Zum Kinostart des von ihm selbstproduzierten Action-Thrillers "Contraband" (am 15. März 2012) gehen wir dem Phänomen des Ex-Rappers, Ex-Unterwäschemodels und zweifach oscarnominierten Schauspielstars Mark Wahlberg mal etwas genauer auf den Grund.
"Contraband"-Produzent/Hauptdarsteller Mark Wahlberg:
Ein Unterwäschemodel geht seinen eigenen Weg
Zu Beginn der Oscar-Saison 2006 galt der Thriller „Departed: Unter Feinden“ neben Filmkunst wie „Babel“ oder „Die Queen“ als Außenseiter, weil viele in ihm nicht mehr als einen kommerziellen Genrefilm erkannten. Allenfalls den Stars des Films wurde zugetraut, für die eine oder andere Überraschung zu sorgen. Aber am Ende kam doch alles ganz anders: Während Produzent Graham King und Martin Scorsese die Oscars für den Besten Film bzw. den Besten Regisseur abstaubten, wurde aus dem hochgehandelten Cast nur ein einziger Schauspieler überhaupt nominiert. Und diese Ehre wurde nicht etwa einem der als Favoriten gestarteten Leonardo DiCaprio, Matt Damon oder Jack Nicholson zuteil, sondern Mark Wahlberg für seine Rolle als cholerischer Cop Dignam. Wem es bei einer solch grandiosen Besetzung gelingt, sich aus dem Ensemble heraus in den Vordergrund zu spielen, den darf man zu Recht zu den ganz Großen des Schauspielfachs zählen: eine Entwicklung, die zu Beginn von Mark Wahlbergs Karriere Anfang der 90er Jahre wohl niemand vorherzusagen gewagt hätte. Als Rapper Marky Mark gehörte es schließlich zu seinen Markenzeichen, den Fans auf der Bühne nur mit einer Baggy Pants bekleidet seinen perfekt ausgebildeten Waschbrettbauch entgegenzustrecken.
Mark Wahlbergs erste nennenswerte Kinorolle an der Seite von Leonardo DiCaprio in "Jim Carroll".
Am 5. Juni 1971 als jüngstes von neun (!) Kindern geboren, wuchs Mark Wahlberg in einem der ärmsten Arbeiterviertel Bostons auf. Als er elf Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden und die finanzielle Situation verschlechterte sich noch weiter. Mit 14 brach Mark die Schule ab und hielt sich fortan mit Diebstählen und Drogendeals über Wasser (wobei er einen Teil seiner Ware auch selbst konsumierte). Noch einmal zwei Jahre später landete er für 50 Tage im Knast, nachdem er zwei vietnamesische Männer bedroht und angegriffen hatte. Es braucht einen immens starken Willen, um das Ruder nach einer so frühen kriminellen Karriere noch einmal herumzureißen. Aber Mark Wahlberg erzählt auch heute noch in Interviews, dass es vor allem die (wenn auch kurze) Zeit hinter Gittern war, die ihm die Motivation gab, seinen Lebensstil zu verbessern und seine Drogenvergangenheit hinter sich zu lassen. Folgerichtig ergriff er die erste sich ihm bietende Chance, es zu etwas zu bringen: Sein älterer Bruder Donnie Wahlberg war als Mitglied der Boygroup New Kids on the Block inzwischen ein Star, der seinem kleinen Bruder gerne dabei half, selbst im Musikgeschäft Fuß zu fassen. Zwar konnte Mark Wahlberg nicht sonderlich gut singen, aber sein muskulöser Körperbau war den Musikproduzenten genug (und wenig später auch Designer Calvin Klein, der Mark Wahlberg aka. Marky Mark zum Aushängeschild für seine Unterwäschemode machte).
Was für ein Name: Mark Wahlberg als großzügig behangener Pornostar Dirk Diggler in "Boogie Nights".
