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Michael S.
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Staffel 4 Kritik
4,0
Veröffentlicht am 15. September 2016
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, die Serie läge in ihren letzten Zügen. Vom Sender AMC an das Streamingportal Netflix verkauft, das "The Killing" noch eine abschließende Staffel mit gerade einmal sechs Folgen gönnt. Immerhin sind die jeweils gut ein Stunde lang, die Erzählung wirkt also nie unnötig gehetzt. Der Fall ist im Vergleich zu den bisherigen Morden etwas schwächer, denn man ahnt schon recht früh, wer der Schuldige ist.
Immerhin wird die Geschichte um Linden und Holder zu einem zufriedenstellenden Ende geführt und ja, es ist manchmal besser auch eine gute Serie zu beenden, als sie ewig weiterzuführen. Die Macher entlassen ihre Figuren in Würde, bescheren ihnen aber ein letztes Mal ein solides Abenteuer voller menschlicher Abgründe.
US-Remakes europäischer Erfolge stecken nicht immer zu unrecht reichlich Schelte ein. In der ersten Staffel von "The Killing" lässt sich immer noch viel von der Vorlage erkennen, wenn auch manches behutsam verändert oder eben amerikanisiert wurde. Skandinavisches Flair findet sich allenfalls in diversen Nachnamen, den Wollpullis der Hauptfigur, dem herbstlichen Dauerregen und Darsteller Joel Kinnaman, den es aus Schweden nach Hollywood verschlagen hat. Die Geschichte wurde größtenteils direkt adaptiert und die Laufzeit der einzelnen Folgen auf vorabendfreundliche fünfundvierzig Minuten angepasst. Auch die Tatsache, dass hier ein hochgradig komplexer Fall ganze Stafffeln füllen kann, anstatt den üblichen Case of the Week abzuarbeiten, wurde glücklicherweise übernommen. Folge elf wirkt allerdings leider wie ein Lückenbüßer, der ankündigt, dass Linden und Holder in der zweiten Staffel noch einmal am selben Fall arbeiten. Weniger spannend wird es dadurch insgesamt nicht, mancher Zuschauer fragt sich aber wahrscheinlich, warum man kurzzeitig eine völlig andere Richtung einschlägt, nur um im anschließenden Staffelfinale zum Gewohnten zurückzukehren.
Seattle ist als Kulisse austauschbarer als es die dänische Hauptstadt war, gedreht wurde in Wirklichkeit im kanadischen Vancouver, wohin US-Filmteams gerne kostengünstige Produktionen verlagern. Die im Fernsehen sonst oft pragmatische Kameraarbeit wird dennoch immer wieder durch kunstvoll arrangierte Einstellungen ergänzt, die aus den Drehorten noch mehr herausholen, als man anfänglich zu glauben bereit ist.
Nach zwei Staffeln Rosie musste ein würdiger neuer Fall für das beliebte Ermittlerduo her, der dem ersten das Wasser reichen kann. Also bedient man sich an Lindens Vergangenheit, auf die in den ersten beiden Staffeln bereits wiederholt Bezug genommen wurde. Obwohl es gleich mehrere eindeutig Verdächtige zu geben scheint, ist die Auflösung wieder einmal bedeutend komplizierter und abgründiger als gedacht. Statt einer Leiche gibt es zudem Dutzende davon und wieder einmal ist es mit dem bloßen Aufklären des Verbrechens nicht getan. Am Ende müssen Linden und Holder eine schwerwiegende Entscheidung treffen, die wahres Vertrauen verlangt.
In Sachen Humor und Düsternis ist diese Staffel noch etwas ausgewogener als die beiden Vorgänger. Insbesondere Holders neues Outfit mit Krawatte und Sherlock-Mantel trägt zu einigen ironischen Kommentaren bei. Mireille Enos liefert trotz aller guten Vorlagen ihre bisher vielseitigste und intensivste Performance ab. Ihre Figur begibt sich auf eine Tour de Force in die Tiefen der eigenen Psyche, an der sie letztendlich zu zerbrechen droht. Eine starke Fortsetzung, die die bisherige Stimmung der Serie gut einfängt und sinnvoll weiterführt. Eine kammerspielwürdige zehnte Folge, die mutig beweist, dass nicht alle Handlungsstränge gut ausgehen müssen, sorgt für ein kurzes Intermezzo, nach dem man schließlich auf das große Finale zusteuert.
Nachdem gegen Ende der ersten Staffel deutlich wurde, dass der Fall Larsen auf eine zweite Staffel ausgedehnt wird, war zu befürchten, dass man schnell die Lust an dem verwickelten Mordkomplott verlieren würde. Allerdings setzt die zweite Staffel nahtlos dort an, wo die Handlung zuvor aufgehört hat, ehe man sich versieht ist man also gleich wieder mittendrin. Auch wenn sich in der vorletzten Folge der Schuldige bereits abzeichnet ist es am Ende doch wiederum verwickelter als angenommen und die schon früher erkennbaren Schuldgefühle einer gewissen Figur werden endlich verständlich erklärt. Überhaupt ist die finale Auflösung des Falls befriedigend und mit viel Gespür für die Charaktere umgesetzt worden, wenn auch nicht immer an sämtliche Stärken der ersten Staffel angeknüpft werden kann.
Linden und Holder raufen sich nach einigen Folgen wieder zusammen und liefern sich ihren gewohnten knarzigen Schlagabtausch, der trotz aller Düsternis immer noch allerhand lustige Momente bereithält. Zeitweise laufen mehrere Folgen Gefahr, sich in Nebenhandlungen zu verlieren, wodurch die bewusste Streckung auf weitere dreizehn Folgen nochmals deutlich wird. Dafür zeigen gleich mehrere Figuren ungewohnte Seiten und die beiden Ermittler müssen sich weit mehr Widrigkeiten stellen als zuvor.
Für mich eine der besten Serien die jemals gedreht wurden. The Killing überzeugt in erster Linie durch überragende schauspielerische Leistung, einen spannenden Plot voller Wendungen und nicht zu letzt durch die packende teils düstere Atmosphäre, die einen immer tiefer in den Bann zieht. Absolut sehenswert!!