Eröffnungsszene. Denn diese Szene musste einfach auf die Leinwand!

 

 

FILMSTARTS: Wie kam es zur Besetzung von Jamie Foxx?

 

Quentin Tarantino: Wir haben uns getroffen und es war einfach großartig. Er hat die Story, den Kontext und die historische Bedeutung des Films sofort verstanden. Er spielt für mich, er spielt für die Leinwand, er spielt für sich selbst – aber er spielt auch für seine eigenen Vorfahren. Er kann nun die Dinge tun, die seine Vorfahren nicht tun konnten. Es ist eine sehr wichtige Story für alle Afroamerikaner und für überhaupt alle Amerikaner. Er hat das hundertprozentig verstanden. Außerdem ist er ein Cowboy… als ich ihn getroffen habe, stellte ich mir vor, dass er in den 60ern bestimmt seine eigene Western-TV-Serie gehabt hätte, wenn sie damals schon schwarze Schauspieler gecastet hätten

 

FILMSTARTS: Leonardo DiCaprio als sadistischen Sklavenhändler zu besetzen ist sicherlich nicht die offensichtlichste Wahl. Was hat dich auf die Idee gebracht?

 

Quentin Tarantino: Ehrlich gesagt hat er mich wissen lassen, dass er interessiert sei. Während ich einen Charakter im Skript entwerfe, versuche ich nicht zu spezifisch zu sein und noch Raum für Interpretationen zu lassen. Trotzdem habe ich eher an einen älteren Schauspieler gedacht. Aber dann hat Leo das Drehbuch gelesen und mochte es. Und da habe ich plötzlich erkannt, wie viel besser es wäre, die Figur als eine Art Caligula, einen jungenhaften Herrscher anzulegen: Der Vater seines Vaters seines Vaters begann das Geschäft mit der Baumwolle. Und der Vater seines Vaters machte es profitabel. Und sein Vater machte es noch profitabler. Nun ist er der vierte Candie, der das Baumwoll-Geschäft betreibt - und es langweilt ihn. Er ist der launenhafte junge Prinz, er ist wie Louis XIV in Versailles. Denn wenn man eine gigantische Plantage besitzt mit weißen Arbeitern und all diesen schwarzen Sklaven, dann ist das genauso, als wenn man der König eines kleinen Landes wäre. Der Herrenhaus ist der Palast und all die Menschen um ihn herum sind seine Untergebenen. Man hatte tatsächlich die Macht eines Königs. Ich wollte unbedingt mit dieser Idee eines König Ludwig XIV im amerikanischen Süden herumspielen.

 

FILMSTARTS: Du bist dafür bekannt, während der Dreharbeiten in regelmäßigen Abständen ein Kino zu mieten und deiner Crew dort Filme vorzuführen. Welche Filme hast du für „Django Unchained“ ausgewählt?

 

Quentin Tarantino: Es ist nicht so, dass ich sage, ihr müsst euch jetzt diesen Film anschauen, denn er hat etwas mit dem zu tun, was wir hier gerade machen. Es sind vielmehr spaßige Filme aus meiner Sammlung, von denen ich glaube, dass sie der Crew gefallen werden. Ich habe „Brotherhood of Death“ und „Leichen pflastern seinen Weg“ als Doppelprogramm gezeigt. Außerdem Sergio Corbuccis „Minnesota Clay“ und „Henker des Shogun“. Und John Waynes „Big Jake“. Solchen Kram eben. Wir versuchen aktuell noch an eine Kopie von „The Raid“ heranzukommen, um den auch noch zeigen zu können. Einige der Filme haben eine Verbindung zu „Django Unchained“ und andere sind einfach nur spaßige Unterhaltung.

 

FILMSTARTS: Du hast in der Vergangenheit bereits vom Ruhestand geredet. Gibt es denn noch Genres, die du vorher unbedingt noch angehen willst?

 

Quentin Tarantino: Ehrlich gesagt wüsste ich mit Ausnahme eines reinen Horrorfilms – entweder einem Monsterfilm oder etwas wirklich Furchteinflößendem – kein anderes Genre, in dem ich mich unbedingt noch ausprobieren müsste. Mit Western, Martial-Arts und Kriegsfilm bin ich eigentlich schon am Ende meiner Genre-Liste. Aber das heißt ja nur, dass ich mich in Zukunft noch stärker auf gute Geschichten statt auf bestimmte Genres konzentrieren werde.

 

FILMSTARTS: Ist es denn grundsätzlich immer noch dein Plan, den Regiehut irgendwann einmal an den Nagel zu hängen?

 

Quentin Tarantino: Ja, ich will auf keinen Fall ein Alter-Mann-Regisseur sein. Es gibt kein bestimmtes Alterslimit, aber irgendwann in den nächsten zwölf Jahren oder so wird es soweit sein.

 

"Django Unchained" startet am 17. Januar 2013 in den deutschen Kinos:

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