Na bumm. Wenn die echte Anna Sorokin derart arrogant und unsympathisch ist wie ihr filmisches Pendant, dann bin ich sehr dankbar dafür, diesem Menschen allein wegen meines kümmerlichen sozialen Standes wegen niemals begegnen zu werden. Die Serie schafft es generell, das eigene, bürgerliche Leben mit Stolz zu betrachten, einfach weil Bescheidenheit und Empathie so viel mehr Wert sind als oberflächlicher Prunk und Protz. Spannend mitzuverfolgen war die Geschichte trotzdem und auch ein paar durchaus sympathische Charaktere (Vivian, Kacey, der Rechtsanwalt) waren Gott sei Dank vertreten.
Was ich persönlich gar nicht abkann, ist aber die quasi omnipräsente Doppelmoral, wenn es um Sexismus geht. Da wird sich fast schon im Fünfminutentakt darüber aufgeregt, wie ungerecht Frauen behandelt und nach wie vor auf ihr Äußeres reduziert werden, gleichzeitig wird aber auch selbst exzessiv mit Vorurteilen um sich geschossen (Kerle stehen grundsätzlich unter Generalverdacht, kapitalistische und sexbesessene Machos zu sein). Das mag zu Teilen ein stilistisches Mittel sein, um die Figuren glaubhafter zu machen, ein mitgelieferter erhobener Zeigefinger (der leider durchaus typisch für Netflix-Produktionen ist) lässt sich aber definitiv nicht leugnen. Und der ist nur schwer zu ertragen, wenn einem dadurch vermittelt werden soll, dass Sexismus (und Rassismus) durchaus legitim sind, wenn sie sich nur gegen die richtige Bevölkerungsgruppe richten (männliche Weiße). Diese in meinen Augen ohnehin fragwürdige Botschaft hätte man durchaus weglassen können, der Stoff für die Geschichte ist auch so spannend genug und es muss doch nicht immer gleich politisch werden.
Davon abgesehen wie gesagt, eine gut gemachte Serie, daher gibt es solide 3 Sterne.