Nachdem ich so viel über die Netflix-Serie "Squid Game" gelesen und gehört hatte, musste ich natürlich auch mal einen Blick darauf werfen. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die Meldungen in den Medien überschlagen und auch viel negative Kritik darunter ist (z.B. gewaltverherrlichende Serie, Kinder spielen "Squid Game" an Grundschulen nach usw.). Die erste Staffel von "Squid Game" besteht aus 9 Folgen, die größtenteils jeweils ca. 60 Minuten dauern. Es handelt sich um eine koreanische TV-Mini-Serie aus dem Jahr 2021.
Kernstück der Handlung ist eine Insel, auf die hoch verschuldete Menschen auf eigenen Wunsch gebracht werden. Sie erhalten zunächst eine Einladungskarte mit drei Symbolen (Kreis, Viereck und Dreieck) von einer fremden Person, die neue "Spieler" anwerben soll. Diese erzählt den auserwählten Menschen, dass sie viel Geld bei einem Spiel gewinnen können. Willigen die ahnungslosen Menschen in das Spiel ein, werden sie betäubt und mit einem Schiff auf die Insel gebracht.
Die Insel gleicht einer Festung und hat mich an das berühmte Gefägnis Alcatraz erinnert. Tatsächlich tragen alle Spieler grünliche Gefängniskleidung mit einer individuellen Nummer und werden von Wachpersonal in rosa Anzügen und Masken auf die Spiele vorbereitet. Trotzdem wirkt alles freundlich und die bonbon-farbene Umgebung erinnert an einen Spielplatz für Kinder. Tatsächlich sind die Spiele, die die Menschen absolvieren sollen, alles bekannte Kinderspiele. Der Knackpunkt ist nur: Wer verliert, stirbt. Das Kopfgeld der gestorbenen Spieler wird in einem gläsernen Sparschwein, das an der Decke des Schlafraumes hängt, sichtbar für alle nach jeder beendeten Spielrunde einbezahlt. Der letzte Überlebende gewinnt alles. Als allen klar wird, wie ernst die Situation ist, bricht Chaos und Panik unter den noch lebenden Spielern aus. So kommt es zunächst zur Cliquenbildung, doch im Verlauf der Spiele kann man niemanden mehr vertrauen.
Die ersten 5 der 9 Folgen verfolgte ich mit mäßigem Interesse. Ich mag koreanische Filme sehr (z.B. "Oldboy"), doch mit der Geschichte wollte ich mich nicht so recht anfreunden. Brot und Spiele? Das war doch alles schon einmal da gewesen (z.B. "Running Man", "Rollerball", "Tribute von Panem", "Deathrace" oder auch "Battle Royal"). Die Brutalität einiger Szenen war kaum auszuhalten, da ich großes Mitleid mit den armen Menschen hatte. Es kam mir alles vor wie eine blutige Variante von "Mario Party". Auch das für asiatische Filme typische "over-acting" der Schauspieler/innen ging mir ziemlich auf die Nerven (z.B. Grimassen schneiden).
Doch ab der 6. Folge, die emotional weltklasse ist, änderte sich meine Meinung über "Squid Game" um 180 Grad. Auf einmal wurden ethisch-moralische Fragen aufgeworfen: Ist es für eine Gesellschaft okay, wenn man anderen Menschen schadet, um selbst weiterzukommen? Darf man andere Menschen "opfern", um selbst unbeschadet davonzukommen? Darf man andere Menschen betrügen, um selbst reich zu werden? Und nicht zuletzt die Frage, ob es okay ist, wenn andere Menschen sich bewusst für einen selbst opfern?
Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die letzten Folgen von "Squid Game". Der Blutfaktor blieb zwar weiterhin auf hohem Niveau, aber von "Gewaltverherrlichung" konnte keine Rede sein. Keine Frage, diese Serie ist brutal (wirklich FSK 16?) und sicherlich nicht für Kinder geeignet, aber als erwachsener Mensch zieht man seine Lehren aus der Handlung. Man geht wie bei "Saw" geläutert aus der Serie in das reale Leben zurück.
Ach ja, das Ende. Das Finale von "Squid Game" sollte sicherlich eine große Überraschung sein, aber für mich war es nicht wirklich schlüssig. Aber eine Fortsetzung in Form einer zweiten Staffel ist ja schon in Planung.