Als Marky Mark setzte Mark Wahlberg voll auf seine Reputation als Bad Boy. Er veröffentlichte sogar ein Buch, in dem es einzig und allein um seinen Penis ging. Aber irgendwann wurde der Rapper von seinem eigenen Image eingeholt: Nach einem Auftritt in einer britischen Talkshow, in welcher der Rapper Shabba Ranks forderte, alle Homosexuellen zu kreuzigen, wurde plötzlich auch Marky Mark Schwulenfeindlichkeit vorgeworfen. Nach dem Floppen seines zweiten Albums beschloss er deshalb umzusatteln und es fortan – wieder unter seinem richtigen Namen – als Schauspieler zu versuchen. Natürlich erwartete alle Welt, dass sich der Unterwäsche-Rapper auf der Leinwand bis auf die Knochen blamieren würde, aber bereits bei seinen ersten kleineren Kinoauftritten in „Mr. Bill“ und „Jim Carroll - In den Straßen von New York“ machte der Schauspiel-Neuling eine mehr als solide Figur, bevor ihm mit seiner Rolle als pferdemäßig bestückter Pornostar Dirk Diggler in Paul Thomas Andersons oscarnominiertem Kultfilm „Boogie Nights“ 1997 der endgültige Durchbruch gelang. Seitdem hat Mark Wahlberg mit großen Regisseuren wie David O. Russell („Three Kings“), Wolfgang Petersen („Der Sturm“), John Singleton („Vier Brüder“), M. Night Shyamalan („The Happening“), Peter Jackson („In meinem Himmel“) und eben Martin Scorsese („Departed: Unter Feinden“) gearbeitet. So konnte er es sich sogar erlauben, die Rolle des Trickbetrügers Linus Caldwell in Steven Soderberghs „Ocean's Eleven“ abzusagen, die anschließend von niemand Geringerem als Superstar Matt Damon übernommen wurde.
Mark Wahlbergs Herzensprojekt "The Fighter", aber den Oscar gab's für Co-Star Christian Bale.
Natürlich wird auch ein Bad Boy ruhiger, wenn er heiratet (das Model Rhea Durham) und vier Kinder bekommt. Trotzdem ist Mark Wahlbergs anhaltender Erfolg in Hollywood ganz sicher nicht damit zu erklären, dass er sich verbogen hätte. Stattdessen redet er auch heute bisweilen noch, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Zuletzt war dies Anfang des Jahres der Fall, als Wahlberg in einem Interview erklärte, dass er die Terroranschläge von 9/11 hätte verhindern können. Tatsächlich sollte Wahlberg im September 2001 mit einer der gekaperten Maschinen nach Los Angeles fliegen, bevor er und seine Kumpels sich anders entschieden und noch einen kurzen Abstecher zu einem Filmfestival in Kanada einschoben. Wahlberg dazu: „Wenn ich und meine Kinder in der Maschine gesessen hätten, wäre das Flugzeug nicht abgestürzt. In der ersten Klasse wäre viel Blut geflossen und am Ende wären wir sicher gelandet.“ Dass diese Aussage nicht nur dummdreiste Angeberei ist, sondern auch das Andenken der umgekommenen Passagiere, die den Absturz nicht verhindern konnten, durch den Dreck zieht, war ihm dabei offenbar nicht wirklich bewusst, weshalb er sich nur wenig später auch in aller Form bei den Familien der Opfer entschuldigte.
Produzent und Hauptdarsteller in Personalunion: Mark Wahlberg als Meister-Schmuggler in "Contraband".
Zum Glück spiegelt sich Mark Wahlbergs offenbar gewaltiges Ego nicht nur in solchen Ausrutschern, sondern auch in seiner Arbeit wider, bei der immer mehr der Verantwortung an sich zieht. Als Marky Mark hat er gelernt, wie schnell es mit einer Karriere auch wieder vorbei sein kann, weshalb er sich nun neben der Schauspielerei immer öfter auch als Produzent betätigt. Zunächst vor allem bei Fernsehserien wie „In Treatment“, „Entourage“ (die auf Wahlbergs eigenen Erfahrungen als Hollywoodstar basiert) sowie zusammen mit seinem „Departed: Unter Feinden“-Regisseur Martin Scorsese bei dem HBO-Hit „Boardwalk Empire“, nimmt Wahlberg inzwischen auch bei seinen Kinofilmen die Sache immer öfter selbst in die Hand. So war er persönlich die treibende Kraft hinter seinem Herzensprojekt „The Fighter“, der Christian Bale und Melissa Leo ihre ersten Oscars und Wahlberg seine zweite Nominierung bescherte. Auch der Schmuggler-Thriller „Contraband“ (zur FILMSTARTS-Kritik), ein Remake des isländischen Kultfilms „Reykjavik-Rotterdam“, ist zu einem guten Stück wieder auf Wahlbergs Mist gewachsen – und schaut man sich seine kommenden Projekte an, wird der Anteil selbstproduzierter Filme sogar in Zukunft noch deutlich zunehmen. Hätte Anfang der 90er wohl niemand auch nur einen Pfifferling auf den Schauspieler Mark Wahlberg gesetzt, verwundert uns sein anhaltender Erfolg inzwischen gar nicht mehr. Denn seinen starken Willen aus Bostoner Arbeiterviertelzeiten hat er sich – Bad-Boy-Rapper, Unterwäschemodel oder Hollywoodstar hin oder her - bis heute bewahrt.
Was meint ihr: Ist Mark Wahlberg ein Star, für den ihr eine Kinokarte löst, oder doch nur ein Schauspieler unter anderen?
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